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Angesichts der Zusammensetzung des Parteitags hatten selbst die Antragsteller kein anderes Ergebnis erwartet: Die Delegierten waren überwiegend bei der Partei oder bei ihrer Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus oder bei Abgeordneten der Fraktion angestellt. Ein solcher Parteitag ist ungefähr so unabhängig, demokratisch und willensstark wie der gekaufte Jubelchor einer Vertriebsgesellschaft. Wenige Tage später versicherten die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Linkspartei im Abgeordnetenhaus, Michael Müller und Carola Bluhm, in trauter Eintracht, daß man sich von den bundesweiten Protesten gegen die erste Privatisierung einer Sparkasse nicht beeindrucken lasse und »letztlich der gebotene Kaufpreis entscheiden wird«. Der Bundesparteitag – nicht ganz so abhängig wie der Berliner, aber mehrheitlich durch materielle Bindung an die Führung doch an allzu viel politischer Eigenständigkeit gehindert – überwies sämtliche Anträge gegen die Privatisierung der Berliner Sparkasse an den Parteivorstand, der dann in einem Beschluß vom 2. April betonte, ihm sei es schon früher darum gegangen, »eine mit dem Landesvorstand Berlin abgestimmte Position« zu entwickeln; er unterstütze »den Landesverband Berlin in seinen bisherigen Bemühungen, so viele Funktionen der Grundversorgung wie europarechtlich möglich durch das Berliner Sparkassengesetz und rechtliche Bindungen im Verkaufsverfahren zu sichern«. Für jeden sorgfältigen Leser dieses Beschlusses ist sonnenklar: Der Parteivorstand der Linkspartei flankiert das Verkaufsverfahren, auch wenn damit die Zerschlagung der Sparkassen in Deutschland zugunsten nationaler und internationaler Großbanken beginnt. Doch den Betroffenen wird weiterhin Sand in die Augen gestreut. So ließ die Linkspartei-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus in hoher Auflage ein Flugblatt mit der Frage »Was passiert mit dem ›roten S‹?« verteilen. Da berichtet sie, daß sie gemeinsam mit der SPD den Senat aufgefordert habe, beim Verkauf zusätzlich zu den gesetzlichen Vorgaben diverse Auflagen zu erfüllen. Die Liste der »Verpflichtungen« ist hübsch, hat aber einen Fehler: Sie ist belanglos. Das Flugblatt war noch im Druck, da ließ Senatssprecher Michael Donnermeyer kühl verlauten: »Das Abgeordnetenhaus ist natürlich frei, einen Entschluß zu fassen, aber die Exekutive führt das Bieterverfahren nach den von der EU vorgegebenen Regeln.« Basta, die Berliner Sparkasse wird verhökert. Christdemokraten in Hessen oder Niedersachsen werden dann wetteifern, wer als nächster »seine« Sparkassen privatisiert. In Stralsund und an mehreren anderen Orten hatte sich in den vergangenen Jahren gezeigt, wie stark sich die Bevölkerung im Kampf für die heimische Sparkasse mobilisieren läßt. Aber die Linkspartei in Berlin nimmt sich daran kein Beispiel, vielmehr schafft sie durch Verzicht auf solche Mobilisierung ein Gegenbeispiel, das bundesweit wirken wird. Daß der Gesamtverband der deutschen Sparkassen die Berliner Sparkasse erwerben könnte, ist wenig wahrscheinlich. Aber auch diese Lösung würde die Sparkassen in Deutschland schwächen. Denn wenn die Sparkassenorganisation zum Zuge käme, müßte sie den Kaufpreis aufbringen; als Anfangsgebot werden vier Milliarden Euro verlangt. Der Schlüssel, nach dem sich die einzelnen Länder und die einzelnen kommunalen Sparkassen an dieser Summe zu beteiligen hätten, steht bereits fest. Die Sparkassen müßten auf die Mittel zurückgreifen, die sonst in gemeinnützige Aufgaben fließen würden. Aufgrund des Kahlschlags der kommunalen Finanzen haben sich die Sparkassen-Überschüsse zu einer Art Nebenhaushalt für sonst nicht mehr finanzierbare Umwelt-, Jugend- oder Kulturprojekte entwickelt. Wenn die Gelder nach Berlin abfließen, werden diese Zuweisungen für die nächsten Jahre versiegen. Der Berliner Senat braucht die Milliarden, um die von Anfang an unrealistischen Renditeverheißungen zu erfüllen, die den Anteilseignern von Immobilienfonds gemacht wurden. Das Geld, das sonst in eine Kinderbücherei in Aurich investiert würde, gerät dann in die Taschen bevorzugter Anleger. Im wahrscheinlicheren Fall werden die Privatbanken mitbieten, solange die Sparkassenorganisation bietet, und aus der Bresche Berlin heraus wird im Laufe der nächsten Jahre nach und nach das ganze gemeinnützig orientierte Finanzdienstleistungsgewerbe in Deutschland aufgeribbelt werden. Und jedes Mitglied der künftigen Partei »Die Linke« wird stolz sagen können: Wir sind dabei gewesen, als es begann. Wenn das nicht das Etikett »historisch« verdient – was dann?
Erschienen in Ossietzky 9/2007 |
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