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Geplanter Anschlag Wer weiß, Wolfgang Bittner
Der grenzenlose Schäuble»Mehr Freiheiten« fordert Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble – für wen? Für die Staatsorgane, damit diese nicht immer erst darüber nachsinnen müssen, ob sie sich beim »Kampf gegen den Terror« an die rechtsstaatlichen Grenzen halten. Die »Unterscheidung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg« passe nicht mehr »auf die neue Bedrohung«, sagt Schäuble. »Die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit« seien »hinfällig«, auch die zwischen Militär und Polizei. Nicht nur gegen Terroristen, sondern auch gegen »Terrorsympathisanten« und gegen »Gefährder« müsse vorgegangen werden – durch »Kommunikationsverbot« und möglicherweise Internierung. Auch sei zu klären, ob dem Staat ein Recht zur »gezielten Tötung« von Terroristen zugestanden werden müsse. In dieser Logik weitergedacht: Wie soll man tätige Terroristen von »Sympathisanten« und »Gefährdern« abgrenzen? Und sind nicht die gefährlichsten Terroristen diejenigen, die ihre Terrorsympathie verborgen halten? Da ist viel zu tun für den präventiven Sicherheitsstaat, und der Bundesinnenminister wird seiner entgrenzenden Phantasie freien Lauf lassen müssen. Selbst bei CDU/CSU-Anhängern weiß man nie so ganz genau, ob sie vor einer Neigung zur Terrorsympathie innerlich geschützt sind. Am besten wird es sein, durch massenhafte vorbeugende Internierung das Gefährdungspotenzial statistisch zu mindern. In Deutschland längst erprobt: Schutzhaft. Arno Klönne
WärmenachweisIn der Debatte über die abermalige Herabsetzung des Steuersatzes für unternehmerische Gewinne hat die Linkspartei dem Konstrukteur dieser Reform, dem bald zum stellvertretenden SPD-Vorsitzenden aufsteigenden Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, »soziale Kälte« vorgeworfen. Der ist darob empört: Ein solches Schlagwort lasse er sich nicht um die Ohren hauen, immerhin sorge er doch dafür, daß von jedem Steuereuro, den der Bund einnimmt, 70 Cent in den Sozialhaushalt gingen. Wie mag Steinbrück auf diesen Satz kommen? Nach der regierungsamtlichen Übersicht, neuester Stand, sind es nicht 70, sondern 45,7 Prozent der Ausgaben, die in »Arbeit und Soziales« fließen. Aber halt: 9,1 Prozent des Bundeshaushaltes gehen für »Verteidigung«, 15,1 Prozent für Zinsen auf Bundesschulden drauf. Wenn wir die dazurechnen, kommen wir auf etwa 70 Cent pro Euro, und die Bundeswehr dient ja bekanntlich sozialen Zwecken, auch ist es eine soziale Tat, den Kapitalfonds durch Zinszahlung zu Gewinnen zu verhelfen. Allerdings könnte man noch fragen, warum Steinbrück nicht, um mehr Euros einzusammeln, von denen er dann pro Stück 70 Cent in den Sozialhaushalt stecken kann, die Steuern erhöht, statt sie zu senken. Aber das hat er doch getan – bei der Umsatzsteuer. Schon wieder ein Nachweis sozialer Wärme. Und gewiß werden demnächst die großen Kapitalgesellschaften, gerührt über einen so wohlwollenden Finanzminister, ihre Gewinne in der Bundesrepublik versteuern, auch wenn ihnen ihre Steuerberater noch so schöne Schlupflöcher zu Steueroasen aufzeigen. Nur Linksdogmatiker können den Großkonzernen soziale Kälte unterstellen. Marja Winken
Eine einzige ErniedrigungIn einem dreiseitigen Brief teilt mir das Sozialamt mit, daß ich 2.72 Euro monatlich mehr bekomme – als »laufende Leistung« – und daß diese Leistung nach Sozialgesetzbuch XII, Viertes Kapitel bereits angewiesen sei. Paßt das zu der Zeitungsmeldung, daß die Abgeordneten in Berlin beschlossen haben, sich pro Kopf und Monat 600 Euro mehr zu leisten? Zurück zu dem sozialen Brief. Ganz am Ende steht da, immer bezogen auf die 2.72 Euro: »Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben.« Das tue ich hiermit und gebe meinen Widerspruch öffentlich bekannt. Aus Berlin flattert mir noch ein anderer Brief zu, diesmal von der Rentenversicherung, bei der ich keinen Namen habe, sondern eine siebzehnstellige Nummer. Angeredet werde ich mit »Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr«. Ich erfahre – und bin schon ganz aufgeregt –, daß die Rente um zwei Euro monatlich erhöht wird. Der Brief hat zwei Seiten. Die zwei Euro muß ich sofort dem Sozialamt melden. Die 2.72 Euro sind dann bald aufgebraucht: für Porto an das Sozialamt, Papier und Briefumschlag. Der freundliche Herr im Sozialamt bekommt einiges zu tun. Zunächst muß er rechnen. Von der Leistung seiner Behörde zieht er die zwei Euro aus Berlin ab. So werden in den kommenden Monaten 72 Cent von der gesamten Erhöhung verbleiben, die ich – und da bitte ich um Verständnis – für eine Erniedrigung halte. 72 Cent! Wie dem auch sei, der besagte Herr im Sozialamt wird sich also hinsetzen, vielleicht einen Griff in eine Schreibtisch-Schublade tun, sich einen Schluck genehmigen und dann heftig losrechnen. Und er wird wieder einen Brief schreiben, einen Standardbrief mit den üblichen Phrasen und auch Drohungen, und dann werde ich sein neuerliches Schreiben, das wegen der abgezogenen zwei Euro diesmal sogar vier Seiten umfassen kann, kopfschüttelnd lesen, und ich werde ebenfalls rechnen und rechnen und zu dem Ergebnis kommen: Das muß weg, alles. Dieses erniedrigende System, dieses System der Erniedrigung muß weg. Rainer von der Eldern
Was den Medien wichtig istDem portugiesischen EU-Kommissar Durão Barroso ist für seine starken Sprüche die Aufmerksamkeit der Medien garantiert. Anders erging es Zigtausenden portugiesischen Arbeitern, die am 5. Juli in Guimarães im Industriegebiet von Braga auf die Straße gingen. Die Gewerkschaft CGTP-IN (Central Geral dos Trabalhadores Portugueses – Inter-Reformados) demonstrierte für »Arbeit und Recht – ein soziales Europa«. Steigende Arbeitslosigkeit und die zynische Wortschöpfung »flexigurança« – aus »flexivel« (flexibel) und »segurança« (Sicherheit) – kennzeichnen die Demontage der Arbeiterrechte durch die neoliberale Regierung Socrates zu Beginn ihrer EU-Präsidentschaft. Am 12. Juli folgten Proteste der Angestellten im Öffentlichen Dienst in Lissabon. Welche deutsche Monopolzeitung, welcher Fernsehsender schert sich darum? Wolf Gauer
Schwemme und FurtSingular: der Schwamm, Plural: die Schwämme. Die abgekürzten Überschwemmungen, die sogenannten Schwemmen, sind vieldeutig. Eine Überschwemmung kann uns als Wasserflut überraschen, in seltenen Fällen als jene verdächtige Feuchtigkeit, welche das Pflaster nach der Panne eines Bier transportierenden Lastwagens so klebrig macht. In Berlin gibt es sogar Kneipen, die Bier-Schwemme heißen. Die Presse nennt alles, was unerwartet in großer Menge auftaucht, Schwemme. Wir wurden schon heimgesucht von einer Eier-Schwemme, einer Harzer-Käse-Schwemme, einer der trockensten Schwemmen, die man sich vorstellen kann: einer Knäckebrot-Schwemme, kürzlich erst von einer Erdbeer-Schwemme. (Sie könnte dadurch entstanden sein, daß man große norddeutsche Landschaften statt mit Kartoffeln, Getreide und Labskaus neuerdings mit Erdbeeren bepflanzt.) Seichte Gewässer werden von Wanderern und allerlei Tieren durch Benutzung flacher Furten überquert. Als ich am Berliner Bahnhof Jannowitzbrücke das Chaos einer Baustelle überwinden wollte, auf der niemand irgend etwas baut, riet ein Schild: »Fußgänger und Radfahrer benutzen die Fußgänger-Furten!« Ich tat es und brauchte, da es sich um eine trockene Furt handelte, nicht mal die Hosen aufzukrempeln. Inzwischen befindet sich jene Baustelle mitsamt ihrer Fußgänger-Furt wahrscheinlich schon unter der Wasseroberfläche. Zwar gab es keine Sintflut, aber so was Ähnliches. Die auch davon betroffene Eisenbahn löste das Problem in erprobter Weise mit den bewährten Schildern: »Zugverkehr unregelmäßig. Lautsprecher-Ansagen beachten!« Manchmal muß man auf die Lautsprecher-Ansagen sehr lange warten. Eventuell ist dann eine Kurzschluß-Schwemme zu beklagen. Lothar Kusche
WeltmännischSven Felix Kellerhoff griff in der Welt die Rosa-Luxemburg-Stiftung an: Sie offeriere »immer wieder Themen, die ganz von alten SED-Feindbildern geprägt sind«. Beleg: Ich sei als Vortragsredner über den »deutschen Konservatismus nach Auschwitz« eingeladen. Ausweislich meines zu diesem Thema erschienenen Buches (Arno Klönne hat es in Ossietzky 13/07 vorgestellt) sei zu erwarten, daß ich »die wichtigsten Lügen der SED-Propaganda über die Nachkriegs-CDU wieder aufwärmen« würde. Solche von ideologischer Wachsamkeit und vaterländischen Motiven geleiteten Wahrnehmungen können keinen Autor völlig unbeeindruckt lassen. Zwecks Aufbau einer Verteidigungslinie sann ich darüber nach, welche Passagen meines Buches als Beweis- und Anschauungsmaterial für ein derartiges Verdikt dienen könnten. Da fiel mir beispielsweise die Schilderung der Besuche von Strauß (1977) und Dregger (1979) bei Pinochet ein, ergänzt durch Hinweise auf die Werbung unionsnaher Blätter (Die Welt), Stiftungen und Wissenschaftler für den chilenischen Diktator. Tatsächlich sind aber das Pinochet-Regime und dessen Opfer weder in den umfänglichen Erinnerungen von Strauß noch in denen von Kohl genannt, die sicher wichtige Quellen für das Geschichtsbild eines Welt-Autors sind. Beide Memoirenschreiber bekannten sich ansonsten gern und ausführlich zu ihren Heldentaten. Insofern spräche aus Kellerhoffs Sicht einiges dafür, daß das, was ich berichte, gar nicht stattgefunden hat. Dann könnte es sich hier um eine der »wichtigsten Lügen der SED-Propaganda« handeln. Oder nehmen wir das Beispiel des Braunbuchs der DDR vom Juli 1965 über »Kriegs- und Naziverbrecher«, das ich erwähnt hatte. Die Durchsicht des Bulletins der Bundesregierung im Sommer 1965 ergibt, daß den freiheitlichen und jedweder Lüge abholden Kräften an der Spitze der immerhin schon zweiten deutschen Demokratie von einem solchen Werk offensichtlich nichts bekannt geworden war. Inzwischen gibt es zwar einzelne Wissenschaftler, die einen weitgehenden Wahrheitsgehalt jener Dokumentation behaupten. Aber damit kann doch ein regierungsamtliches Bulletin von 1965 nicht umgeschrieben werden! Schließlich habe ich mich auch mit Adenauers engen Mitarbeitern wie Globke und Oberländer und deren weitreichendem Wirken vor 1945 beschäftigt. Möglicherweise wäre ich gut beraten gewesen, mir an der Diskretion und taktvollen Zurückhaltung eines Helmut Kohl ein Beispiel zu nehmen, der bei der Schilderung seiner Jahre bis 1982 beide Namen gar nicht erwähnt. Dann hätte ich den Welt-Mann, dessen Bild von der Nachkriegsgeschichte offenbar ganz von der CDU-Propaganda geprägt ist, nicht beunruhigt. Immerhin hat er, das sei versöhnlich angemerkt, auf seine Art wesentliche Feststellungen meines Buches bestätigt. Ludwig Elm
Zuschriften ans LokalblattAls Bürger, der leider schon zwei Schlaganfälle hinter sich hat, verfolge ich mit besonderer Aufmerksamkeit die auf diesem Gebiet erzielten medizinischen Fortschritte. Und da finde ich im GMX-Homepage-Magazin folgende Mitteilung: »Schlangengift gegen Schlaganfall – Pharmakonzern züchtet die Grubenotter«. Nun sind Giftschlangen zwar nicht jedermanns Sache, aber wenn man damit Schlaganfälle kurieren oder sogar verhindern kann: Augen zu und durch! Sehr verwundert bin ich allerdings über die Fortsetzung der Anzeige. Der Text lautet wörtlich: »Mediziner hoffen, daß die Schlangen bald den Rohstoff für den Kassenschlager liefern.« Wenn die Mediziner gehofft hätten, damit die Sterblichkeitsrate zu senken oder die Heilungschancen ihrer Patienten zu erhöhen, hätte ich das ja verstanden, aber dabei nur auf scheppernde Kassen zu orientieren, scheint mir mit den Aufgaben der Gesundheitsfürsorger schlecht vereinbar. Oder sollten die Mediziner wirklich so selbstlos sein, weder an die Kranken noch an sich, sondern einzig an die Kassen und die Vorstände der Pharmakonzerne zu denken? Dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, daß beispielsweise der Chef des Schweizer Pharmakonzerns Novartis mit einem Gehalt von über 22 Millionen Euro im Jahre 2006 Europas Top-Verdiener ist (Berliner Kurier). Dagegen ist Deutschlands bestbezahlter Manager Josef Ackermann, der mit 13 Millionen nur auf Platz 6 liegt, fast ein Billigverdiener, und solche Ungerechtigkeiten muß man nicht länger hinnehmen! – Hans-Eduard Profitlich (52). Schlaganfall-Patient, 24894 Hoffnungsthal * Jetzt wissen wir endlich, wodurch die Aufnahme der Türkei in die EU nachhaltig verhindert werden kann: durch Kuschelkontakte pubertärer Minderjähriger aus gestandenen EU-Staaten! Da haben sich der 17jähige Marco aus Uelzen und die 13jährige Charly aus dem britischen Werweißwoher in einem türkischen Hotel in bester europäischer Absicht rundherum anzunähern versucht, und schon bricht die Welt aus den Fugen! Jetzt schmort der blonde deutsche Hoffnungsträger in Antalya im Knast, und seine enttäuschte Gespielin heult sich in Groß-Britannien die europäischen Augen aus! »Wenn Ankara Marco nicht freiläßt, dann ist der Weg der Türkei nach Europa noch meilenweit«, drohte Unionsfraktionschef Volker Gauder. Und auch Außenminister Steinmeier und sein türkischer Amtskollege Abdullah Gül sind sich längst nicht so nahe gekommen wie die bilateralen Jungstars! Deren erwachende Triebe bewegen jetzt die Politiker mehr als die Themen des Scheinheiligendammer G-8-Treffens, und es erhebt sich die Frage, ob man einen Nach-Gipfel einberufen sollte, der wenigstens in dieser Frage den Nutzen globalisierter Cheflenker-Zusammenkünfte nachweisen könnte. Genügend Stacheldraht wird ja noch vorhanden sein. – Fiete Finsterbusch (28), Fischer, 18374 Insel Brunstwerder. * In einem zu Herzen gehenden Beitrag der Berliner Zeitung wird über das 100jährige Bestehen des Berliner Nobel-Hotels Adlon berichtet. Ich halte es für eine gute Idee, Bürger mit dem Geburtsjahr 1907 zum Jubiläumsschmaus einzuladen. Sicher wird der Koch den betagten Gourmets besonders weiche und leicht verdauliche Häppchen anbieten! Hoffentlich wird das wenigstens teilweise von den Kassen bezuschußt! Aber auch für die jüngeren Hotelfans gibt es ein verlockendes Angebot: Da wird für 200 Euro ein Fünf-Gänge-Menü mit den exklusivsten Gerichten der letzten 100 Jahre kredenzt. Lediglich die DDR-Zeit wird dabei ausgespart, »sonst«, so erklärte Chefkoch Thomas Neeser den Reportern, »müßte ich ja Würstchen mit Brot servieren!« Hätte ich in meiner Berliner Studienzeit gewußt, daß die knackige Berliner Bockwurst der Hit auf der Adlon-Speisekarte war, hätte ich mich dort öfters sehen lassen. Dann hätte ich Bockwurst, Schrippe, Bautzener Senf und Pappteller nicht in den Zentralmarkthalle oder bei der Bockwurst-Esther am Oranienburger Tor vernascht, sondern gewiß auch mal im vornehmen Adlon! Wie schön, daß uns die Berliner Zeitung immer wieder mal darüber aufklärt, wie armselig wir zu DDR-Zeiten gelebt haben. – Waldemar Blauauge (67), Rentner, 07907 Wüstendittersdorf. * Den Zeitungen der letzten Tage habe ich entnommen, daß Schüler »überalterter« und »ausgelaugter« Lehrerkollegien zur Selbsthilfe greifen und den Unterricht übernehmen. So hat der 17jährige Schüler und SPD-Junggenosse Felix Bethmann vom Berlin-Steglitzer Paulsen-Gymnasium in den Fächern Musik, Deutsch und Englisch unterrichtet, und andere sind mutig seinem Beispiel gefolgt. Er hat aber auch einen aufmunternden Brief an den Schulsenator geschrieben, ihn kameradschaftlich dazu aufgefordert, endlich seine Hausaufgaben zu machen, und ihm sechs Wochen Zeit dafür zugestanden. Ein offenes Wort zur rechten Zeit! Ich finde, da ist aus der Not ein Beispiel entstanden, das nicht nur in der Schule Schule machen sollte. Wenn in Kliniken die Ärzte überlastet sind, sollte man den Patienten schon mal einen chirurgischen Selbsteingriff überlassen – jeder kennt seinen Körper eh am besten. Und die S-Bahn-Fahrgäste könnten bei Lokführerstreiks das Triebfahrzeug in eigene Regie nehmen – jeder weiß doch am besten, wohin er will. Unsere Medien nehmen sicher gern weitere Vorschläge entgegen. – Edelfried Fröbel (72), Lehramtsbewerber i. R., 38707 Schulenberg. Wolfgang Helfritsch
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Heribert, der große FischWenn einer Heribert Odelshausen heißt, mit einer Frau namens Irmchen verheiratet und bei seiner Stadtverwaltung für die Kultur verantwortlich ist, also in den Augen höherer Funktionäre eine Art Spaßmacher, kommt das alles schon seltsam daher. Wenn er aber noch von seinem Cousin, an den er sich gar nicht mehr erinnert und der im fernen Australien das Zeitliche gesegnet hat, ein Riesenvermögen an D-Mark geerbt hat und glaubt, daß es eine knappe Million sei, dies aber nur die in einem Jahr anfallenden Zinsen sind, dann beginnt eine Geschichte, die höchst absurd und skurril wird. Zudem spielt das Ganze zu Zeiten der DDR, und Heribert Odelshausen ist Genosse. Ein Genosse wider seinen Willen als Millionär! Welche Rolle Westgeld in der DDR spielte, muß hier nicht erläutert werden. Intershop-Läden waren Oasen des Wohlstandes, an deren Schaufenstern sich viele Unbemittelte die Nasen platt drückten. Ein Westschein öffnete Himmel und Hölle. Odelshausen startet langsam, kauft sich ein Grundstück, mehr schon ein Anwesen in dem Dorf, aus dem er einst kam. Der Bürgermeister, ein Schulfreund, hilft ihm nicht ohne dorfkommunale Zukunftshoffnungen. Andere Schulkameraden im Dorf bekommen Auftrieb durch seine Zuwendungen. Odelshausen wird zum großen Fisch, von dessen Laich viele satt werden wollen. Und die Partei, die immer recht hat, weiß nun nicht mehr, wann und wie sie recht haben soll. Was sich um und durch Odelshausen entwickelt, ist eine Art Kapitalismus als Versuchslabor im Sozialismus. Es wird experimentiert und destilliert und immer unter allerlei sozialistischer Verklemmtheit dieser Kapitalismus in der Retorte zum begrenzten Verbrauch angewendet. Es tritt nun auf, was dazu gehört: Neider, geheime Drohungen, Wohlstandsmasern, des Schwiegersohnes böses Gift, die Ehe Heriberts mit Irmchen kollabiert fast, höhere Funktionäre weichen im Labordunst auf und sind um patriotische Härte bemüht. Geld bestimmt doch nicht die Welt, wo kämen wir denn da hin! Indessen waltet es beharrlich wie Säure in den Köpfen. Odelshausen lebt in seiner Luxusvilla ästhetisch dahin. Ihm zur Seite wirkt und pflanzt sein angeheuerter Gärtner mit Frau als Köchin. Das Du zwischen beiden kommt bald zustande, denn des Gärtners geheime wundersame Kraft verhilft zu einem Gleichgewicht zwischen Staats- und Geldmacht. Dieser Gärtner, so scheint es, ist der verständnisvolle Abgesandte einer konspirativen Kraft und schützt Odelshausen vor tückischen Gefahren, in die es geraten könnte. Der Gärtner ist hier einmal nicht der Mörder, aber der Wärter. Der Roman von Rolf Floß spielt in einer anderen, nun schon achtzehn Jahre vergangenen Zeit und ruft, wenn nicht schallendes Lachen, so doch Schmunzeln hervor. Wäre er zu DDR-Zeiten erschienen, wäre er ein Kracher gewesen, so ist er ein kleiner köstlicher Knall mit teilweise etwas langatmig gewordenen Echos. Eine ostalgische Geschichte mit genügend Gegenwartseffekten und erstaunlichen Wandlungen seiner Akteure in die Neuzeit. Wolfgang Eckert Rolf Floß: »Die Erbschaft«, Verlag Das Neue Berlin, 253 Seiten, 16.90 €
Deutsch-TschechischesOssietzky hat schon gelegentlich auf die Capek-Gesellschaft hingewiesen, die im Namen der Brüder Capek – des Schriftstellers Karl (gestorben 1938) und des bildenden Künstler Josef (gestorben 1945) – über die deutsch-tschechische Vergangenheit aufklärt und für Völkerverständigung auf der Grundlage der Gleichheit und des Rechts wirbt. Ergebnisse der fleißigen Forschungsarbeit dieses kleinen Vereins in Hagen (Westfalen) und vor allem seines Vorsitzenden Ulrich Grochtmann sind Wanderausstellungen und Schriften. Hingewiesen sei vor allem auf das Buch »München 1938/März 1939«. Die hier zusammengetragenen Fakten können Erika Steinbach, der Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, nur mißfallen; ich dagegen halte sie gerade für die Auseinandersetzung mit dem deutschen Revanchismus für nützlich (zu beziehen bei Dr. Ulrich Grochtmann, Gerhart-Hauptmann-Straße 4, 68093 Hagen). E.S.
Press-Kohl»Wieder einmal mischt sich der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen ein in den Kampf um die Erinnerungen an die DDR.« So leitet Rita Kuczynski ihre Besprechung des neuen Buchs von Hubert Knabe ein (Berliner Zeitung, 10.4.07). Knabes neues Buch heißt: »Die Täter sind unter uns. Über das Schönreden der SED-Diktatur« und ist im Propyläen-Verlag erschienen. »Jenseits der Politik«, finden Knabe und Kuczynski, »ist das Interesse an ostdeutscher Geschichte eher auf akademische Kreise reduziert. In den Bildungseinrichtungen und auch in den Medien wird die DDR mehr und mehr ausgeblendet.« Die Philosophiehistorikerin und Publizistin Dr. phil. Rita Kuczynski gehörte »damals« zu den akademischen Kreisen (und darf ihnen vermutlich auch heute noch zugerechnet werden). Mit anderen Worten: Sie kennt sich aus in dem, was Knabe kritisch beschreibt. Ihrem Artikel fügt die Zeitung hinzu: »Zuletzt erschienenes Buch von Rita Kuczynski: ›Ostdeutschland war nie etwas Natürliches‹.« (Ein reißerischer Titel, der manchem Leser die Frage aufdrängt, ob oder wann Rita Kuczynski etwas Natürliches war. Man verzeihe den kleinen Scherz.) Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 14/2007 |
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