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Als unmittelbare Folge würden dann gegen weniger Yuan mehr, noch mehr US-Dollar in die chinesische Staatskasse fließen. Wo könnten die dort ohnehin schon lagernden Übermengen an Dollar noch investiert werden? Wie könnte sich Peking, ohne dabei gar zu große Verluste zu machen, wenigstens von Teilen seines Dollarbestandes trennen? Diese Frage führt uns direkt zu der Ursache hochinfektiöser währungspolitischer Unsicherheit in ganz Fernost. Eine Antwort könnte sein, daß Peking zum »Petro-Euro« wechselt. Wenn das geschähe und sich ein Ölhandel nicht nur wie bisher zu Dollar-, sondern auch zu Euro-Preisen entwickeln würde, würde Öl zumindest vorübergehend preisgünstiger, was nicht nur für China interessant wäre. Fachleute erwarten den Preisrückgang, weil der Euro gegenüber dem US-Dollar die höhere Wertbeständigkeit biete. Bei 60 US-Dollar pro Barrel könnte das Öl für 42 bis 45 Euro zu haben sein; bezogen auf den aktuellen Ölpreis von 75 US-Dollar je Barrel wäre also mit 54 bis 57 Euro zu rechnen. Die Länder der Euro-Zone könnten mit eigenem Geld Öl einkaufen, was den US-Dollar zusätzlich schwächen würde. Das könnte sogar in eine Abwertungsspirale für den US-Dollar münden. So werden die Prognosen begründet, der US-Dollar könne seine Rolle als Leitwährung der Welt nicht mehr lange behaupten. Großbanken und intentional tätige Investment-Gesellschaften (darunter die Citi Bank und Goldman Sachs) sehen in denkbaren Dollarkurs-Stürzen für Fern-ost erhebliches wirtschaftliches und politisches Konflikt- und Gefahrenpotential. Demgegenüber könne Europa seine Volkswirtschaften auf Eurobasis relativ gut schützen. Europas währungspolitische Stabilität bilde sogar eine gewisse Garantie gegen eine Weltrezession katastrophalen Ausmaßes. Die VR China habe zwar auch beachtliche Euro-Devisenüberschüsse, aber doch von weit geringerem Umfang als in US-Dollar. Im übrigen konzentriert sich das wirtschaftliche Geschehen Europas auf den innereuropäischen Waren- und Dienstleistungsaustausch. Die Russische Föderation wendet sich, neben einigen Ölstaaten, zunehmend diesem europäischen Handelsraum zu. Europas globaler Güteraustausch ist, von dem mit den USA einmal abgesehen, ohne große Umstellungsprobleme auch auf Euro-Basis zu organisieren. Neue währungspolitische Szenarien sind möglich. An grundlegende Änderungen glauben allerdings nur wenige Fachleute. Lediglich Außenseiter wie der in Sofia lehrende Makro-Ökonom Krassimir Petrov meinen, daß sich der Euro allmählich neben dem US-Dollar oder gar an dessen Stelle als Leitwährung der Welt etablieren kann. Nicht seitens der US-Währung und der US-amerikanischen Schuldenberge droht nach Ansicht der Mehrheit der Ökonomen Gefahr für die globale Wirtschaft, sondern vom bevorstehenden Versiegen der Ölquellen. Was dann? Wenn es kein Öl mehr gibt, ist es ganz egal, ob dafür nichts in Dollar oder nichts in Euro zu zahlen wäre. Wer fragt danach? Auch in Deutschland steht das Thema »Energieversorgung der Zukunft« nicht auf der Tagesordnung. Obwohl Öl und Ölprodukte hierzulande den Löwenanteil am Primärenergieverbrauch haben: 36,4 Prozent. Kohle ist nur mit 24,9 Prozent und Erdgas lediglich mit 22,4 Prozent am Gesamtverbrauch beteiligt. 12 Prozent werden mit Atomstrom gedeckt, fast sechs Prozent mit Erneuerbaren Energien. (statistische Angaben aus dem Jahr 2004). Der Energieverbrauch insgesamt ist zwar geringfügig rückläufig, während sich der Versorgungsanteil der Erneuerbaren Energien langsam vergrößert. Die Bundesregierung ist jedoch nur auf einen Anteil von 20 Prozent Erneuerbare Energien an der Energieversorgung eingestellt. Dieses Ziel soll innerhalb der nächsten 15 Jahre erreicht werden. Wenn kein Öl mehr zur Verfügung steht, läßt sich die verbleibende Lücke aber weder mit vermehrtem Einsatz von Kohle decken noch mit mehr Gas. Mit mehr Atomenergie erst recht nicht. Was könnte, was soll also geschehen? Darauf bleibt Berlin die Antwort bisher schuldig. Eine dauerhafte und ausreichende Energieversorgung ist, wenn man einmal von der Ausbeutung der Methanhydrate auf dem Meeresboden entlang der Kontinentalschelfe absieht, im Grunde nur bei Umstellung auf die Energieträger Ethanol (Bio-Alkohol) und Wasserstoff denkbar. Der Wasserstoff dürfte aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen aber nur zum geringsten Teil und nur übergangsweise noch mittels Atomenergie bzw. unter Verwendung fossiler Brennstoffe hergestellt werden; im Wesentlichen müsste die Wasserstoffproduktion mittels Erneuerbarer Energie laufen. Das wäre nur im Rahmen einer supranationalen Zusammenarbeit auch vernünftig finanzierbar (s.a. »Zukunft Wasserstoff?«, Ossietzky 2002, Hefte 15 und 16). Schweden versucht in Ermangelung von Mitstreitern eine einzelstaatliche Lösung. Das Ministerium für Nachhaltige Entwicklung in Stockholm plant, bis zum Jahr 2020 vollständig auf Öl als Energiequelle zu verzichten. Zugleich soll auch der Verbrauch der anderen fossilen Energieträger drastisch zurückgefahren werden. Auf Atomkraft will Schweden völlig verzichten. Geplant ist die Komplett-Versorgung mit Erneuerbarer Energie aus Windkraft, Sonnenstrahlung, Wasserkraft, Biogas und Gezeitenkraftwerke in Kombination mit einem strikten Energiesparprogramm. Das ehrgeizige Konzept wurde Anfang März vorgestellt. Es geht also, guten Willen und Rückgrat gegenüber den traditionellen Energieversorgern vorausgesetzt. Es sei mir ein Fazit aus der Diskussion über US-Dollar, US-Hegemonie und globale Energiefragen gestattet. Die USA haben der Menschheit mit der Revolution von 1776 ein unschätzbares Geschenk gemacht, entscheidend zum Ende der Ära des Mystizismus beigetragen und der europäischen Aufklärung zum Durchbruch mitverholfen. Sie selbst haben nie versucht, ihren Idealen gerecht zu werden. Stattdessen haben sie den American dream längst wieder in einen Alptraum verwandelt, wie schon früher, zu Zeiten des Genozids an der amerikanischen Urbevölkerung und zu Zeiten der »Sklaverei« – nur diesmal haben sie die übrige Menschheit mit in diesen Albtraum gezogen. Sie werden ihre Rolle als Weltherrscher nicht aufgrund ihrer inneren sozialen Widersprüche verlieren, nicht wegen zu geringer wirtschaftlicher Leistung, nicht wegen ihrer Schulden, nicht wegen ihrer maroden Währung oder weil sie im Kampf ums restliche Öl trotz all ihrer militärischen Überlegenheit nicht siegen können; die letzten Kriege ums Öl werden nicht mehr nur von Staaten mittels Armeen und Waffen ausgetragen. Die USA werden nicht scheitern, weil sie sich mit ihrer wahnwitzigen und bis ins Weltall reichenden Hochrüstung finanziell ausbluten. Sie werden nicht am stärker werdenden Konkurrenten VR China scheitern, nicht wegen der Inhumanität des Kapitalismus, dessen zentrale Heimstatt sie wurden. Die US-Weltherrschaft wird nicht deshalb enden, weil die USA ihre eigenen Bürger mit Gesetzen wie dem »Patriot Act« gefesselt und sie einer Bande von erzreaktionären, betrügerisch-verlogenen, mörderisch-selbstsüchtigen, christlich-fundamentalistischen Eiferern und Öl-Lobbyisten wie Dick Cheney und Donald Rumsfeld ausgeliefert haben. Keiner dieser Gründe allein wird das Ende der US-amerikanischen Ära bringen – sondern sie alle zusammen.
Erschienen in Ossietzky 10/2006 |
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