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Im Alter von wenigen Monaten hat sie einst ihre Heimat verlassen müssen. Sie trauert um die Heimat, an die sie keine Erinnerung hat und die auch nicht die Heimat ihrer Eltern war, sondern deren angriffskriegsbedingter kurzzeitiger Aufenthaltsort. Und sie läßt uns mittrauern. Denn wir alle brauchen dieses tiefe, edle Gefühl, um endlich großmächtig werden zu können. 60 Jahre haben wir schweigen müssen. Jetzt wollen wir reden. Selbst »der mündigste aller Zeitgenossen«, als den Martin Walser nunmehr Günter Grass adoriert, konnte »60 Jahre lang nicht mitteilen, daß er ohne eigenes Zutun« wie immer sich Walser das vorstellt, jedenfalls muß Grass ein unschuldiges Opfer gewesen sein »in der Waffen-SS gewesen ist. Das wirft« Walser läßt seine Stimme beben »ein vernichtendes Licht auf unser Bewältigungsklima mit seinem normierten Denk- und Sprachgebrauch.« Will sagen: 60 Jahre lagen wir in den Ketten des Antifaschismus. Darum mußte Grass das Nobelpreiskomitee in seinem Lebenslauf täuschen, sonst hätte er den Preis womöglich nicht bekommen ein Opfer der »Auschwitz-Keule«, von der Walser schon in der Paulskirche sprach, um sich für einen Friedenspreis zu bedanken. Aber jetzt lassen wir deutsche Opfer uns nicht länger niederhalten. Wir übernehmen Verantwortung und schaffen Ordnung. Weltweit auch in Nahost, wenn man uns läßt. Unsere Bundeswehr, so sagen der SPD-Vorsitzende Beck, der zuständige Minister Jung und ihr Generalinspekteur Schneiderhan, ist dazu fähig. Ihr war schon im Ministerialblatt des Bundesverteidigungsministers vom 1. 9. 1956 wenige Tage nach dem KPD-Verbot gestattet worden, Soldaten und Offiziere der Waffen-SS zu übernehmen. In mehreren Ländern beteiligt sie sich inzwischen am »Krieg gegen den Terror«. An der Seite der USA. Und Isra-els. Das wir seit Jahrzehnten mit Waffen beliefern, neuerdings sogar mit atomwaffenfähigen U-Booten. Wogegen kein US-Präsident und keine Internationale Atomenergie-Behörde Einspruch erhebt, schließlich sind wir nicht der Iran, sondern dürfen uns zu den Herrenmenschenvölkern rechnen. Gegen das Vorgehen des israelischen Militärs im Gaza-Streifen und im Libanon haben wir nichts einzuwenden. Kritiklos akzeptieren wir die Propaganda, mit der die Regierung Olmert die Angriffe zu rechtfertigen versucht. Ein israelischer Soldat wurde von der Hamas, zwei wurden von der Hisbollah gefangen genommen. Für die Gefangennahme der Mehrheit des gewählten palästinensischen Parlaments und etlicher Minister interessieren wir uns nicht. Uns imponiert es, wie die Regierungen Israels seit Jahrzehnten UN-Resolutionen mißachten, wie die Luftwaffe in den vergangenen Wochen die Infrastruktur des Libanon zerstörte, wie nebenbei hunderte Kinder und auch UN-Beobachter getötet wurden Kollateralschäden. Uns imponiert General Halutz, der, gefragt, was er spürt, wenn er eine 1-Tonnen-Bombe ausklinkt, antwortet: »einen leichten Schlag auf den einen Flügel« und hinzufügt, nach solchen Einsätzen könne er nachts sehr gut schlafen und der im selben Interview Uri Avnery und dessen Freunde in der israelischen Friedensbewegung als »Verräter« beschimpft, die vor Gericht gehören. Das ist unsere Sprache. Herrenmenschensprache. Auf der großen Friedenskundgebung am 12. August in Berlin, von den Medien zumeist ignoriert, sagte Fanny-Michaela Reisin, Sprecherin der Gruppe »Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden«: »Die Regierenden in Israel haben die Stirn, sich auf meine ermordeten Vorfahren zu berufen. Die Toten können sich nicht wehren. Aber ich spreche Ihnen, Ministerpräsident Olmert, Verteidigungsminister Peretz und Chefkommandierender Halutz, das Recht ab, sich auf mein Gedenken an die schuldlos Ermordeten zu berufen, wenn rohe Gewalt Ihr Programm, Mord und Zerstörung Ihr Tun ist. Es schändet die Toten, wer im Gedenken an sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht.« Eine Million Vertriebene im Libanon, viele zerstörte Orte, Zehntausende Flüchtlinge auch in Israel aber von der Vertriebenenpolitikerin Steinbach kam kein Wort. Die Bundesregierung blockierte sogar die Forderung nach sofortigem Waffenstillstand. Herrenmenschen. Ohne Mitleid mit den Opfern.
Erschienen in Ossietzky 16/2006 |
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