Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Im ZentrumEckart Spoo Berlin, Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland, hat ein Problem: Mitten in der Stadt soll ein großes Grundstück bebaut werden – aber man weiß nicht wie und wozu. Die Lage ist die allerbeste: 180 Meter Spreeufer mit Blick über einen ausgedehnten Vorplatz durch die Prachtstraße Unter den Linden bis hin zum Brandenburger Tor. Nachbar ist der protzige Preußen-Dom, hinter dem die Touristenboote abfahren. Auf der anderen Seite des Flusses erstreckt sich eine Grünanlage bis zum Roten Rathaus. In der Nähe befinden sich einige der berühmtesten Berliner Museen, die Staatsoper, die Humboldt-Universität, die katholische Kathedrale, das Auswärtige Amt, der Fernsehturm, von dem aus man die ganze Dreieinhalb-Millionen-Stadt überblickt. Früher stand hier das Schloß des Königs von Preußen und Kaisers von Deutschland. Einen solchen haben wir nicht mehr. Der letzte hat sich am Ende eines Weltkriegs, durch den er zum Weltherrscher hatte aufsteigen wollen, aus dem reichlich hinterlassenen Staube gemacht. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Hohenzollern-Schloß von Bomben getroffen und brannte aus. Ebenso erging es dem Welfenschloß in Braunschweig. Man hätte es nach dem Krieg nur mit immensen Geldaufwand wiederaufbauen können. Das Volk und seine gewählten Vertreter befanden, daß das knappe Geld für andere, wichtigere Aufgaben gebraucht wurde. Die Schloßruine wurde abgerissen. Den Christdemokraten aber – so nennen sich hierzulande die Konservativen und Reaktionäre – fehlte fortan etwas. Nicht so sehr das Schloß, das kaum einer je von innen gesehen hatte. Aber die Fassade. Sie wurde im vergangenen Jahr wiederhergestellt. Und hinter der Fassade entstand ein neues Einkaufszentrum. Den Bau finanzierte ein Unternehmen der Hamburger Versandhändlerfamilie Otto. Wäre das nicht auch die Lösung für das Berliner Problem: ein Einkaufsschloß? Am besten mit Läden von Fielmann, Schlecker, Kaisers‘, Peek & Cloppenburg, Blume 2000, Saturn, McPaper und TUI. Und mit vielen Geldautomaten. Welche Nutzung des zentralen Geländes im Zentrum der Hauptstadt würde besser in die Zeit passen? Dann wäre in Berlin – derweil in anderen deutschen Städten die Mitte verödet – Leben drin, vor allem wenn die Stadtregierung dafür sorgt, daß die Läden die ganze Nacht durch und auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet bleiben. Die wiederhergestellte Schloßfassade würde den fotografierenden In- und Ausländern demonstrieren, daß Deutschland die beiden von ihm begonnenen Weltkriegen unbeschadet überstanden hat. Noch zeitgemäßer wäre ein Verwaltungs- und Repräsentationsgebäude der Deutschen Bank. Deren Vorstandsvorsitzender, der höchstbezahlte Manager der BRD, würde hier Fabrikanten, Minister und Verleger und gelegentlich auch Künstler empfangen – etwa so wie gegenüber, Unter den Linden 1, in der neu erbauten ehemaligen Stadtkomandantur, wo jetzt der Bertelsmann-Konzern (anderswo Random House geheißen) Hof hält. Aber dürfen die Politiker, die darüber zu entscheiden haben, die Deutsche Bank derart offenkundig bevorzugen, solange es noch die Dresdner und die Commerzbank gibt? Und erwartet man von ihnen nicht eher etwas Geistiges? Von einem Humboldt-Forum – ein paar hundert Schritte von der Humboldt-Universität entfernt – ist jetzt die Rede. Genaues weiß man nicht. Aber wenn bald gebaut werden soll, wird man sich noch bälder auf einen Zweck verständigen müssen. Ich habe einen Vorschlag: An dieser Stelle, von der aus einst das deutsche Volk absolutistisch unterdrückt und Krieg gegen andere Völker vorbereitet wurde, soll ein Palast der Republik entstehen. Das Volk als Souverän der Demokratie soll hier ein- und ausgehen. Ich stelle mir ein einladendes, helles Gebäude vor, einen Ort vielseitiger Information, Diskussion, Meinungs- und Willensbildung – mit Ausstellungsräumen für bildende Kunst, mit Theater und Kabarett, mit Konferenzräumen und Gaststätten. Und warum nicht auch mit Kegel- oder Bowling-Bahnen? Das alles und noch mehr gab es im Palast der Republik im einstigen Berlin, Hauptstadt der DDR – genau auf dem eingangs bezeichneten Gelände. Auch die Volkskammer, das Parlament der DDR, hatte in diesem Palast ihren bürgernahen Sitz. Sie tagte allerdings seltener als der Bundestag und war weitaus kleiner als er. Man wird ihn also wohl im alten Reichstagsgebäude belassen müssen, diesem abweisenden Monsterklotz, der er auch mit aufgesetzter Lichtkuppel bleibt. In Hannover freilich ist es gelungen, das Königsschloß am Leinefluß zum Sitz des niedersächsischen Landtags umzubauen. Und davor steht – was mich besonders freut, weil es auf meinen Vorschlag zurückgeht – ein Denkmal für die Göttinger Sieben, die mit der Souveränität ihres Wissens und Gewissens einer rechtsbrecherischen Obrigkeit trotzten. Die Fundamente und die Stahlkonstruktion des früheren Palastes der Republik sind für den künftigen noch vorhanden und kostengünstig verwendbar. Asbest – in den 1960er und 70er Jahren überall gebräuchlich – ist entfernt wie im für 50 Millionen Euro sanierten Bonner Kanzleramt. Gibt es eine bessere und zugleich preiswertere Nutzung dieses zentralen Bauplatzes der BRD? Die Ossietzky-Serie über Leistungen der DDR, die man sich in der BRD vernünftigerweise zunutze machen sollte, wird fortgesetzt.
Erschienen in Ossietzky 10/2007 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |