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Es sei ausschließlich seine Idee, behauptet der Wehrminister und erzählt eine Rührgeschichte: Der Gedanke sei ihm 2005, kurz vor Weihnachten, bei seinem ersten Truppenbesuch in Kabul gekommen. Dort habe er eine improvisierte Gedenk-Ecke der Soldaten gesehen. Nun will er aus diesem persönlichen Bedürfnis einzelner Soldaten im feindlichen Land eine historische Tat machen, die auch seinem schwachen politischen Profil aufhelfen soll. Die Pläne liegen vor. Im Herbst soll im Bendlerblock, dem Berliner Amtsgebäude des größtenteils in Bonn gebliebenen Ministeriums, die Grundsteinlegung stattfinden. Dort habe er Hausrecht, läßt Jung wissen und signalisiert damit, daß er dem Parlament nicht das beanspruchte Mitspracherecht in der Standortfrage einräumen will. Die Unterstützung von Angela Merkel, der militärfrommen Bundeskanzlerin, hat er bereits in der Tasche. Zehn Meter hoch und acht mal vierzig im Grundriß wird das Jungsche Ehrenmal sein. Ein Klotz, der viel Raum bietet für einen Gedenkstein und ein elektronisches Totenbuch. So mag er sich auch noch zu mehr eignen als zur traditionellen Totenehrung. Krieg ist wenig ehrenvoll, wie immer seine Rechtfertigung lautet. Mit der Ehrung der einzelnen Toten aber scheint das Ausmaß seiner Sinnlosigkeit zu schwinden. Das wohl unvermeidliche Ehrenmal von Franz Josef Jung könnte freilich auch Platz für andere, bisher unübliche Erinnerungen und Ehrungen bieten. Etwa für die Namen der freiwilligen zivilen Helfer, deren Tod zumeist unerwähnt bleibt. Es wäre auch der richtige Ort, den Rücktritt eines Ministers aus Protest gegen geheime Militarisierung zu würdigen, wie ihn Innenminister Gustav Heinemann (damals CDU) im Oktober 1950 im Widerspruch zu Konrad Adenauer gewagt hat. Oder gar die Weigerung eines Generals, blindlings der Bündnisloyalität zu folgen. Es könnte die verdrängten und geschönten Ursachen militärischer Konflikte ebenso zu Tage fördern wie das Eingeständnis des eigenen Versagens und damit auch bei den Soldaten den Willen, dem sinnlos befohlenen Tod künftig zu widerstehen. Im Klartext: sich nicht verheizen zu lassen. Also gerade das zu verweigern, worauf jede militärische Aktion hinausläuft. Wenn in einem Jahr die Gedenkstätte mit dem üblichen Brimborium eröffnet wird, ist die elektronische Totenliste bereits mit über 2.600 Namen bestückt. Es sind die Toten, die in den fünf Jahrzehnten Bundeswehr auf irgendeine Art und Weise ums Leben gekommen sind. Soldaten wie Zivilisten, Einzelkämpfer wie Verwaltungsbeamte. Die wenigsten von ihnen bei Kampfhandlungen. Verkehrsunfälle junger Wehrpflichtiger beim Wochenendurlaub wie auch der Tod im Manöver stehen an der Spitze. Der Tod im Gefecht ist noch selten. Wer je im Dienst für die Bundeswehr sein Leben verlor und sei es auch durch Promille, ist nach der Vorstellung des Ministers einen zu ehrenden Tod gestorben. Mit dieser Auswahl schafft Jung eine besondere Kaste. So kehrt eine Mentalität zurück, die das Militär zum Staat im Staate macht. Die Verherrlichung des Todes fürs Vaterland hat Generationen deutscher Soldaten in zwei Weltkriege geführt: auf die Schlachtfelder von Flandern und in die Blutmühle von Verdun sowie, dreißig Jahre später, nach einem Vernichtungsfeldzug ohnegleichen, in das sinnlose Sterben in Stalingrad. Und noch immer glauben deutsche Politiker, militärische Gewalt sei ein Mittel der Politik, und handeln danach. Dabei muß vor allem die Leichtigkeit erschrecken, mit der Regierung und Parlament fast jeder Aufforderung zu bewaffneter Intervention zustimmen. Und gleich wird der Tod in Uniform zum Dienst fürs Vaterland erhoben. »Sie sind ums Leben gekommen«, tönte der Bestattungsminister bei der Beerdigungszeremonie für die bei einem Selbstmordanschlag getöteten drei deutschen Soldaten, »weil sie sich aktiv für eine bessere und friedlichere Zukunft Afghanistans eingesetzt und damit zur Sicherheit unseres eigenen Landes beigetragen haben.« Kein Wort für die Opfer der Zivilbevölkerung, die dieser Schattenkrieg täglich fordert. Horaz und Hölderlin sitzen noch immer in unseren Köpfen und geistern durch die Diskussionen über Krieg und Frieden. Der eine mit seinem Bildungsbürger-Zitat »Dulce et decorum est pro patria mori«, der andere Schwärmer mit dem Aufruf: »Und zähle nicht die Toten! Dir ist, Liebes! nicht einer zu viel gefallen.« Die Waffentechnik hat den Krieg seiner romantischen wie lyrischen Seite beraubt. Er ist auch keine politische Option mehr. Nicht einmal als letzter Ausweg.
Erschienen in Ossietzky 13/2007 |
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