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Die feministische Zeitschrift Emma feierte gerade den 30. Geburtstag. In diesem Blatt hat Alice Schwarzer Unterdrückungserfahrungen, Vorstellungen und Forderungen der Frauenbewegung thematisiert, sie in einer breiten Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt und auch einiges bewirkt. Lange waren die Inhalte durch die Bewegung bestimmt. Es war ja nicht Alice Schwarzer allein, sondern es waren und sind Millionen Frauen in aller Welt, die das Patriarchat und die daraus resultierende Unterdrückung der Frauen analysierten und Widerstand entwickelten und das auch weiterhin tun. Die Radikalität der Frauenbewegung jedoch hat nachgelassen. Vieles ist auf dem Marsch durch die Institutionen dort hängen geblieben. Anpassungsprozesse. Heute ist der in Emma verkündete Feminismus der der gut verdienenden Frauen, derjenigen, die es geschafft haben. Die Probleme der Armen, der Mehrheit der Frauen, der Frauen der Zweidrittelwelt, der Frauen mit unsicheren Arbeitsverhältnissen kommen schockierend wenig vor. Emma hat es zum Beispiel fertiggebracht, ein Heft mit dem Schwerpunkt »Mode« zu machen, ohne einen Satz zu den Millionen Frauen in aller Welt zu sagen, die modische Kleidung unter größtenteils entsetzlichen Arbeitsbedingungen herstellen. Vorgestellt wird Frau Schwarzers Modeschöpferin, die zunächst in Deutschland, dann in Polen und später in Marokko produzieren läßt. Alice Schwarzer bestimmt heute weitgehend, was Feminismus ist. Sie ist die öffentlich angesehene Ikone des Feminismus, mit Bundesverdienstkreuz und anderen Auszeichnungen beschwert, hoch gelobt von Roland Koch, Westerwelle und Bild -Zeitung. Der Leitartikel im Jubiläumsheft trägt die Überschrift: »Emma, Alice und Angela«. Was wir nicht alles erreicht haben! Eine Frau als Bundeskanzlerin. Die Emma -Redaktion macht ihren Betriebsausflug nach Berlin und läßt sich stolz mit Angela Merkel ablichten. Welche Politik verfolgt die erste Kanzlerin Deutschlands? Hat sich für Frauen etwas zum Positiven verändert? Merkel geht den neoliberalen Weg mit Riesenschritten weiter, den die BRD bereits unter Rot-Grün bahnbrechend verfolgt hat: Verschärfungen von Hartz IV, Kürzungen im Gesundheitswesen, Zwei-Klassen-Medizin, Liebäugeln mit längerer Betriebsdauer der Atomkraftwerke, Massenarbeitslosigkeit, Abbau vieler von Generationen erkämpfter sozialer Rechte, Verschärfung der Asylgesetze, Ermächtigung von Justiz, Polizei und Geheimdiensten zu immer mehr Überwachung, Privatisierung von kommunalem, Landes- und Bundeseigentum, Spaltung der Universitäten in Elite- und andere Einrichtungen. Von all den neuen Bestimmungen, den Kürzungen sind Frauen besonders betroffen. Wenig betroffen sind die Frauen, die in die Hierarchien der Macht aufgestiegen sind. Die »Spitzen-Frauen« haben in Emma ihr Forum, sollen sie doch zeigen: Frauen können, wenn sie nur wollen, in die Spitzen der ökonomischen und politischen Macht, des Kulturbetriebes, der Medien, der staatlichen Institutionen aufsteigen und auch die Institutionen der Staatsgewalt erobern. Das Militär. Durch die feministische Bewegung geht ein Riß. Ein Teil der Frauen befürwortet die Teilhabe am Krieg aus ihrer Definition von Gleichberechtigung heraus. Welche Rechte das sind, mit denen wir gleich werden sollen, wird nicht gefragt. Eine vehemente Befürworterin ist Alice Schwarzer. Die von ihr herausgegebene Emma titelte: »Einige unserer besten Soldaten tragen Lippenstift.« Gleichheit im Militär bedeutet Teilhabe am Krieg. Frauen sind auch Bomberpilotinnen, werfen Bomben ab. Was ist ein weiblicher Bombenabwurf? Besprühen die Pilotinnen die Bomben mit Parfüm oder binden ein Schleifchen drum, bevor sie sie abwerfen? Unten rennen Frauen und Kinder um ihr Leben. Und wir winken von oben: »Diese Bombe wurde von einer Frau geworfen! Schönen Gruß von der Gleichberechtigung der Frauen aus den reichen Ländern. Nein, wir können das nicht unter dem Aspekt der Gleichheit und der Karrieren für Frauen betrachten. Es gilt, den Krieg als größtes Verbrechen zu ächten, weder Männer noch Frauen in den Krieg ziehen zu lassen, sondern den Krieg abzuschaffen. Die Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Nordamerika, ihre Kriegspolitik, die größten Ausgaben für Kriegswaffen in der Geschichte der Menschheit, die neoliberalen Steuerungsmechanismen von WTO, IWF, Weltbank, UNO stehen weltweit in der Kritik. Die Politik der US-Regierung ist weltweit mit verantwortlich dafür, daß die Armut zunimmt, Nahrung und sauberes Wasser, notwendige, bezahlbare Medikamente für den größten Teil der Menschen nicht zur Verfügung stehen. Eine der wenigen Regierungen, die vorbehaltlos, von einer mehr als dünnen Guantanamo-Kritik mal abgesehen, den Schulterschluß mit der abgewirtschafteten US-Regierung suchen, ist die schwarz-rote Regierung Deutschlands unter Angela Merkel. Aber diejenigen, die diese Politik propagieren, scheuen sich nicht, pazifistische, feministische und soziale Begriffe und Personen zu mißbrauchen. Die Bild -Zeitung wirbt mit Fotos von Gandhi, Martin Luther King, Albert Einstein, Sigmund Freud. Sie gratuliert Emma zum Geburtstag mit einer ganzseitigen Anzeige. Die Bild -Zeitung als Vorkämpferin der Frauenemanzipation! Herzlichen Glückwunsch! Germaine Greer, Feministin der ersten Stunde, eine von denen, die sich nie haben verbiegen lassen, hat es so ausgedrückt: »Wenn Gleichheit das Recht auf einen Anteil an den Profiten einer Wirtschaftstyrannei bedeutet, ist sie mit Emanzipation unvereinbar. Freiheit in einer unfreien Welt ist nichts als ein Freibrief zur Ausbeutung. Lippenbekenntnisse zum Feminismus in den Industriestaaten sind eine geschickte Verschleierung der Vermännlichung der Macht und der Verweiblichung der Armut bei uns und in den Ländern der Zweidrittelwelt.«
Erschienen in Ossietzky 3/2007 |
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