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Er konnte »Die Menschheit am Scheideweg« nicht vollenden. Zwölf uniformierte Sicherheitsbeamte hinderten ihn daran, den vom jungen Nelson Rockefeller unterzeichneten Vertrag zu erfüllen. War es nur das Lenin-Portrait, das störte? Elf Monate später war das Wandbild zerstört. Die Malerin Frida Kahlo, Diego Riveras Ehefrau, nahm an Protestdemonstrationen teil, schrieb Briefe, tat alles, um ihrem Mann zu helfen. Sie war seit 1928 Mitglied der Kommunistischen Partei, aus der Rivera 1929 ausgeschlossen wurde. 1937 schaffte er es, eine Aufenthaltsgenehmigung für Trotzki und dessen Frau in Mexiko zu bekommen, als kein Land mehr ihnen Asyl gewähren wollte. Sie konnten zwei Jahre lang in Fridas Geburtshaus wohnen. Im Bucerius-Kunstforum in Hamburg, im Jahr 2006, sind Bilder Frida Kahlos ausgestellt, fast alle aus dem privaten Museo Dolores Olmedo Patiño in Xochimilco, Mexiko. Außerdem Leihgaben von verschiedenen Museen und Galerien mit Bildern der europäischen Avantgarde. Und altmexikanische Plastiken. »Die Kunst von Frida Kahlo ist wie ein Band um eine Bombe«, hatte André Breton geschrieben. Er sah sie als eigenständige surrealistische Künstlerin, war begeistert, daß es das in Mexiko gab. Frida ließ ihn in seinem Glauben, sie sei unbeeinflußt von den europäischen Künstlern. Die Konzeption der Ausstellung ist der Versuch, genau diese unbestreitbaren Einflüsse zu demonstrieren. Allein schon das Zusammenleben mit Rivera, der lange in Europa gewesen war, hatte Auswirkungen auch auf Fridas Kunst. Ortrud Westheider, die künstlerische Leiterin, fand viele Hinweise auf Kunstkataloge im Hause Kahlos und auf persönliche Begegnungen mit Künstlern, die in den 30er Jahren emigrieren mußten. Rivera hatte Aufträge für Fresken in New York, Detroit und San Franzisko angenommen, das warf ihm die KP vor, auch noch nach seinem Ausschluß. Fridas Reise nach Paris 1939 zu ihrer von Breton angeregten, aber chaotisch vorbereiteten Ausstellung brachte sie mit Künstlern wie Picasso, Max Ernst, Kandinsky, Miro, Tanguy, Paalen zusammen. In einem Brief an einen Freund beklagt sie sich über die verkommenen, schmarotzenden Intellektuellen und Künstler, die nur in Cafés herumsitzen. Sie ist verzweifelt über den Ausgang des Spanischen Bürgerkriegs. Mit Diegos Hilfe bewirkt sie die Organisation eines Transports für 400 Flüchtlinge nach Mexiko. Im Bucerius-Kunstforum das berühmte Bild von 1944 »Die gebrochene Säule«. Dazu im Umkreis Bilder von Giorgio de Chirico, Max Ernst, Renè Magritte und Salvador Dali. Was sind surrealistische Einfälle – ein Räderwerk oder geborstene Säulen im Inneren eines Menschen – gegen den hautnah empfundenen Schmerz der Wirbel-Säule, die brach (bei einem Busunfall Fridas 1925) und ihr Qual bereitet ein Leben lang. Einer antiken Säule nachgebildet – Frida stellt sich selbst dar, ihre Tränen, ihr wie mit Nägeln durchbohrtes Fleisch. »Die Maske (des Wahnsinns)«, 1945 gemalt, ist Tarnung. Nicht die Künstlerin, nicht ihr Selbstbildnis weint, die rote Maske mit violettem Haar hat diese verschleierten Augen. Die Collagen von Hannah Höch von 1929/30, die Masken, Figurenteile, der Volkskunst entlehnt, wirken spielerisch dagegen. Auch die mexikanische Amme trägt eine dunkle Maske im Gemälde von 1937 »Meine Amme und ich«. Die Milchdrüsen sind freigelegt, wie Zweige eines Baumes oder Blütengeflecht anmutend. Der Säugling hat Fridas Gesicht. Auch der Himmel spendet Milch wie Regen. Ein schreckliches Bild von 1945 heißt »Ohne Hoffnung«. Frida im Krankenbett. Ein Trichter soll ihr Nahrung einflößen, weil sie so abgemagert ist. Fischkopf und Suppenhuhn, ein Totenkopf und Würste, Fleisch, Fleisch – der Trichter wie der Schlund eines Menschen. Oder kommt all das aus ihr wieder heraus, ungenießbar? Frida Kahlo hat viele Selbstbildnisse geschaffen, sich selbst stilisiert, fast zur Ikone, auf Fotos ist sie genauso dargestellt. Sie hat ihr Leiden zum Thema gemacht, aber sie hat auch die Fähigkeit zum Mitleiden besessen, hat sich eingesetzt für Unterdrückte. Als sie starb, 1954, trauerte Mexiko. Der Sarg war von einer roten Fahne umhüllt, man sang die Internationale. Die Ausstellung ist noch bis zum 17. September zu sehen.
Erschienen in Ossietzky 13/2006 |
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