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Walter Kaufmanns LektüreWer, wie ich, Michael Schiffmann, den Heidelberger Universitätsdozenten, als Dolmetscher Linn Washingtons erlebt hat, des Freundes und Mitstreiters Mumia Abu-Jamals, wird beeindruckt gewesen sein, wie er längere Redeabschnitte im Gedächtnis behielt und in gut gebauten deutschen Sätzen wiedergab: Konzentrationsstärke, umfassende Beherrschung zweier Sprachen, Vorabkenntnis der Materie – Fähigkeiten, die zweifellos dazu beigetragen haben, »Wettlauf gegen den Tod« gut lesbar und über lange Strecken packend zu machen. Beim Durchforsten einer enormen Menge Literatur zur US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und zum schwarzen Befreiungskampf konnte er zielgerecht vorgehen und geriet allein schon deshalb nicht ins Uferlose, weil er am Werden und Wirken Abu-Jamals ausgerichtet blieb. So konnte er in seinen historischen Zusammenfassungen, besonders über den Aufstieg, Einfluß, die innere Zerstrittenheit und gewaltsame Repressionen der Black Panther Party größtmögliche Dichte bewahren. Was er über die Ermordung des Black-Panther-Führers Fred Hampton und in diesem Zusammenhang auch über Polizeibrutalität in den USA in Erfahrung bringt, stimmt ein auf die verhängnisvolle Verstrickung Mumia Abu-Jamals in einen Polizistenmord. Damit wird klar, warum die Justiz einen revolutionären Aufklärer wie Abu-Jamal nicht aus den Klauen ließ. Schon mehr als ein Vierteljahrhundert hält sie ihn im Todestrakt eines Gefängnisses von Philadelphia eingekerkert. Wettlauf gegen den Tod? Eher ein zähes, mühevolles Ringen gegen den Tod, ein jahrelanges Gerangel mit amerikanischer Gerichtsbarkeit, das uns Michael Schiffmann in der zweiten Hälfte des Buches akribisch vorführt – ein aufschlußreicher Lesestoff, weit spannender als jedes crime fiction . Und ausdrücklich vermerken möchte ich, daß er jenen mystery man namens Arnold Beverly nicht einfach ausspart (über dessen überraschende Selbstanklage, den Polizisten Faulkner aus nächster Nähe per Kopfschuß ermordet zu haben, ich 2002 aus Philadelphia berichtet hatte) – ausdrücklich, weil in Schiffmanns Buch, bei allem Zweifel an Beverly und dessen Geständnis, zumindest festgehalten wird, daß Abu-Jamals neuer Hauptanwalt, Robert R. Bryan, die Gerichte dafür kritisiert hat, daß sie ein potentiell ausschlaggebendes Geständnis einfach abgelehnt zu haben. Und was die Abweichungen zwischen den Aufnahmen des Fotoreporters Polakoff und denen der Polizei angeht, Abweichungen, auf die Michael Schiffmann in seinen Recherchen gestoßen ist und die belegen, daß der Tatort ganz offensichtlich manipuliert wurde – ob wenigstens die als entlastendes Beweismaterial anerkannt werden, sei dahingestellt. Entscheidend im Kampf für die Freiheit Mumia Abu-Jamals – das vor allem macht das Buch in seiner Gesamtheit deutlich – wird eine weltweite, anhaltende Protestbewegung sein. W. K. Michael Schiffmann: »Wettlauf gegen den Tod. Mumia Abu-Jamal: ein schwarzer Revolutionär im weißen Amerika«, Promedia Wien, 320 S., 21.90 €
KreuzritterHospiz Sainte Jeanne, Belgien: Unter Aufsicht der gestrengen Oberschwester Zara werden blessierte und traumatisierte Gotteskrieger gepflegt. Es sind Überlebende des Kreuzritterheeres, das im Jahre 1099 Jerusalem erobert und dabei fast die gesamte Einwohnerschaft niedergemetzelt hat. Unter dem Absingen frommer Hymnen und dem Aufsagen erbaulicher Heiligenlegenden wird den Patienten suggeriert, daß es ein wohlgefälliges Werk war, zu plündern und dabei sarazenische Frauen und Kinder abzuschlachten. Es sei aber jetzt keineswegs gestattet, Ordensschwestern zu notzüchtigen und Mitpatienten den Sonntagskuchen wegzunehmen ... Die rabenschwarze Komödie – darauf angelegt, zu provozieren – kippt mehr und mehr ins Gegenwärtige um. Ahnungslosen Zuschauern bleibt schnell das Lachen im Halse stecken, wenn mittelalterlicher Kreuzzugspropaganda Bilder von Opfern neuzeitlicher Kriege gegenübergestellt werden. Und die Darsteller führen überzeugend vor, wie sich hilflos stammelnde Opfer zur wieder funktionstüchtigen Mordmaschine wandeln. Das Anti-Kriegs-Stück der deutschsprachigen Theatertruppe Agora aus Belgien erlebte bisher Aufführungen in Belgien, Frankreich, Deutschland und Dänemark und wurde kürzlich in Frankreich gleich zweimal preisgekrönt. Bei der Vorstellung während der 15. Werkstattwoche Kinder- und Jugendtheater in Leipzig beantwortete Regisseur Marcel Cremer die Frage nach den Sponsoren des Stückes mit George W. Bush und dem Papst. Gerd Bedszent Kontakt: www.agora-theater.net, die nächsten Aufführungen in Deutschland: 29. und 30.November, jeweils 10 Uhr, Theater Duisburg, Foyer III
In Hamburg unerwünschtAm ersten Oktoberwochenende fanden, einem Aufruf des Europäischen Sozialforums im Mai in Athen folgend, in vielen europäischen Ländern Demonstrationen, Mahnwachen und andere Aktionen gegen die Ausgrenzungs- und Abschiebepolitik statt. Auch in Benin, Mali, Marokko und Mauretanien beteiligten sich Tausende an dem Aktionstag. In unseren Medien sah, hörte und las man fast nichts darüber. Zum Beispiel über die große Demonstration in Hamburg, die sich gegen die inhumane Politik des dortigen Senats richtete. Ein Beispiel: Am 18. September war nachts unter strenger Geheimhaltung vom Hamburger Flughafen eine Maschine gestartet, um 32 Flüchtlinge wegzuschaffen – eine europäische Sammelabschiebung unter Federführung der Hamburger Innenbehörde. Tags darauf würdigte Innensenator Udo Nagel das Gelingen: Man habe »gewalttätige« und »reiseunwillige« Personen abgeschoben und damit »die gute Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene im Kampf gegen Kriminalität und illegale Einwanderung« bewiesen. An der Sammelabschiebung nach Guinea, Togo und Benin hatten sich Frankreich, Malta, die Niederlande und die Schweiz beteiligt. Trotz aller Geheimhaltung wurde bekannt, daß dabei eine in Hessen lebende togoische Familie in voller Absicht getrennt wurde. Der Vater, der vor 13 Jahren nach Deutschland gekommen war, sollte zusammen mit vier Kindern von Hamburg aus abgeschoben werden. Die Mutter wurde mit ihrem jüngsten Sohn, einer Tochter und deren Kleinkind zu einem Linienflug nach Frankfurt am Main gebracht. Den Vater erklärte ein Hamburger Arzt für fluguntauglich; doch die Kinder – zwei davon minderjährig – transportierte man nach Togo. In Frankfurt weigerte sich der Pilot, die beiden Frauen, die mutig Widerstand leisteten, mitzunehmen. Daraufhin inhaftierte man sie und brachte die Kinder in ein Kinderheim. Der Vater unternahm, nachdem ihm die Abschiebung der restlichen Familienmitglieder angekündigt worden war, einen Suizidversuch. Mittlerweile sind alle Familienmitglieder – außer dem Vater – nach Togo abgeschoben. Während Mecklenburg-Vorpommern Abschiebungen in die togoische Diktatur gestoppt hat, schiebt Hamburg sogar Kinder ohne ihre Eltern in dieses Land ab. Und schickt auch Flüchtlinge aus Guinea zurück. Das wurde möglich, indem eine dubiose Delegation aus Guinea hunderte von AfrikanerInnen verhörte und ihnen – ohne Beteiligung der Botschaft – Abschiebepapiere ausstellte. MigrantInnen, die mit gutem Grund »reiseunwillig« sind, zumal manche von ihnen schon jahrzehntelang in Deutschland leben, werden gemeinsam mit vorgeblichen Straftätern abgeschoben, so daß Senator Nagel diese Nacht-und-Nebel-Aktionen als »Abschiebung von Straftätern« etikettieren kann. Offenbar hofft er, auf diese Weise Kritik fernhalten zu können. Eine Anfrage der grün-alternativen Bürgerschaftsfraktion beim Hamburger Senat ergab, daß lediglich zwei der am 18. September abgeschobenen Personen als Straftäter inhaftiert gewesen waren und zwei als potentiell gewalttätig eingestuft wurden. Als weiteren Schritt zu einer flüchtlingsfreien Stadt hat der Senat Ende September die bisherige Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Hamburg geschlossen. Alle neu ankommenden Flüchtlinge werden jetzt nach wenigen Tagen in das Lager Nostorf/Horst in Mecklenburg-Vorpommern gebracht. Das Lager befindet sich weitab jeder größeren Stadt, fern jeder notwendigen Infrastruktur wie Beratungsstellen, Rechtsbeiständen, Krankenhäusern und so weiter. Mit der Aus-Lagerung machen die Hamburger Behörden deutlich, daß Flüchtlinge in dieser Stadt unerwünscht sind. Sie sollen möglichst weit weg – aus den Städten in die Wälder, und am liebsten ganz raus aus Europa. Der Aktionstag 7. Oktober – eine der Forderungen war die nach Schließung aller Internierungslager – zeigte, daß es breiten Widerstand gegen diese Politik gibt. Kirsten Hofmann
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Der Knie-FrankeIm Leben des Berliner Facharztes für Chirurgie und Sportmedizin, Professor Kurt Franke, der am 27. Oktober 80 Jahre alt wird, spielten die Knie eine ganz andere Rolle als in Goethes poetischem Bewußtsein: »Doch was im Augenblicke der Entzückung / Die Knie beugt, ist auch ein süß Gefühl« (Eugenie in »Die natürliche Tochter«). Die ungezählten Kniegelenke mitsamt Knochen, Gelenkkapsel, Schleimbeuteln, Bandapparat, Faserknorpelplatten bilden eine kleine Welt für sich und stellen, in verletztem oder sonstwie gestörtem Zustand, zunächst einmal chirurgische Denksportaufgaben. »Knie-Franke« und seine Helferinnen und Helfer konnten fast alle lösen – dank ihrer großen fachlichen Bildung und erprobten Geschicklichkeit, mit akribischem Gefühl und präziser Handarbeit. Souverän zeigte er sich aber nicht nur in der medizinischen, sondern auch der persönlichen Behandlung seiner Patienten. Er weiß, wie man mit Menschen umgeht (nicht mit »Patientenmaterial«, wie ein anderer Professor unsereinen öffentlich zu nennen beliebte; ungenannt sei sein Name). An einem Abend im Krankenhaus Berlin-Pankow, nach dem Essen und der Bescherung mit Tabletten, lud mich der nette Bettnachbar zu einer Flasche Bier ein. Ich lehnte ab, weil Bier hier unerwünscht und mein rechter Arm eingegipst war. »Ick kann ooch mit links trinken«, sagte der Nachbar. Plötzlich wurde die Tür geöffnet, glücklicherweise nicht von der Nachtschwester, der wir aufs Wort gehorchten, sondern vom Chef des Hauses, der zu später Stunde meistens noch mal nachsah, wie sich seine Kunden fühlten. »Nun verstecken Sie die Püllchen mal nicht gleich«, sagte Franke, »und verschlucken Sie sich nicht. Na denn: Wohl bekomm‘s und gute Nacht.« Als er ins Rentenalter eintrat, wie man so schön sagt, hörte er auf zu operieren. (Das hätte einer mal dem Herrn Sauerbruch empfehlen sollen.) Kurt Franke riskierte nicht, daß ihm unversehens ein noch so geringer Teil seiner Sicherheit abhanden käme ... Natürlich stand er seinen Kollegen auch später mit Rat und Kritik zur Seite. Vor mehr als zehn Jahren schrieb Franke rückblickend: »Die Mitarbeiter des damaligen Gesundheitswesens können durchaus stolz darauf verweisen, daß sie unter oft schwierigen Umständen die notwendige Betreuungsleistung für alle Patienten erbrachten ... unabhängig von deren sozialer Position und ohne finanzielle Forderungen an sie.« Damals ahnte noch keiner etwas von der Gesundheitsreform, die nun wie eine Schlammwelle heranrollt. Und unser Freund identifizierte sich auch mit den Worten des damaligen Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Ellis Huber: »Jeder Gesundheitspolitiker, der das Gesundheitswesen auf den freien Markt schickt, begeht ein Verbrechen. Es geht um die Gesundheit der Menschen und nicht um die Gesundheit der Pharma-Industrie.« Lieber Kurt, nun wollen wir mal mit einem Glas Sangria anstoßen, und dann drücke ich Dir herzlich die Hand mit meiner Rechten. Die hast Du vor vielen Jahren wegen eines Dupuytren-Syndroms mit so nachhaltigem Erfolg operiert, daß mich Kenner oft fragen, wer das getan hat, und dann sage ich: »Das war Kurt Fr...« Und werde unterbrochen: »Franke! Sieht man gleich. Wunderbar!« Lothar Kusche
Abriß OstVor 30 Jahren wurde in der Mitte Berlins der Palast der Republik eröffnet – mit Sitzungssälen, Theater, Bildergalerie, Restaurants, Bowling-Bahn und anderem mehr. Er zog Millionen Menschen an. Die Umstände, unter denen er 1990 geschlossen wurde, sind bis heute fragwürdig geblieben. Asbestverseuchung? Ja, aber die Meßwerte werden der Öffentlichkeit nach wie vor verheimlicht. Eine Sanierung wäre jedenfalls billiger gewesen als der Abriß. Die Abstimmung des Bundestags am 19. Januar war »eine Farce, denn rechtsverbindliche Abrißverträge waren bereits am 2. Januar unterschrieben«, erfährt man in einer Ausstellung, die gegenwärtig (bis 30. Oktober) im Berliner Haus der Demokratie und Menschenrechte stattfindet – als ein Zeichen des Protests gegen Verfälschung der Geschichte. Und was soll nach dem Abriß dort entstehen, wo einst das im 2. Weltkrieg zerstörte Königsschloß stand? Am besten ein Palast der Republik, der an dem sonst sterbenslangweiligen Schloßplatz Millionen Menschen anzieht. Baupläne sind noch vorhanden. Red.
Press-KohlIm Magazin der Berliner Zeitung plauderte »syl.« über spezielle Eigenschaften der Kellnerinnen in Berlin-Mitte: »Alle sind jung und schlank, ihre Berufskleidung wird nur mit auffälligen Zutaten und Frisuren bereichert.« Meine Berufskleidung würde ich gern mit auffälligen Zutaten und Frisuren bereichern (ich trage aber Zivil) – vielleicht mit einem Mittelscheitel und etwas Sojasoße. Die Kellnerinnen »bewegen sich leicht, und wenn sie sich über den Tisch beugen, riechen sie auch noch gut.« Es ist angenehm, daß sie gut riechen, besser gesagt: durften. Aber deshalb müssen sie sich nicht erst über den Tisch beugen. Hinter ihm würden sie ebenfalls gut duften. Wenn ich um die nächste Ecke gehe, befindet sich dort dann der Bahnhof? Der befindet sich immer dort, selbst dann noch, wenn ich nicht um die nächste Ecke gehe. * Den Einwohnern der kanadischen Stadt Vancouver bleibt nichts erspart. »Der Dalai Lama«, meldete Bild am Sonntag , »hielt einen Vortrag in Vancouver.« Dabei »wurde er plötzlich von einem hellen Licht geblendet«, also nicht von seinem eigenen, »doch ein Zuhörer half mit einer roten (!) Schildmütze aus«. Die Dichterin Joe Williams hat den Dalai Lama wunderschön skizziert: »Ein Freund hat mal den Dalai Lama getroffen. Er sagte, der hätte eine Hornbrille auf und eine kleine Plakette am Anzug, wo ein Bild vom Dalei Lama mit Hornbrille drauf ist. Mein Freund hat mir so einen Button geschenkt ... Dann fühlte ich, wie der Geist des Dalai Lama in mich eindrang. Wie lauter kleine Pfeile. Und jetzt liebe ich die Nadel, ich finde sie überhaupt nicht mehr albern. Aber ich kann sie nicht oft tragen, weil ich dann so eine große Sehnsucht nach Nicht-Existenz kriege.« Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 22/2006 |
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