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Muß ein biographischer Film chronologisch ablaufen? Muß er nicht. Doch einiges mehr an zeitlicher Ordnung wäre zu wünschen gewesen. »The Good German«: Wie sich Steven Soderbergh zur Verfilmung dieses Drehbuchs entschließen konnte, ist ein Rätsel. Da taucht im Nachkriegsberlin eine Jüdin (Cate Blanchett) auf, Frau eines SS-Manns, der im KZ Dora die Menschen verheizt hat. Sie selbst überlebte nur, weil sie zwölf Juden, die untergetaucht waren, der Gestapo auslieferte. Und just in diese Person ist ein amerikanischer Journalist (George Clooney) derart verliebt, daß er mehrfach Kopf und Kragen für sie riskiert... Muß man mehr wissen? Man muß auch nicht wissen wollen, wie sich das Team um Soderbergh das Nachkriegsberlin vorgestellt hat. Am besten bleibt man dem Streifen fern. »Das Jahr als meine Eltern im Urlaub waren«: Der brasilianische Spielfilm in der Regie von Cao Hamburger sollte unbedingt gesehen werden. Eine Handlung wie aus Anna Seghers' »Das Siebte Kreuz«: Politisch Verfolgte fliehen im Jahr 1970 (Fußballweltmeisterschaft) vor faschistischem Zugriff und finden Zuflucht, Hilfe, Solidarität. Ganz wunderbar, wie eine jiddische Gemeinschaft sich des kleinen Jungen Mauro annimmt, dessen Eltern untergetaucht (»im Urlaub«) sind. Für den plötzlich verstorbenen Großvater, bei dem er bleiben sollte, findet sich ein Ersatzgroßvater, der am Ende die Gefahr nicht scheut, mit einem oppositionellen Studenten Kontakt aufzunehmen, um den kleinen Mauro wieder mit seinen Eltern zu vereinen was den alten Mann bei der Geheimpolizei verdächtig macht und ihn in Untersuchungshaft bringt. All das ist unaufdringlich, dabei wahrhaftig in Szene gesetzt und oft auch, wenn es zum Beispiel um Mauros neue Spielkameraden geht, mit viel Humor. Lebensnah eben! Aus dem Machwerk »Fucking Different New York« nach zwanzig quälenden Minuten entflohen, kam ich um eine halbe Stunde zu spät in den schwedischen Streifen »When Darkness Falls«. Leider! Von den drei voneinander unabhängigen Episoden erlebte ich nur zwei vollständig und war hoch angetan von Anders Nilssons Regie und den Inhalten des Films: Eine Mutter von zwei Kindern, Moderatorin im Fernsehen, wird von ihrem Mann der Untreue verdächtigt und wiederholt brutal mißhandelt bis sie ihr Schicksal während eines Fernsehinterviews publik macht und dafür so viel öffentlichen Zuspruch erntet, daß sie mit einer Höchstzahl von Stimmen ins Europa-Parlament gewählt wird ein tatsächlicher Fall. In der anderen Episode läßt ein türkischer Vater seine nach Unabhängigkeit strebende älteste Tochter von einer Bande Kerle aus einem Wäldchen quer über die Autobahn jagen, wo sie von einem Laster erfaßt wird und umkommt. Mord ein zum Himmel schreiender Mord an der eigenen Tochter. Auch dies, laut Regisseur, ein tatsächlicher Fall! Wer die DDR-Rocksängerin Tamara Danz mochte, wird den Dokumentarfilm »Tamara« von Peter Kahane sehen wollen aber auch andere werden des Lobes voll sein. Ein gelungenes Künstlerporträt, getragen von den Erinnerungen dreier Musiker der Band »Silly«, besonders von zweien, die Tamara Danz liebten, zu verschiedenen Zeiten ihre Lebenspartner waren und dabei Freunde blieben: Ritchie (Rüdiger) Barton und Uwe Haßbecker, den seine Freunde Hasbe nennen. Ihre sympathische, offene Art, Rede und Antwort zu stehen, überzeugt. Was sie sagen, offenbart die Sängerin in ihrer ganzen Persönlichkeit. Einen Menschen in seiner ganzen Persönlichkeit zu zeigen, gelingt auch Richard Trank mit seinem Dokumentarfilm »I Have Never Forgotten You« über Simon Wiesenthal, den Überlebenden etlicher deutscher Todeslager. Vom ersten Tag der Freiheit stellte er sich der Aufgabe, den Mördern auf die Spur zu kommen woran er trotz aller Bedrohungen bis zu seinem Tod festhielt. Er hätte zu seinem Architektenberuf zurückkehren und in Frieden leben können. Warum er es nicht tat, erklärt sich mit seinen Worten »I Have Never Forgotten You«: Er konnte und wollte weder die Opfer vergessen noch die Täter. So überzeugend sind Wiesenthals Selbstaussagen, daß die Aussagen anderer (Politiker, Schauspieler, Geistliche, Sänger, die eigene Tochter) in den Hintergrund treten. »Der gute Hirte«: Man frage den Regisseur Robert De Niro oder andere am Werden dieses Films Beteiligte, wie der biblische Titel aufkam. Die CIA gibt vor, die Interessen des Staates zu schützen. Mit welcher Härte die Agency dabei vorgeht, erleben wir eindringlich, wenn ein vermeintlicher Überläufer aus Moskau so gefoltert wird, daß er sich mit dem Schrei »Freiheit!« durch die Scheibe eines Fensters in den Tod stürzt. Oder wenn CIA-Leute im Nachkriegsberlin eine junge Deutsche kaltblütig erschießen, weil sie einem Offizier des amerikanischen Geheimdienstes (gespielt von Matt Damon) verdächtig nahe kam. Oder wenn am Ende eine junge Afrikanerin wegen ihrer Verwicklung mit dem Sohn dieses CIA-Offiziers (sie ist schwanger von ihm und auf dem Weg zur Hochzeit) aus dem Flugzeug in den Dschungel gestürzt wird. Guter Hirte? De Niros Film enthüllt, beschönigt nicht, läßt auch erkennen, wie eine semi-faschistische Vereinigung der weißen Oberschicht, Skull & Bones, junge US-Bürger für die CIA vorbereitet und ihren Werdegang verfolgt. Und all das bei kaum nachlassender Spannung über ganze 167 Minuten! Würden Sie ein Psychodrama sehen wollen, in dem eine ältliche, verbitterte Lehrerin sich mit einer jüngeren Kollegin anfreundet und deren Affäre mit einem Schüler erpresserisch nutzt, um sie in immer stärkere Abhängigkeit zu bringen? Vermutlich nur, wenn Sie wüßten, daß Richard Eyre Regie führte und die beiden Lehrerinnen von Judi Dench und Cate Blanchett verkörpert werden. Beide stellten sich bei der Eröffnung dem Publikum vor. Sie hätten dreifachen Applaus geerntet, wären sie erst nach der Vorführung auf der Bühne erschienen. »Tagebuch eines Skandals« ist ein durchweg ergreifender Film. Da gibt es keine kleinen Rollen, alle sind wesentlich: der Ehemann der jungen Lehrerin, der Schüler, die Eltern des Schülers, der Schuldirektor und viele mehr. Und alle Akteure folgen einem vorzüglichen Drehbuch. »Der rote Elvis«: Wie die Dokumentation über Tamara Danz fügt sich auch diese (Regie: Leopold Grün) zu einem umfassenden Porträt. Sie wird dem Sänger und Schauspieler Dean Reed, der als Marxist gegen die Politik der US-Regierung kämpfte, in jeder Hinsicht gerecht. Frauen, die ihm in den Jahren, als er in der DDR lebte, nahe standen und die Mütter seiner Kind sind, zeigen, trotz aller Bitterkeit wegen der Trennung, Verständnis für ihn und daß sie sich einen Rest von Liebe bewahrt haben. Auch Armin Müller-Stahl äußert sich einfühlsam und verständnisvoll; er achtet Reed für seine Haltung. Opportunismus unterstellt ihm von allen Befragten nur ein Radio-Kommentator aus Denver (Colorado) doch davon bleibt nichts, wenn man das Lob chilenischer Bergarbeiter oder die Erinnerungen der Tochter Salvador Allendes hört. Und erst recht, wenn man Mitschnitte von seinem Auftritt sieht, als er vor Tausenden von Chilenen das kämpferische »Venceremos« sang. Drei in Amerika lebende junge Russinnen machen sich auf den Weg zurück in die Heimat, weil sie im Internet von einer Modenschau in einem sibirischen Frauengefängnis erfahren haben. Sie sind Filmschaffende. Mit Unterstützung durch das Projekt »Movies with Meaning« schaffen sie den bemerkenswerten Dokumentarfilm »Miss Gulag« bemerkenswert, weil die Modenschau nur ein Aufhänger für weit mehr ist. Die Porträts mehrerer an der Modenschau beteiligter junger Frauen bringen Erkenntnisse über Schuld und Sühne im heutigen Rußland (unverhältnismäßig hohe Strafen für Drogendelikte und Diebstähle), besonders aber über die Lebensverhältnisse der Frauen vor dem Strafvollzug. Wie und warum wurden diese klugen, lebensfrohen Russinnen in den Zeiten der »Wende« aus der Bahn geworfen? Wer Einblicke in jene Zeit sucht, findet sie hier.
Erschienen in Ossietzky 4/2007 |
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