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Einen Interessenkonflikt zwischen Arbeit und Kapital gebe es nicht, sagt im Roman ein Bischof – und ich denke an all die Politiker, Publizisten, Professoren und Kirchenfürsten, die auch heute noch diesen Konflikt vernebeln und leugnen. Vor allem aber denke ich an den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeber, Dieter Hundt, der weitere Steuerentlastung für die Reichen und weitere Senkung der Armenhilfe forderte – und immer wieder erreichte – und gleichwohl bis heute behauptet, Arbeit und Kapital seien in der BRD längst ausgesöhnt, indes das Kapital Riesengewinne verbucht und Millionen Menschen arbeitslos macht. Dem Bischof wird vorgehalten: »Sie predigen, was Sie glauben, darin liegt eben Ihre Kraft und Ihr Wert – für die kapitalistische Klasse. Sollten Sie aber Ihrem Glauben irgendeine Richtung geben, die bedrohlich für die bestehende Ordnung wäre, so würde man Sie Ihres Amtes entheben. Hin und wieder geschieht das auch…« – und ich denke an Hans Küng, an Ernesto Cardenal und an die vielen auf der Seite der Armen stehenden südamerikanischen Befreiungstheologen, die von Papst Johannes Paul II. und seinem damaligen Chefideologen Ratzinger, heute Benedikt XVI., aus dem Amt gejagt wurden. Ein Rechtsanwalt sagt: »Alles. was ich in diesen Büchern gelesen und studiert habe, hat mich gelehrt, daß Gesetz und Recht zweierlei sind. Mein Mandant, der einen Arbeitsunfall erlitten hat, war im Recht, aber das Gericht hat entschieden, daß die Firma keine Entschädigung zahlen muß« – und ich denke an viele Urteile deutscher Gerichte bis hin zu der Entscheidung des Bundessozialgerichts, daß für eine vierköpfige Familie (amtlich »Bedarfsgemeinschaft« genannt) – der Ehemann ist schwerbehindert, die Mutter arbeitslos – 858 Euro im Monat ausreichen. »Man kann es sich nicht leisten, über die Stränge zu schlagen, wenn man als Journalist Erfolg haben will. Soviel habe ich jedenfalls schon gelernt«, sagt ein Reporter, dem Kritiklosigkeit und das Verschweigen wichtiger Dinge vorgeworfen werden – und ich erinnere mich an die uniforme Kriegsberichterstattung (zum Beispiel über die NATO-Aggression gegen Jugoslawien), und mir fällt das übereinstimmende Lob für den Neoliberalismus und die sogenannte freie Marktwirtschaft in allen großen Medien ein. Ein sozialistischer Wirtschaftsfachmann erinnert daran: »Schon im 19. Jahrhundert hatte man den Versuch mit der Gewinnbeteiligung gemacht, das heißt, die Kapitalisten hatten versucht, die Arbeiter dadurch zu fesseln, daß sie sie an ihren Unternehmen beteiligten. Aber Gewinnbeteiligung als System war lächerlich und unmöglich« – und mir fällt ein, daß jüngst die CDU auf einem Bundesparteitag (ähnlich wie auch SPD-Politiker) mal wieder Gewinnbeteiligung (auch Investivlohn genannt) forderte und als Königsweg des Interessenausgleiches propagierte. Wie gesagt, 100 Jahre alt sind diese Sätze, und es gibt in dem Roman viele weitere Analysen, die bis heute aktuell geblieben sind. Jack Londons Voraussagen reichen bis hin zum faschistischen Terror, den er kommen sah. Weil die aufkommende Oligarchie bereit war, notfalls, wenn ihre Macht in ernsthafte Gefahr geriet, die Menschlichkeit und die Menschheit zu zerstampfen, nannte er sie die Eiserne Ferse. Der Roman beschränkt sich nicht auf theoretische Auseinandersetzungen. Eindringlich schildert er das Elend der Armen und die Blutopfer, die die Klassenherrschaft immer wieder fordert. Er schildert Erhebungen und Revolutionen und ihre Niederlagen. Er schildert, wie der erste Versuch, den Sozialismus zu errichten, scheitert – an der Stärke der Gegner und auch am eigenen Versagen der Sozialisten. Manche seiner Genossen haben Jack London deshalb angegriffen und ihn des Pessimismus bezichtigt. In Wahrheit aber ist es ein optimistisches Buch. Jack London läßt die Aufzeichnungen nämlich erst einige Jahrhunderte später auffinden und veröffentlichen, als nach langem Klassenkampf der Sozialismus endlich über die Barbarei gesiegt hat und die Menschen zur Geschwisterlichkeit gefunden haben. Nicht von ungefähr also spenden Literaturkritiker und Feuilletonisten der herrschenden Medien Jack London zwar noch heute ob seiner Abenteuerromane und Reiseerzählungen hohes Lob, schweigen aber »Die Eiserne Ferse« entweder tot oder klassifizieren sie als literarisch wertlos. Anatole France schrieb in den 1920er Jahren über »Die Eiserne Ferse« seines amerikanischen Kollegen, die darin geschilderte Ausbeutung und die vorausgesagten Massaker: »Ich selbst würde es nicht glauben, stünden mir nicht jene Tage des Jahres 1871 mit der Unterdrückung der Commune vor Augen und erinnerten mich daran, daß gegen die Armen alles erlaubt ist.« Damals waren innerhalb einer Woche in Paris 40.000 Arbeiter und ihre Frauen und Kinder von den siegreichen Truppen der Monarchisten, Militaristen und Großbourgeoisie ermordet worden. Und es folgten weitere Raubkriege, noch brutalere Unterdrückung. Aber Anatole France schrieb auch: »Die Plutokratie wird vergehen. Sie wird vergehen, weil jede Klassenherrschaft dem Tode geweiht ist. Sie wird vergehen, weil sie ungerecht ist. Diese Oligarchie wird nicht plötzlich und ohne Kampf vergehen. Sie wird kämpfen. Ihr letzter Kampf wird vielleicht lange dauern und von wechselndem Glück begleitet sein.« Dann mahnte der Literatur-Nobelpreisträger die heute noch Unterdrückten, auch nach Rückschlägen nicht am Erfolg ihrer Sache zu zweifeln. Und er zitierte die Sätze, die Jack London seinen sozialistischen Haupthelden in dem Roman »Die Eiserne Ferse« nach der ersten großen Niederlage der Idee sagen läßt: »Für diesmal verloren. Aber nicht für immer! Wir haben viel gelernt. Morgen wird unsere Sache, stärker in Wissen und Zuversicht, neu erstehen.« Diese Zuversicht und Sicherheit ist es, die das Buch, das man ruhigen Gewissens prophetisch und ein Lehrbuch im besten Sinne dieses Wortes nennen darf, so hilfreich macht – für heutige und künftige Klassenkämpfe.
Erschienen in Ossietzky 3/2007 |
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