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23. November Älteren Arbeitnehmern, die beim betrieblichen Personalabbau die »58er-Regelung« unterschrieben haben, steht kein erhöhtes Arbeitslosengeld 2 zu. Das Bundessozialgericht wies die Musterklage eines Betroffenen zurück. Laut dpa hatten 393.000 Beschäftigte im Alter von mindestens 58 Jahren die Regelung zum erleichterten Bezug von Arbeitslosengeld und anschließender Arbeitslosenhilfe unterschrieben. Sie verzichteten damit bis zum Renteneintritt auf weitere Vermittlung durch das Arbeitsamt und wurden auch in der Statistik nicht mehr als Arbeitssuchende mitgezählt. Der Kläger hatte auf Grund dieser Regelung bis Ende 2004 monatlich 986 Euro Arbeitslosenhilfe bezogen. Nach Einführung des ALG 2 im Januar 2005 erhielten er und seine Frau gemeinsam nur noch 520,61 Euro monatlich. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem Basissatz für jeden der beiden Eheleute plus der Miete, was 869 Euro ergibt, wovon 349 Euro Einkommen der Frau abgezogen werden. Das Bundessozialgericht sieht keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Regelsätze für das ALG 2, meldet die Nachrichtenagentur Reuters . Das Gericht wies mit seinem Urteil die Klage einer 49jährigen Frau ab. Sowohl die Höhe der Regelsätze als auch die Art der Erhebung seien mit dem Grundgesetz vereinbar, urteilten die Kasseler Bundesrichter; die Ersetzung der Arbeitslosenhilfe durch das ALG 2 sei nicht verfassungswidrig. Auch dem Einwand der Klägerin, es fehle eine Härtefallregelung, folgte das Gericht nicht: Es sei grundsätzlich zulässig, den Bedarf gruppenbezogen zu erfassen.
24. November Wohnheime für junge Auszubildende, die fern der elterlichen Wohnung eine Lehre aufgenommen haben, sind von der Sparpolitik der Bundesländer bedroht. Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit haben die meisten Länder ihre Zuschüsse für das Jugendwohnen gestrichen.
29. November Die Schere zwischen den Gewinneinkommen und den Arbeitseinkommen öffnet sich weiter, stellt der neue Verteilungsbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung fest. Die Kaufkraft der Löhne befinde sich auf einem historischen Tiefstand. Die Nettolohnquote, der Anteil der Arbeitseinkommen am verfügbaren Einkommen aller privaten Haushalte, habe 2005 mit 41,2 Prozent einen historischen Tiefstand erreicht (1960: 55,8 Prozent; 1991: 48,1 Prozent). 2006 könne sie inzwischen sogar unter 40 Prozent gesunken sein. Parallel wachse der Anteil der Einkommen aus Unternehmensgewinnen und Vermögen, die überwiegend einer relativ kleinen Personengruppe zufließen. Durch zentrale Vorhaben der Bundesregierung wie Mehrwertsteuererhöhung, Unternehmensteuersenkung oder die Gesundheitsreform werde sich die Ungleichheit noch vergrößern. Immer mehr Senioren leiden unter Altersarmut: Ihre Rente ist zu niedrig, um davon leben zu können, berichtet das Schwäbische Tageblatt . Mit einem Einkommen unterhalb des offiziellen Existenzminimums von 345 Euro gelten sie als bedürftig und haben Anspruch auf staatliche Hilfe. Im Landkreis Tübingen beziehen dem Bericht zufolge derzeit 1425 Senioren eine »bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter«, 140 mehr als zu Beginn des Jahres. Den RentnerInnen – Altersarmut sei meist weiblich, so die Zeitung – machten vor allem die steigenden Kosten im Gesundheitswesen zu schaffen. Nach Beobachtungen der Ärzte sparten sie an Medikamenten oder zögerten wichtige Arzttermine wegen der Praxisgebühr um ein Quartal hinaus. Viele Ältere, vor allem chronisch Kranke, seien von den Krankenkassen nicht über Möglichkeiten zur Befreiung von den Gebühren aufgeklärt worden. Zudem verzichteten ältere Menschen oft aus Scham auf Unterstützung. Die Rentner müssen die Beiträge zur Pflegeversicherung auch künftig komplett aus eigener Tasche zahlen. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel erklärte die Abschaffung der Zuschüsse für rechtens. Seit April 2004 geht der Pflegeversicherungsbeitrag von 1,7 Prozent in voller Höhe von der Rente ab. Bis dahin wurde die Hälfte der Zahlung vom Rentenversicherungsträger übernommen – ebenso wie der Arbeitgeber für die Arbeitnehmer den halben Beitrag beisteuern muß. Geklagt hatten vier Empfänger von Erwerbsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs-, Invaliden- oder Altersrente. Durch die Gesetzesänderung haben sie monatlich zwischen 3,90 Euro und 8,95 Euro eingebüßt. Die Bundesregierung beschließt, die Renten-Altersgrenze zwischen 2012 und 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre anzuheben, zunächst um einen Monat pro Jahr und ab 2024 um zwei Monate pro Jahr. Alle Jahrgänge ab 1964 können damit künftig erst mit 67 Jahren ohne Renten-Abschläge in den Ruhestand gehen. Eine Ausnahme gilt für Versicherte, die mindestens 45 Jahre Beiträge gezahlt haben.
Erschienen in Ossietzky 25/2006 |
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