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Der Text hier leicht abgewandelt wurde am 2. Juli 1946 nach dem »Schwarzen Samstag« von der israelischen Kampftruppe Hagana veröffentlicht. Im Gefolge einer gewagten Kommandoaktion durch die Palmach (»Schocktruppe« der Hagana), die einige Brücken in die Luft gesprengt hatte, entschied die britische Regierung Palästinas, einen im voraus gut vorbereiteten Plan auszuführen, dessen Codename »Agatha« war. Am 29. Juni 1946 schwärmten 17.000 britische Soldaten über alle jüdischen Städte und Kibbuzim, um Waffen und Dokumente zu konfiszieren und Führer der jüdischen Gemeinschaft zu verhaften. Die britische Regierung bekräftigte damit den Entschluß, den Terror auszumerzen. In Jerusalem besetzten die Soldaten das Büro der Jewish Agency, der faktischen Regierung des jüdischen »Staates innerhalb des Staates«, und konfiszierten viele Dokumente, die klar die engen Verbindungen der Jewish Agency mit dem »terroristischen Hauptquartier«, dem vereinigten Kommando der Hagana, des Irgun und der Stern-Gruppe nachwiesen. Die Soldaten brachen in die Wohnungen der politischen Führer der jüdischen Gemeinschaft ein und verhafteten die meisten »Minister« der Jewish Agency. Aber die Kommandeure der Untergrundorganisationen entschieden, den Kampf weiterzuführen, um den Briten zu beweisen, daß die Verhaftung der Führer sie nicht zum Schweigen bringen konnte. Der »Schwarze Samstag« wurde zu einem Meilenstein im Kampf gegen die Briten. Innerhalb eines Jahres verließen sie das Land. Die Ähnlichkeit zwischen der britischen »Agatha« und dem derzeitigen israelischen »Sommerregen« ist verblüffend. Wieder zeigt sich, daß jedes Besatzungsregime dazu verurteilt ist, die Aktionen seiner Vorgänger zu wiederholen, selbst wenn sie sich als hoffnungslos erwiesen haben. Das soll nicht heißen, daß alle Besatzer Toren sind sondern daß die Logik der Besatzung sie dazu verurteilt, törichte Maßnamen zu treffen. Das Ziel der gegenwärtigen Operation ist vorgeblich die Befreiung des Soldaten Gilad Shalit, der vom palästinensischen Untergrund (wozu verschiedene Organsationen gehören) bei einem Angriff, den sogar ein israelischer Militärexperte als »gewagte Kommandoaktion« bezeichnete, gefangengenommen wurde. Wenn unsere Armee ihren hohen militärischen Standard gehalten hätte, dann würde sie sofort alle Offiziere absetzen, die dafür verantwortlich sind, daß diese palästinensische Aktion gelingen konnte. Vor 50 Jahren wäre man so vorgegangen. Doch heute haben wir eine andere Armee. Keiner wurde entlassen. Die blamierten Kommandeure nannten den Angriff nur eben »einen terroristischen Akt«, die gegnerischen Kämpfer »Terroristen« und den gefangengenommenen Soldaten »gekidnappt«. Die Aktion beweist die Richtigkeit einer alten militärischen Maxime: Gegen jede Verteidigungsmaßnahme kann eine Angriffsmaßnahme gefunden werden und umgekehrt. Der Sicherheitszaun, der den Gazastreifen von allen Seiten außer vom Meer umgibt und nun auch im Westjordanland gebaut wird, kann Diebe abhalten und Leute, die in Israel Arbeit suchen, aber keine fest entschlossenen Kämpfer, die immer Wege finden werden, ihn zu überwinden ob oben drüber oder unten durch. Die »Entführung« des Soldaten diente als Vorwand für eine Operation, die schon seit langem vorbereitet gewesen sein muß. Der israelischen und internationalen Öffentlichkeit wurde seine Befreiung als Ziel vorgegaukelt, aber sein Leben geriet dadurch in größere Gefahr. Wenn israelische Soldaten in die Nähe seines Verstecks kommen, könnte er im Kreuzfeuer erschossen werden wie es vor einigen Jahre dem Soldaten Nachshon Waksman erging, der von der Hamas gefangengenommen worden war. Er starb im Schußwechsel zwischen Soldaten und Palästinensern. Waksman würde wahrscheinlich heute noch leben, wenn man sich zu einem Gefangenenaustausch bereitgefunden hätte. Eine Verbindung zwischen dem »entführten Soldaten« und der Operation »Sommerregen« besteht nur im Reich der Propaganda. Das Ziel dieser Operation ist viel weiter gesteckt: die gewählte palästinensische Regierung (nach israelischer Propaganda »Hamas-Regierung«) zu vernichten und die palästinensische Bevölkerung in die Knie zu zwingen. Um den »Konvergenz«-Plan auszuführen, der vorsieht, große Teile der Westbank zu annektieren und die Errichtung eines lebensfähigen palästinensischen Staates zu verhindern, versucht die israelische Regierung, die palästinensische Führung zu liquidieren, die palästinensische Infrastruktur zu zerstören, den Zugang der Palästinenser zu Lebensmittel- und Medizinvorräten, zu Strom, Wasser, Gesundheitsdiensten und nicht zuletzt zu Arbeitsstellen zu sperren, um sie zum Aufgeben zu zwingen. Die Botschaftet an die Palästinenser lautet: Wenn Ihr Eurem Leiden ein Ende setzen wollt, entfernt die von Euch gewählte Regierung. Führt das zum Erfolg? Es wird genau wie bei der britischen Operation »Agatha« das Gegenteil bewirken. Alle Fehlschläge unserer Armee von der Schlacht von Karameh 1968 über die Überquerung des Suezkanals zu Beginn des Yom-Kippur-Krieges bis zu den beiden Intifadas liegen in der abgrundtiefen Verachtung unserer Armeekommandeure gegenüber Arabern im allgemeinen und Palästinensern im besonderen begründet. Der Inlandsgeheimdienst Shin Bet trifft beim Verhör auf Gefangene, die unter Folter bereit sind, alles zu sagen, und auf widerwärtige Kollaborateure, die ihre Cousins für Drogen und Geld verraten. Die Besatzungskommandeure können sich nicht vorstellen, daß die Palästinenser genau so reagieren wie jedes andere Volk, genau Gott behüte! wie wir in ähnlicher Situation. Was, diese jämmerlichen Araber sind wie wir? Die Erfahrung lehrt, daß sich jedes Volk gleich verhält, wenn ein ausländischer Feind seine Führung angreift. Es ist also ziemlich sicher, daß Hamas aus diesem Test gestärkt hervorgeht. Der Vorwand für die Operation die Befreiung des gefangenen Soldaten wird die Haltung der Palästinenser nur verhärten. Kein Thema ist ihnen wichtiger als die Entlassung der palästinensischen Gefangenen eine Sache, die 10.000 palästinensische Großfamilien in jeder Stadt, jedem Stadtteil und Dorf unmittelbar betrifft. Diese Familien sind bereit, alles zu erleiden, damit ihre gefangenen Väter, Söhne, Brüder freigelassen werden. Das zweite Opfer der Operation ist der »Konvergenz«-Plan, der lächerlich geworden ist. Ein gewöhnlicher Israeli sieht es so: Wir haben den Gazastreifen verlassen und nun kehren wir dahin zurück. Wir haben dort die Siedlungen aufgelöst und werden dafür jetzt vom Gazastreifen aus mit Qassam-Raketen beschossen. Sharon ist gescheitert und so wird Olmert zweifellos erst recht scheitern. Das stimmt aus ganz einfachen Gründen: Der Rückzug aus dem Gazastreifen hat keine Sicherheit gebracht, weil er ohne einen Dialog oder ein Abkommen mit den Palästinensern vorgenommen wurde. Er hat den Frieden nicht näher gebracht, weil er mit der offenen Absicht verbunden war, große Teile der Westbank zu annektieren. Und was nicht weniger wichtig ist wir verließen zwar den ganzen Gazastreifen, verbarrikadierten ihn aber und schnitten ihn so von der Außenwelt ab. Und Olmert mit seinem »Konvergenz«-Plan will die Palästinenser noch perfekter einschließen. Doch der »Sommerregen« könnte den Plan weggeschwemmt haben. Von der Redaktion gekürzt. Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs und Christoph Glanz
Erschienen in Ossietzky 14/2006 |
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