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Frauen haben einen höheren Bildungs- und Leistungswillen als ihre männlichen Konkurrenten, beweisen größere Sozial- und Kommunikationskompetenz und lassen sich mit durchschnittlich dreißig Prozent weniger Bezahlung für gleiche Leistung abspeisen. Seit zwei Jahren gibt es durch Hartz IV eine teils hochqualifizierte Menschengruppe, die sich noch viel effektiver ausbeuten läßt. Doch wohin mit den Frauen, wenn man sie eines Tages durch Ein-Euro-Jobber ersetzt oder durch Niedriglöhner, deren jämmerliche Bezahlung der Staat auf Sozialhilfeniveau aufstockt? Reaktionäre Stammtischsäufer und ihre publizistischen Sprachrohre wie Bild oder die Bestseller-Autorin Eva Herman (»Das Eva-Prinzip. Für eine neue Weiblichkeit«) wissen längst die Antwort: Zurück an den Herd mit den Frauen! Dieselbe Parole flüstert die öffentlich-rechtliche ARD ihren Gebührenzahlern mit der 16teiligen Vorabend-Serie »Die Bräuteschule« ein. Dieses Living-History-Projekt gab die Firma »ARD Werbung (AS&S)« in Auftrag, die ARD -Programme refinanziert. Der Werbewirtschaft bot sie mit dieser neuen Serie »beste TV-Unterhaltung« als Umfeld für die Produktwerbung. Pro Werbespot kassiert AS&S über 15.000 Euro. Dafür beutet sie zehn junge Frauen aus, denen sie eine Zeitreise versprach: »Lernen Sie, was eine perfekte Hausfrau der 50er Jahre wissen mußte.« Wofür man solche Fachkenntnisse im 21. Jahrhundert braucht, wissen nur die ARD und Eva Herman. Selbstverständlich fanden sich zehn bestens geeignete »Bräute«, die mit drei strengen Lehrerinnen und einem Hausmeister in einem abgeschiedenem Internat in Rheinland-Pfalz sechs Wochen lang die Hausfrauen-Hölle der Adenauer-Zeit nachspielten. Einzig die medizinische Versorgung war modern – und natürlich die Kameraausrüstung des Filmteams, das die DarstellerInnen 24 Stunden am Tag beobachtete. Schon die ersten Folgen riefen bei vielen ZuschauerInnen Häme oder Erschrecken darüber hervor, daß fast keines der »Fräuleins« kochen, putzen oder kopfrechnen konnte. Sind Frauen zwischen 17 und 23 Jahren heute allesamt so realitätsfremd? Wohl kaum – man muß nur einmal den Bewerbungsbogen lesen, den die Darstellerinnen für die Produktionsfirma Lichtblick Film ausfüllten: Neben praktischen Hauswirtschaftserfahrungen (»Können Sie nähen, kochen, bügeln, putzen...?«) sollten sie auch das Schulfach nennen, das sie nie gemocht haben. Offenbar gab man solchen Bewerberinnen den Vorzug, die ständig Fertiggerichte essen, das Bügeleisen verstauben lassen und ihre Mathelehrer hassen. Von dieser Vorauswahl erfuhren die Zuschauer freilich nichts. Der Darsteller des Hausmeisters sollte ganz besondere Talente mitbringen (»Können Sie schlachten?«, »Sind Sie autoritär?«). Als Tanzpartner für die »Bräute« kamen nur solche Männer in Frage, die »Zeit und Lust« hatten, »vielleicht die Bekanntschaft mit unseren süßen Mädels zu vertiefen ...«. In den 50er Jahren hätte man die TV-Produzenten für derartige Kuppelei-Gesuche vor Gericht gestellt. Heute winken ihnen Kritikerlob, Folgeaufträge und Fernsehpreise. Die zehn Hauptdarstellerinnen, die kommunikativ und redegewandt sein sollten, erwiesen sich vor allem als unglaublich fügsam und zeigten kaum Selbstwertgefühl. Keine war bereit oder fähig, das »Spiel« rechtzeitig abzubrechen, das sich schon bald als sechswöchige Gehirnwäsche und kaserniertes Zwangsarbeitsprogramm erwies. Wer sich mit Aufsätzen zu Themen wie »Warum ich mich meinem Mann gerne zum Untertan mache« freiwillig vor einem Millionenpublikum zur Idiotin macht, muß vor sich selbst geschützt werden. Das erste Programm hätte die Darstellerinnen zur Erholung in eine nachgestellte Hippie-Kommune schicken können, um ihnen Selbstbewußtsein beizubringen und Lebensfreude zu vermitteln. Doch solche Dinge sind heutzutage in der ARD und vielen anderen Schaltzentralen des öffentlichen Bewußtseins unerwünscht. Man arbeitet dort offensichtlich lieber an der Wiederkehr autoritärer Unwerte. »Bräuteschulen« waren ursprünglich eine Erfindung der SS: Dort sollten die zukünftigen Ehefrauen der fanatischsten Nazi-Soldaten zu Fleiß, Gehorsam und ideologischer Reinlichkeit erzogen werden. Im Adenauer-Deutschland gaben viele NS-geprägte Lehrkräfte solche Wertvorstellungen an ihre Schülerinnen weiter, bevor die offene politische Indoktrination aus den Schulen verschwand. Dafür haben wir jetzt die Glotze. Und womit überrascht die ARD uns wohl als nächstes? Schickt sie zehn junge Männer in eine simulierte SS-Ordensburg, wo man ihnen Manneszucht, Kampfeswillen und Kadavergehorsam einprügelt? Auch das ließe sich als »beste Unterhaltung« anpreisen und paßte in dieses Zeitalter der Demokratiefeindlichkeit, der Angriffskriege und Folterknäste.
Erschienen in Ossietzky 2/2007 |
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