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In den Jahren 1942 bis 1945 hatte dort schon die japanische Besatzungsarmee gewütet; viele Ost-Timoresen hatten deren Gegner, den Australiern, geholfen. »Wir werden euch das nie vergessen«, erklärte nach dem Sieg der Alliierten die dankbare australische Regierung. Doch sie vergaß schnell. Um die fünf Toten von Balibo aus dem Jahre 1975 wurde es dennoch nicht ruhig. Ihre Familienangehörigen wollten wissen, wie es zu dem Mord gekommen sei. Wiederholt fanden mehr oder weniger geheime Untersuchungen statt, eine auf Veranlassung der UNO. Sie erbrachten nichts Handfestes. Vielmehr verstärkte sich der Eindruck, daß die Wahrheit eifrig vernebelt wurde. Die Regierungen in der Region, besonders die australische, wiesen jede Verantwortung weit von sich: Die Fernsehleute seien damals unglücklicherweise in ein Kreuzfeuer untereinander verfeindeter ost-timoresischer Freischärler geraten, die indonesische Armee sei nicht beteiligt gewesen. Aber jetzt ist ein Stein ins Rollen gekommen. Die australische Untersuchungsrichterin Dorelle Pinch hat Anfang Februar ein Verfahren eröffnet, um die Todesumstände eines der umgebrachten und verschwundenen Journalisten zu klären; die Leichen waren nie gefunden worden. Dieser Fernsehmann namens Brian Peters hatte, obwohl britischer Staatsangehörigkeit, seinen Wohnort im australischen Sydney, so ergab sich eine Rechtsgrundlage, schließlich doch ein gerichtliches Todesermittlungsverfahren einzuleiten. Demonstranten vor dem Gericht zeigten Transparente mit dem Slogan: »The Truth – This Time!« Diesmal die Wahrheit? Noch bleibt das offen. Der als Zeuge geladene damalige indonesische Kommandant in Balibo, Yu-nus Yosfiah (später General, dann Minister und inzwischen Pensionär), blieb der Untersuchung fern. Einem Rundfunkjournalisten erzählte er, zwar sei er zu jener Zeit in Balibo soldatisch tätig gewesen; die Fernsehleute habe er aber gar nicht gekannt, geschweige denn umbringen lassen. Die Aussagen der Augenzeugen, die vor Gericht erschienen waren, ergeben ein ganz anderes Bild: Demnach haben indonesische Soldaten unter Yosfiahs Führung die fünf Journalisten niedergeschossen und erstochen, obwohl diese sich als aus Australien kommende Berichterstatter zu erkennen gegeben hatten. Ihre Filme und Kameras wurden zerstört, die Spuren des Mordes beseitigt. Insoweit ist nun zumindest ein Teil der Wahrheit ans Licht gekommen. Aber seltsamerweise folgten den Aussagen der Augenzeugen geheime Sitzungen des Untersuchungsgerichts, obwohl Richterin Pinch am Anfang versprochen hatte, die ganze Untersuchung werde öffentlich verlaufen. Woher diese Wendung? In der dritten Sitzungswoche hatten ehemalige Mitglieder des australischen Geheimdienstes begonnen auszupacken: Sie hätten damals nicht nur von der gezielten Ermordung der Journalisten durch indonesische Soldaten, sondern auch von der Mitwisserschaft oder sogar Zustimmung australischer Instanzen erfahren. Diese Aussagen versetzten die Regierung in Canberra in panikartige Sorge. Sogleich schickte sie führende Geheimdienstler nach Sydney, um durchzusetzen, daß solche Details nur unter Ausschluß der Öffentlichkeit verhandelt werden. Richterin Pinch schlug einen Kompromiß vor: Weitere Sitzungen finden geheim statt, aber das Tribunal veröffentlicht nachher Teile der Ergebnisse. Teile. Was soll da versteckt werden, wer soll geschützt werden, welche weiteren Wahrheiten sollen verborgen bleiben? Mußten die Fernsehleute sterben, weil das indonesische Vorgehen in Ost-Timor nicht an die Öffentlichkeit kommen sollte? Bewiesen ist bereits, daß der australische Geheimdienst von Anfang an Einblick in diese Affäre hatte und sie über viele Jahre verdeckte. Aber die Gründe sind noch verborgen. Stand die australische Regierung, im Einvernehmen mit der US-Regierung, insgeheim auf Seiten der indonesischen Invasoren in Ost-Timor, weil sie kein »zweites Kuba« – dieses nun im Pazifik – haben wollte? Weil ihr die einstigen ost-timoresischen Helfer gegen die Japaner inzwischen zu weit nach links gedriftet waren? Und hatte Henry Kissinger vielleicht ein zusätzliches Interesse an der indonesischen Besetzung Ost-Timors, weil in deren Folge die ihm freundschaftlich verbundene Conoco-Phillips-Gesellschaft die Permits für Öl und Gas im Timor Gap zugewiesen bekam? Hätten die Filmberichte der fünf Journalisten, wenn sie erhalten geblieben und gesendet worden wären, diese Operationen stören können? Anscheinend mußten die Journalisten für Staatsraison oder Öl-Profite sterben und sollten – nach dem Wunsch der Obrigkeit – sicher längst vergessen sein. Aber »manchmal beißen Ermordete noch lange nach ihrem Tode« – sagte mir Shirley Shackleton, die Witwe eines der ermordeten Journalisten.
Erschienen in Ossietzky 5/2007 |
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