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Als leuchtende Raketen sind unter anderem geplant: die Errichtung eines Denkmals für Freiheit und Einheit, ein Geschichtsforum, eine Sonderbriefmarke und das Ersuchen an den Herrn Verteidigungsminister, das Thema 1989/90 zu einem Schwerpunkt der Bildungsarbeit für die Bürger in Uniform zu machen. Allerorten ist die Vorfreude groß. Ein besonderer Knaller hat jedoch dem Stiftungsvorsitzenden, dem verdienstvollen friedlichen Revolutionär Rainer Eppelmann, Ärger eingebracht: Im Rahmen der Aktion »Aufbruch 1989« sollen verschiedene Institutionen insgesamt 21 Stipendien an Nachwuchswissenschaftler vergeben, damit sie Ursachen, Geschichte und Folgen der »friedlichen Revolutionen« erforschen, und nach Eppelmanns Vorstellungen soll daran die der Linkspartei nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) mitwirken, indem sie die Mittel für eines der Stipendien aufbringt. Diese Absicht ist auf scharfen Protest gestoßen. Den Anfang machte Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen. In einem Schreiben an den Vorsitzenden der Aufarbeitungsstiftung protestierte er »gegen jede Zusammenarbeit mit Partnern, die die Unterdrückung in der DDR verharmlosen und die Opfer verhöhnen«. Eppelmann wies die zunächst nichtöffentlichen Anschuldigungen zurück und reagierte listig: Wenn die Luxemburg-Stiftung die Ausschreibung mittrage, »dann ist gewährleistet, daß zumindest ein aus Steuergeldern finanziertes Stipendium dieses Hauses diesem wichtigen Thema gewidmet sein wird«. Daraufhin blies Knabe in sein Wunderhorn und zur Attacke. In einem offenen Brief unter der Überschrift »Der Verherrlichung der SED-Diktatur entgegentreten!« empörte er sich gemeinsam mit anderen berühmten Demokraten darüber, daß die Eppelmann-Stiftung erstmals mit einer Stiftung zusammenarbeitet, die die kommunistische Diktatur in der DDR aktiv verherrliche. Kategorisch fordern die Briefschreiber, die Zusammenarbeit mit der Luxemburg-Stiftung umgehend aufzukündigen und keine weiteren Kooperationen mit ihr einzugehen. Neben dem Folterzellen-Nachbauer Knabe unterzeichneten solche bekannten Freiheitskämpfer wie Angelika Barbe, Arnulf Baring, Bärbel Bohley, Vera Lengsfeld, Lutz Rathenow und Jörg Schönbohm. Doch in ihrem heiligen Zorn und antisozialistischen Eifer schossen sie ihre Pfeile offenkundig in die falsche Richtung. Ihr Feind steht links, nicht halblinks. Schließlich will die Luxemburg-Stiftung nur gleichberechtigt behandelt werden. Offenkundig hat sie sich gefreut, an der Stipendien-Aktion »Aufbruch 1989« mitmachen zu dürfen. Und ihr Logo prangt wirklich prächtig zwischen denen der anderen teilnehmenden Stiftungen, darunter die Fritz-Thyssen- Stiftung, die Gerda-Henkel-Stiftung, die Hanns-Seidel-Stiftung, die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank, die Stiftung der Deutschen Wirtschaft und natürlich die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Welche Ehre! Da trägt sie stolz und freudig die »Information zur Ausschreibung« mit, in der es aufklärerisch heißt: »1989 überwanden die Menschen in Ostmitteleuropa und in der DDR in friedlichen Revolutionen die kommunistischen Diktaturen... Der Triumph von Freiheit und Demokratie vor fast zwei Jahrzehnten war die Voraussetzung sowohl für die weitere europäische Integration als auch für die deutsche Einheit.« Außerdem geht es den Stiftungen, wie dem Ausschreibungstext zu entnehmen ist, um nichts anderes als um die reine Wissenschaft und natürlich um Europa: »Die Stiftungen begrüßen Forschungsvorhaben, die zäsurübergreifend, komparatistisch und/oder interdisziplinär angelegt und dazu geeignet sind, einen Beitrag zur Herausbildung eines gesamteuropäischen Geschichtsbewußtseins zu leisten, in dem das Jahr 1989 einen besonderen Stellenwert haben soll.« Die Luxemburg-Stiftung verteidigt ausdrücklich ihre Teilnahme an dem Graduiertenprogramm, das auch den schönen Titel »20 Jahre friedliche Revolution« trägt, und bekennt sich freimütig zu dieser »friedlichen Revolution«, in deren Ergebnis der Kapitalismus in Ostdeutschland restauriert wurde. Was dieses Bekenntnis bedeutet, haben der Initiator und die anderen Unterzeichner des offenen Protestbriefes nicht ausreichend bedacht. Knabe hat sich die Falschen zu Prügelknaben ausgesucht. Statt auf die einsichtige Luxemburg-Stiftung einzuschlagen, hätte er besser Eppelmann, den ungeliebten Konkurrenten im DDR-Dämonisierungsgeschäft, direkt ins Visier genommen. Vorwände gibt es genügend. Immerhin war Eppelmann im Revolutionsjahr 1989 einer der Gründer des »Demokratischen Aufbruchs« (DA). Sein Name ziert die »Vorläufige Grundsatzerklärung« der »Partei Demokratischer Aufbruch – Sozial, ökologisch« vom 30. Oktober 1989, in der es unmißverständlich heißt: »Die kritische Haltung des Demokratischen Aufbruchs (DA) zum realexistierenden Sozialismus bedeutet keine Absage an die Vision einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. Wir beteiligen uns am Streit um die Konzeption des Sozialismus.« Als gewählter Pressesprecher und Verantwortlicher für Öffentlichkeits- und Medienarbeit seiner Partei war er emsig bemüht, dieses Bekenntnis zum Sozialismus unter das Volk zu bringen. Daß er sich wenig später in der von Helmut Kohl gezimmerten »Allianz für Deutschland« unter der Losung »Nie wieder Sozialismus« in den Wahlkampf stürzte, diente, so läßt sich unterstellen, vielleicht lediglich der Camouflage. Mit ein wenig Geschick und Phantasie ließe sich auch anderen friedlichen Revolutionären, die nicht mit einem so einträglichen Amt bedacht wurden, soufflieren, daß der Ex-Pfarrer insgeheim, allerdings beeindruckend gut getarnt, dem Gründungsdokument des »Demokratischen Aufbruchs« noch immer anhängt. Verdächtig macht ihn, daß er seiner Stipendienaktion den Namen »Aufbruch 1989« gab und ausgerechnet die Luxemburg-Stiftung daran beteiligt. Wer weiß, zu welchem Aufbruch Eppelmann, einst Pfarrer, dann SED-Gegner, Schwerter-zu-Pflugscharen-Schmied, Sozialismusverbesserer und später DDR-Verteidigungs- und Abrüstungsminister, Sozialismusfeind, SED-Diktatur-Aufarbeiter und neuerdings RLS-Sympathisant, noch fähig ist? Da kann man Hubertus Knabe nur zurufen: Holzauge, bleibe wachsam – der nächste »Aufbruch« kommt gewiß.
Erschienen in Ossietzky 16/2007 |
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