Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Vor der Statistik sind alle gleichSigurd Schulze Die Statistik ist eine Hure. Man muß nur weit genug verallgemeinern, und schon liegen Freund und Feind friedlich in einer Kiste. In der Ausstellung »Erzwungene Wege. Flucht und Vertreibung im Europa des 20. Jahrhunderts« im Berliner Kronprinzenpalais wird in der Abteilung »Flucht über die Ostsee« mitgeteilt: In den letzten zwölf Monaten des Krieges gelang 2,5 Millionen Deutschen, darunter 500.000 bis 600.000 Verwundeten und Soldaten, die Flucht über die Ostsee. 1.081 Schiffe transportierten die »Flüchtlingsmassen« aus Ostpreußen, Pommern, Danzig und Westpreußen. »Auslöser der Fluchtwelle war der Vormarsch der Roten Armee.« Deutsche Gauleiter und Ortsguppenführer hatten also nichts damit zu tun. Die Schiffe wurden von sowjetischen U-Booten beschossen und von alliierten Luftstreitkräften bombardiert. Mit 200 Schiffen gingen 40.000 Flüchtlinge und Soldaten unter. Die Versenkung des ehemaligen »Kraft durch Freude«-Dampfers »Wilhelm Gustloff« am 30.1.1945, der »Steuben« am 4.1.1945, des Frachters »Goya« am 16.4.1945 und der »Cap Arkona« am 3.5.1945 »gehörten zu den dramatischsten und verlustreichsten Schiffsuntergängen der Weltgeschichte«. Dramatisch stimmt, Weltgeschichte stimmt auch. Woher aber kam die »Cap Arkona« am 3. Mai, wohin wollte sie, und wer waren die Teilnehmer der Fluchtwelle vor der Roten Armee? Wieder gibt darüber eine Tafel korrekte Auskunft: Seit Februar 1945 war die »Cap Arkona« ein Flüchtlingsschiff. Ende April erhielt sie mit zwei anderen Schiffen den Sonderauftrag, Häftlinge aus dem KZ Neuengamme aufzunehmen. Unter den 9.000 Gefangenen ging die Angst um, daß die Schiffe von deutschen U-Booten versenkt werden sollten. Sie wurden völlig überraschend von der britischen Luftwaffe bombardiert. Alles genau wie es war. Nur ein paar winzige Details waren anders: Die KZler wären sehr gerne geflüchtet, aber die SS verfrachtete sie auf die Schiffe. Ein Plan zum Aufstand wurde zunichte gemacht, weil die illegale Leitung auseinandergerissen wurde. Himmler hatte befohlen: Kein Häftling darf lebend in die Hände der Alliierten fallen. Erwin Geschonneck, Überlebender der »Cap Arkona«, schildert in seinem Buch »Meine unruhigen Jahre«, wie es war. Das Schiff wurde von britischen Flugzeugen versenkt. Von 4.000 Gefangenen überlebten 350. Von der nahen deutschen Küste aus halfen weder Seeleute noch Fischer den hilflos auf dem Meer Treibenden. Der Historiker Rudi Goguel stellte später anhand der Bordbücher der Flugzeuge fest: Die Flieger wußten nicht, daß Häftlinge auf den Schiffen waren. Sie sollten das deutsche Schiffspotential auf der Ostsee vernichten. Einer der dramatischsten und verlustreichsten Schiffsuntergänge der Weltgeschichte – nicht gelogen Allerdings wollten die Häftlinge nicht aus dem Osten »ins Reich«, weg vor den Russen. Sie wurden von sicherem deutschen Boden aufs Schiff getrieben, ins Ungewisse, damit die Alliierten nicht erfuhren, was los war. Von den 40.000 toten deutschen Flüchtlingen und Soldaten waren 8.550 KZler, darunter Hunderte Russen im Bananenbunker der »Cap Arkona«, die die SS nicht herausließ. Eine kleine Ungenauigkeit in der Zuordnung. Statistisch sind sie alle tot.
Erschienen in Ossietzky 19/2006 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |