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Deren Fazit lautet: »Mit dem Kurs der wirtschaftlichen Vernunft ist die FDP die einzige wirkliche Arbeitnehmerpartei Deutschlands.« Der Beweis fällt ganz leicht: Die wirtschaftliche Vernunft gebietet es den Arbeitnehmern, so zu denken wie ihre Arbeitgeber. Wenn sie nämlich anders dächten, also höhere Löhne, mehr Sozialleistungen, eine stärkere Gewinnbesteuerung forderten, würden die Arbeitgeber die Lust verlieren, zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen. Sie würden vor lauter Unlust ins Ausland gehen und Arbeitsplätze mitnehmen. Dann hätten Arbeitnehmer keine Arbeit mehr, was nicht in ihrem Interesse läge. Also sind ihre Interessen identisch mit denen ihrer Arbeitgeber, und die FDP, die das als einzige Partei klar und deutlich ausspricht, ist die einzige wirkliche Arbeitnehmerpartei Deutschlands. Westerwelle weiß, worin sich alle einig sind: »Bürger und Betriebe brauchen Steuersenkung und Steuervereinfachung, damit investiert und konsumiert werden kann.« Weil Investition doch letzten Endes das Gleiche ist wie Konsum. Und weil doch beide, Investoren wie Konsumenten, ungern auch nur einen Cent Steuern zahlen. Die Reichensteuer wird von der FDP schon deshalb abgelehnt, weil sie eine Steuer ist: »Dabei geht es uns nicht um einige wenige Reiche. Es geht uns um die Beschäftigten. Die sind die Opfer, wenn Arbeitsplätze weiter in unsere Nachbarländer verlagert werden, wenn Kapital vertrieben wird, wenn Investitionen blockiert werden.« Wer aber sind die Täter? Selbstverständlich alle, die den Vermögenden und Besserverdienenden etwas abknöpfen wollen. Nur schade, daß Westerwelle sich hier ein wenig verplappert hat. Wer Augen hat, zu lesen, merkt, daß er im einen Satz von »einigen wenigen Reichen«, im anderen vom »Kapital« redet, das sich also offenbar in den Händen von einigen wenigen Reichen befindet. Macht nichts: Sie investieren es ja und schaffen Arbeitsplätze, wie man seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts gesehen hat – falls sie nicht die Lust daran verlieren, weil »Schwarz-Rot den Weg in die bürokratische Staatswirtschaft einschlägt«. Man dachte, die DDR mit ihrer bürokratischen Staatswirtschaft sei beendet, aber nach Westerwelle steht sie uns schon wieder bevor, wenn alle, auch die »einigen wenigen Reichen«, in die Sozialkassen einzahlen sollen: »Die Bürgerversicherung ist der falsche Weg in die staatliche Zwangskasse.« Westerwelle übertrifft hier noch Adornos berühmtes Diktum, es gäbe kein richtiges Leben im Falschen, wenn er den falschen Weg ins Falsche geißelt. Der richtige Weg ins Richtige: Die Arbeitnehmer müssen aufhören, sich gegen Arbeitszeitverlängerungen zu stemmen. Denn »18 Minuten Mehrarbeit sind akzeptabel, wenn der Arbeitsplatz sicher ist… Es gibt kein Land der Welt, das nach der Devise ›Aufschwung durch Freizeit‹ aus der Krise gekommen ist.« Aufschwung durch weniger Freizeit heiße also unsere Devise. Wer länger arbeitet, sichert seinen Arbeitsplatz, weil der Arbeitgeber dann nicht die Lust verliert, ihn zu beschäftigen. Im letzten Bundestagswahlkampf zog Angela Merkel mit der Parole übers Land: »Sozial ist, was Arbeit schafft.« Die von Großunternehmern gesponserte »Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft« hatte sie ihr kostenlos zur Verfügung gestellt. Genau betrachtet, hieß das: Wenn die Senkung von Löhnen, Sozialleistungen und Gewinnsteuern den Arbeitgebern Lust und Laune macht, zu investieren, dann ist das sozial. Falls dabei keine zusätzlichen Arbeitsplätze herausspringen, werden die noch vorhandenen wenigstens gesichert. Sozial ist also, was früher einmal unsozial genannt wurde: Kürzungen bei den kleinen Leuten und Steuergeschenke für die Großen. Verkehrte Welt? Nein: die Kunst, Rot aus Schwarz oder Schwarz aus Rot zu machen. Westerwelle kann es noch besser als Angela Merkel: »Sozial ist ein Land doch nicht, wenn es die höchsten Sozialausgaben hat. Sozial ist ein Land, wenn die Bürger es schaffen, durch eigene Leistung das eigene Leben zu gestalten.« Das sozialste Land wäre demnach dasjenige, das überhaupt keine Sozialausgaben hat, weil jeder Bürger allein seine Lebensrisiken auf sich nimmt. Wahrlich, die FDP ist die einzige wirkliche Arbeitnehmerpartei Deutschlands. »Wir haben nichts gegen Gewerkschaften… Wir haben aber etwas gegen die selbstvergessene Macht von einigen Gewerkschaftsfunktionären. Wenn deren Interessenspolitik den Arbeitsplätzen und den Arbeitnehmern schadet, kritisieren wir das.« Das wollte Westerwelle den in Berlin versammelten Gewerkschaftsfunktionären unter die Nase reiben. Wäre es da nicht besser, Westerwelle als Vorsitzender der einzigen wirklichen Arbeitnehmerpartei Deutschlands wählte die Funktionäre gleich selbst aus, die keinen Schaden anrichten? Noch besser: Die Arbeitgeber, deren »Interessenspolitik«, wie wir festgestellt haben, ja haarscharf den Interessen ihrer Arbeitnehmer entspricht, wählten sich ihre Gewerkschaften selber. Dann herrschte endlich Harmonie in den Betrieben und es könnte ungestört gearbeitet werden – nach Bedarf auch einmal etwas länger und zu jedem Mindestlohn, den der Markt hergibt. Das gab es schon einmal, es hieß »gelbe Gewerkschaft« und entspräche auch farblich der einzigen wirklichen Arbeitnehmerpartei Deutschlands.
Erschienen in Ossietzky 12/2006 |
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