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Er legt Wert auf die Feststellung, daß er in diesem Beitrag nur seine persönlichen Auffassungen darlegt. Während die Auslandseinsätze der Bundeswehr, in die eine großmannssüchtige Politik sie ohne Sinn und Verstand entsendet, sich rapide vermehren, ist der Krieg der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak im Jahre 2003 längst aus dem Fokus geraten. Mit der Ankündigung, Deutschland werde sich am Krieg gegen den Irak nicht beteiligen, gewann Gerhard Schröder damals die Bundestagswahl. Indes handelte es sich um Regierungspropaganda übelster Art, wie spätestens das epochale Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes in Leipzig 2005 uns schwarz auf Weiß bestätigt hat. »Die Beteiligung an einem völkerrechtlichen Delikt ist selbst ein völkerrechtliches Delikt«, stellten die Richter fest, als sie den Bundeswehrmajor Florian Pfaff vom Vorwurf der Gehorsamsverweigerung freisprachen und damit gleichzeitig der rot-grünen Bundesregierung eine schallende Ohrfeige erteilten. Indes ist mit diesem Freispruch die Rechnung nicht beglichen. Denn noch ist keiner der verantwortlichen Politiker und auch keiner der willfährigen Helfershelfer des Völkerrechts- und Verfassungsbruchs in irgendeiner Weise zur Rechenschaft gezogen. Hierfür nämlich bietet das Leipziger Urteil in der Causa Pfaff keine Handhabe, ging es doch in jenem Prozeß lediglich um die nicht geringzuschätzende Frage der Gewissensfreiheit von Soldaten. Nichtsdestotrotz wagten sich die Bundesverwaltungsrichter mit ihrem Urteilsspruch bis an die Grenzen des in jenem Prozeß Vertretbaren vor, als sie konstatierten: »Gegen die von den Regierungen der USA und des UK am 20. März 2003 eingeleiteten offensiven militärischen Kampfhandlungen gegen den Irak bestanden bereits damals gravierende rechtliche Bedenken im Hinblick auf das Gewaltverbot der UN-Charta und das sonstige geltende Völkerrecht.« Und, so die Richter weiter: »Im Zusammenhang mit diesem Krieg erbrachte die Regierung der Bundesrepublik Deutschland konkrete Unterstützungsleistungen zugunsten der Streitkräfte der USA und des UK, die ebenfalls gravierenden völkerrechtlichen Bedenken ausgesetzt waren.« Gravierende völkerrechtliche Bedenken also, aber kein abschließendes höchstrichterliches Urteil über den Aggressionskrieg und die von der Bundesregierung angeordneten und von der Bundeswehr erbrachten Unterstützungsleistungen für diesen Krieg exakt dies markiert die noch offene Rechnung. Auf der Hardthöhe selbst war aber schon am 13. März 2003 ein Rechtsgutachten über die völkerrechtliche Zulässigkeit der Bewachung US-amerikanischer Einrichtungen in Deutschland durch Soldaten des Sanitätsdienstes der Bundeswehr erstellt worden mit brisantem Inhalt. Die entscheidende Passage im Text des Ministerialjuristen Klaus Schäfer lautet: »Ich empfehle daher im Falle eines bewaffneten Konflikts unverzüglich Sorge dafür zu tragen, daß Sanitätssoldaten von militärischen Wachaufgaben entbunden werden. Bei Nichtbeachtung würde das im Wachdienst eingesetzte Sanitätspersonal Gefahr laufen, seinen völkerrechtlichen Schutz zu verlieren und im Rahmen eines Angriffs auf eine militärische Einrichtung einer Konfliktpartei als Teil eines legitimen militärischen Ziels im Sinne des Völkerrechts betrachtet zu werden.« Aus dieser völkerrechtlichen Expertise ergibt sich: 1. Die USA und ihre Verbündeten wurden mit Beginn des Krieges gegen den Irak zu Konfliktparteien im Sinne des Völkerrechts. 2. Die militärischen Einrichtungen der USA und ihrer Verbündeten auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland wurden mit Beginn des Krieges gegen den Irak zu legitimen militärischen Zielen im Sinne des Völkerrechts. 3. Die zur Bewachung der militärischen Einrichtungen der USA und ihrer Verbündeten auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland eingesetzten, vom Humanitären Völkerrecht besonders geschützten Sanitätssoldaten mußten mit Beginn des Krieges gegen den Irak von diesem Wachauftrag entbunden werden, da sie anderenfalls ihren besonderen völkerrechtlichen Schutz verloren hätten und zu regulären Kombattanten im Sinne des Völkerrechts geworden wären. 4. Durch den Einsatz von Bundeswehrsoldaten zur Bewachung der militärischen Einrichtungen der USA und ihrer Verbündeten wurde die Bundesrepublik Deutschland selbst zur Konfliktpartei an der Seite der Aggressoren. 5. Jeder der für die Bewachung der militärischen Einrichtungen der USA und ihrer Verbündeten eingesetzten deutschen Soldaten wurde mit Beginn des Krieges gegen den Irak zu einem regulären Kombattanten im Sinne des Völkerrechts und durfte vom irakischen Verteidiger legitimerweise unter Wahrung der Regeln des Humanitären Völkerrechts bekämpft werden. 6. Durch diesen Einsatz von Bundeswehrsoldaten wurde aber auch die Bundesrepublik selbst insgesamt mit ihren Streitkräften zum legitimen militärischen Ziel im Sinne des Völkerrechts, womit klar und eindeutig die konkrete Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 26 Grundgesetz sowie des Paragraphen 80 Strafgesetzbuch heraufbeschworen wurde. Sowohl die politische Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung als auch die militärische Führungsspitze der Bundeswehr waren über all das im Bilde. Darum wurde aufgrund des Rechtsgutachtens befohlen, den Zentralen Sanitätsdienst der Bundeswehr aus der Bewachung der US-Einrichtungen herauszulösen. In mehreren Koordinierungsbesprechungen wurden die Wachaufgaben unter Heer, Luftwaffe, Marine und der Streitkräftebasis neuverteilt. Gleichwohl wurden die Soldaten des Zentralen Sanitätsdienstes von dem Bewachungsauftrag endgültig erst zum 1. April 2003 entbunden. Daraus folgt, daß vom Beginn des Krieges gegen den Irak am 21. März bis zum Ablauf des 31. März 2003 mit dem während dieses Zeitraumes erfolgten Einsatz von Sanitätssoldaten zur Bewachung militärischer Einrichtungen der US-Streitkräfte die Normen des Humanitären Völkerrechts gebrochen wurden. Auf deutschem Boden fand also ein Kriegsverbrechen statt. Dieser Tatbestand war sowohl der Bundesregierung, vertreten durch den Bundesminister der Verteidigung, als auch der militärischen Führungsspitze, welche die hierfür notwendigen Anordnungen erteilt hatte, und darüber hinaus innerhalb der Bundeswehr allen mit der Organisation der Bewachung der US-Liegenschaften beauftragten Soldaten bis auf die Ebene der Stabsoffiziere und zum Teil darüber hinaus bekannt. Hinzu kam, daß mit diesem Einsatz von Bundeswehrsoldaten schlechthin gegen das völkerrechtlich zwingende Neutralitätsgebot verstoßen wurde, und zwar deshalb, weil durch die Bundeswehr »entsprechende Aufgaben der in das Kriegsgebiet verlegten US-Verbände gleichsam stellvertretend und kompensatorisch wahrgenommen wurden, um diesen den Abzug entsprechender Truppen in das Kriegsgebiet zu ermöglichen oder zu erleichtern«, wie das Bundesverwaltungsgericht formulierte. Es waren mindestens 4.200 Bundeswehrsoldaten, welche nach offiziellen Angaben ab Januar 2003 bundesweit die Bewachung von US-Liegenschaften übernommen hatten und damit die Verlegung von 30.000 Soldaten der US-Landstreitkräfte für die Kriegführung in den Irak abdeckten. Darüber hinaus erbrachte die Bundeswehr im Rahmen der Verlegung von US-Streitkräften auf den Kriegsschauplatz Irak umfangreiche Leistungen im Bereich der Logistik und Absicherung. Selbst Bundeswehr-Juristen, deren Haltung und Dienstauffassung gewöhnlich durch ein über alle Zweifel erhabenes Maß an Loyalität geprägt ist, unterzogen diese Entscheidungen prägnanter und scharfer Kritik. So formulierte der Leitende Regierungsdirektor Peter Dreist, Oberstleutnant der Reserve, mittlerweile Rechtsberater des Inspekteurs der Luftwaffe: »Entgegen allen öffentlichen Äußerungen ist auch die Lage der Bundesrepublik während des III. Golf-Konflikts durchaus als heikel anzusehen: Sie kann insbesondere aufgrund der aktiven Unterstützung der Aufmarschbemühungen der USA und ihrer Verbündeten und der Erlaubnis für diese, die Militärflugplätze in Deutschland für den Aufmarsch und die Versorgung sowie die Durchführung der Kampfeinsätze als Landebasen zu nutzen, sowie aufgrund der Nicht-Inhaftierung zurückkehrender Soldaten der Verbündeten, die sich aktiv an Kampfhandlungen beteiligt hatten, aus völkerrechtlicher Sicht als Partei des Konflikts betrachtet werden, die sich durch diese Handlungen ihres neutralen Status in diesem Konflikt begeben hatte. Betrachtet man an dieser Stelle die völkerrechtlichen Einlassungen des Bundesverwaltungsgerichts im Kontext der Causa Pfaff zusammengenommen mit offiziellen Rechtsgutachten und Stellungnahmen sowie den konkret erbrachten militärischen Unterstützungsleistungen für den Irak-Krieg der USA und ihrer Verbündeten, so resultiert daraus zwingend: 1. Der von den USA und ihren Verbündeten angezettelte Krieg gegen den Irak stellte einen eklatanten Völkerrechtsbruch und somit ein völkerrechtliches Verbrechen dar. 2. Die militärische Unterstützung der Kriegführung der USA und ihrer Verbündeten gegen den Irak verstieß gegen zentrale Normen des deutschen Grundgesetzes. 3. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat mit ihrem Beschluß, den USA und ihren Verbündeten militärische Unterstützungsleistungen zuzusagen und die Bundeswehr mit solchen Leistungen zu beauftragen, wissentlich und vorsätzlich schwerwiegenden Verfassungsbruch begangen. 4. Die militärische Führung der Bundeswehr, also die Generalität und Admiralität, angeführt vom Generalinspekteur der Bundeswehr und den Inspekteuren der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche, war, indem sie die von der Bundesregierung erteilte Anordnung befolgte, an diesem schwerwiegenden Völkerrechts- und Verfassungsbruch wissentlich und vorsätzlich tatbeteiligt. Dadurch hat sie insbesondere gegen die in Paragraph 10 Absatz 4 Soldatengesetz kodifizierte Kernpflicht des militärischen Vorgesetzten verstoßen, gemäß der »Befehle nur zu dienstlichen Zwecken und unter Beachtung der Regeln des Völkerrechts, der Gesetze und der Dienstvorschriften« erteilt werden dürfen. Zugleich hat sie damit den für alle Bundeswehrsoldaten verbindlichen Dienst-eid gebrochen, welcher fordert, »das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen«, keinesfalls aber Völkerrecht sowie Grundgesetz zu brechen und mit Füßen zu treten. Da indessen zumindest im demokratischen Verfassungsstaat die soldatische Ehre, und damit selbstredend auch die der Generalität, an die Treue zu dem geleisteten Diensteid geknüpft ist, beschädigt jeder Soldat, der diesen seinen Diensteid bricht, zuallererst selbst seine ihm an sich gebührende Ehre. Und weil sich dies so verhält, konnte ich mit meinem Beitrag im Ossietzky , der sich mit dem Geist und Ungeist der Generalität beschäftigte, gar nicht »Vorgesetzte in ehrverletzender Weise herabwürdigen« denn eine Ehre, die sich bereits qua Selbstbeschädigung verflüchtigt hat, eine imaginäre Ehre also, lässt sich nun mal nicht mehr verletzen. Es gilt ergo das damals von mir geschriebene Wort: »Dass die Generalität aufgrund intellektueller Insuffizienz nicht hatte erkennen können, was da vor sich ging, wird man mit Fug und Recht ausschließen dürfen. Denn immerhin hatte sich bereits ein in der Etappe befindlicher einfacher Bundeswehrmajor als fähig erwiesen, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden, wie die Leipziger Bundesrichter ihm schlagend bestätigten. Da Dummheit ergo auszuschließen ist, bleibt nur noch die zweite Alternative zur Erklärung und die lautet: Opportunismus, Feigheit, Skrupellosigkeit. Mit einem Satz: Die militärische Führung der Bundeswehr hat auf Anordnung der Bundesregierung willfährig und vorbehaltlos schweren Völkerrechts- und zugleich Verfassungsbruch begangen, indem sie mit Tausenden von Soldaten dem Imperium Americanum Beihilfe zu einem eindeutigen Aggressionskrieg leistete. Ein Akt politischer Kriminalität! Der Skandal besteht indes darin, dass sich die militärischen Handlanger des Völkerrechtverbrechens nach wie vor in Amt und Würden befinden und auch kein einziger der politisch Verantwortlichen bislang zur Rechenschaft gezogen wurde. Hätte die deutsche Generalität auch nur einen Funken Ehrgefühl sowie Rechts- und Moralbewusstsein im Leibe, so hätte der Generalinspekteur im Verein mit seinen Teilstreitkraftinspekteuren sich geweigert, den völkerrechts- und verfassungswidrigen Ordres der rot-grünen Bundesregierung Folge zu leisten ganz so wie dies, leider als einziger in der gesamten Armee, der Bundeswehrmajor Florian Paff vorbildhaft demonstriert hat.« Über die soldatische Ehre hinaus aber ruhen auch alle weiteren innerhalb des Militärs verbindlichen Werte wie beispielsweise das Vertrauen von Untergebenen in ihre Vorgesetzten, die dienstliche Autorität, die Gehorsamsbereitschaft, der Anspruch auf Loyalität und Respekt sowie letztlich die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr insgesamt auf dem Fundament der Rechtmäßigkeit der Ausübung der Befehlsgewalt. Diese aber war durch das Handeln der deutschen Generalität nicht mehr gewährleistet, weshalb nicht ich mit meinem Beitrag im Ossietzky gegen soldatengesetzliche Dienstpflichten verstoßen habe, sondern umgekehrt all jene militärischen Vorgesetzten in hohen und höchsten Positionen, welche die Bundeswehr in das Völkerrechtsverbrechen gegen den Irak und seine Menschen verwickelt haben. Keinesfalls habe ich mit meinen inkriminierten Äußerungen, die sich klar erkennbar einzig und allein mit der Problematik völkerrechts- und verfassungswidriger Einsätze befaßten, die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr beeinträchtigt. Die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr für den Fall völkerrechts- und grundgesetzkonformer Einsatzaufträge kann durch solche Einlassungen nie und nimmer beeinträchtigt werden. Ganz anders stellt sich freilich die Lage dar, wenn politische und militärische Entscheidungsträger die Bundeswehr in völkerrechtlich umstrittene und verfassungsrechtlich prekäre Einsätze befehlen. In einem solchen Fall soll und darf die Bundeswehr gar nicht funktionieren. Hierin besteht doch gerade die Raison d`être der vor dem Hintergrund der ultimativen deutschen Katastrophe des Zweiten Weltkrieges und des desaströsen Versagens der Wehrmachtsführung neugegründeten Bundeswehr: daß durch die kategorische Rechtsbindung der Streitkräfte ein erneuter Mißbrauch deutschen Militärs zu völkerrechts- und verfassungswidrigen Zwecken unter allen Umständen ausgeschlossen werden soll. Deshalb fordert doch die Konzeption der Inneren Führung mit ihrem Leitbild vom Staatsbürger in Uniform genau den Soldatentypus, der zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden versteht und sich im Zweifelsfalle rechtswidrigen Befehlen widersetzt. Genau aus diesem Grunde pflegt doch die Bundeswehr die Tradition der Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944, allen voran die des Obersts im Generalstab Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Oder sollte in der Bundeswehr von heute die althergebrachte Maxime des Prinzen Friedrich Karl von Preußen in Vergessenheit geraten sein, der 1860 einen seiner Majore mit den Worten zurechtgewiesen hatte: »Herr, dazu hat Sie der König zum Stabsoffizier gemacht, damit Sie wissen, wann Sie nicht zu gehorchen haben«? Allerspätestens seit der Rede, die der schwer erkrankte britische Schriftsteller Harold Pinter im Dezember letzten Jahres verlesen ließ, als ihm der Literaturnobelpreises verliehen wurde, kann kein Zweifel mehr fortbestehen, worum es sich bei dem von den USA und ihren Vasallen angezettelten Krieg im Zweistromland realiter handelte: »Die Invasion des Irak war ein Banditenakt, ein Akt von unverhohlenem Staatsterrorismus, der die absolute Verachtung des Prinzips von internationalem Recht demonstrierte. Die Invasion war ein willkürlicher Militäreinsatz, ausgelöst durch einen ganzen Berg von Lügen und die üble Manipulation der Medien und somit der Öffentlichkeit; ein Akt zur Konsolidierung der militärischen und ökonomischen Kontrolle Amerikas im mittleren Osten unter der Maske der Befreiung, letztes Mittel, nachdem alle anderen Rechtfertigungen sich nicht hatten rechtfertigen lassen. Eine beeindruckende Demonstration einer Militärmacht, die für den Tod und die Verstümmelung abertausender Unschuldiger verantwortlich ist. Wir haben dem irakischen Volk Folter, Splitterbomben, abgereichertes Uran, zahllose willkürliche Mordtaten, Elend, Erniedrigung und Tod gebracht und nennen es dem mittleren Osten Freiheit und Demokratie bringen. Wie viele Menschen muss man töten, bis man sich die Bezeichnung verdient hat, ein Massenmörder und Kriegsverbrecher zu sein? Einhunderttausend? Mehr als genug, würde ich meinen. Deshalb ist es nur gerecht, dass Bush und Blair vor den Internationalen Strafgerichtshof kommen. ...« Harold Pinter verharrte aber nicht in Empörung und Anklage. Er schrieb: »Ich glaube, daß den existierenden kolossalen Widrigkeiten zum Trotz die unerschrockene, unbeirrbare, heftige intellektuelle Entschlossenheit, als Bürger die wirkliche Wahrheit unseres Lebens und unserer Gesellschaften zu bestimmen, eine ausschlaggebende Verpflichtung darstellt, die uns allen zufällt. Sie ist in der Tat zwingend notwendig. Wenn sich diese Entschlossenheit nicht in unserer politischen Vision verkörpert, bleiben wir bar jeder Hoffnung, das wiederherzustellen, was wir schon fast verloren haben die Würde des Menschen.« Mich der elementaren Wucht dieser » wirklichen Wahrheit« zu entziehen, wenn ich meinem Selbstverständnis als demokratischer Staatsbürger in Uniform treu bleiben wollte, war ein Ding der Unmöglichkeit. Deshalb stand für mich zu keiner Sekunde in Zweifel, daß ich nicht schweigend zusehen konnte, wenn die militärische Führung der Bundeswehr allen voran die Spitzen der Generalität, die als sicherheits- und militärpolitische Berater eine herausgehobene Funktion im Regierungsapparat ausüben, mit der sie auf die politische Willensbildung bei der Entfesselung oder Förderung eines Angriffskriegs Einfluss nehmen können auf Anordnung der Bundesregierung dienstbeflissen und vorbehaltlos schweren Völkerrechts- und zugleich Verfassungsbruch beging, indem sie mit Tausenden von Bundeswehrsoldaten dem Imperium Americanum Beihilfe zu einem eindeutigen Aggressionskrieg leistete und hierdurch auch mich, allein aufgrund meiner Zugehörigkeit zu diesen Streitkräften, in das Verbrechen zu verwickeln drohte. Und deshalb empfinde ich es als schlechterdings schamlos und unerhört, daß dieselbe Generalität, die sich als entweder zu feige, zu opportunistisch oder zu skrupellos erwiesen hat, ihrer besonderen Verantwortung nachzukommen, indem sie nämlich dabei versagt hat, einer politischen Willensbildung, die erkennbar auf die Unterstützung eines völkerrechtlichen Verbrechens gerichtet war, entgegenzuwirken, sich nunmehr zum Opfer desjenigen stilisiert, der nichts weiter getan hat und weiterhin tun wird, als diese » wirkliche Wahrheit« als Bürger (in Uniform) auf Grundlage seiner verfassungsmäßig verbrieften Rechte öffentlich kundzutun.
Erschienen in Ossietzky 21/2006 |
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