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Zusätzlich will Minister Franz Josef Jung nun noch einen Einsatztruppenversorger mit 200 Soldaten nach Afrika schicken. Der EU-Militärauschuß kalkuliert bereits mit 3000, davon 900 deutschen Soldaten, Die Welt mit deutlich längerer Dauer. Wer in der Demokratischen Republik Kongo, dem früheren Zaire, einst Kolonie des belgischen Königs, kandidieren will, muß 50 bis 100 Dollar zahlen; nicht viele Bürger dieses armen Landes können so viel Geld aufbringen. Von einem Präsidentschaftskandidaten werden 50 000 Dollar verlangt. Die aktive Teilnahme an diesen Wahlen ist also nicht frei, sondern finanziell eingeschränkt. Warum will die EU mit Deutschland an der Spitze derart undemokratische Wahlen militärisch sichern? »Unsere Steuergelder wären für zivile Aufbauhilfe nützlicher eingesetzt«, verlangt Paul Schäfer, verteidigungspolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke im Bundestag. Wozu bewaffnete Wahlhelfer gut sein sollen, bleibt unklar – es sei denn, die Entsender haben anderes im Sinn. » Stabilität in der rohstoffreichen Region« nütze »der deutschen Wirtschaft«, teilt der Bundesverteidigungsminister mit. Eine der wichtigsten Rohstoff-Lagerstätten Zentralafrikas ist die Mine Lueshe im Osten des Kongo, auf die staatliche Stellen der Bundesrepublik Ansprüche erheben. Zu den Unternehmen, die seit Jahren Bodenschätze aus dieser Region beziehen – was auch in Bürgerkriegszeiten gelang –, gehört eine Tochtergesellschaft der Bayer AG, H.C. Starck, die zu den weltweit bedeutendsten Vorstoffproduzenten für die Hartmetall-Industrie gehört. Die DR Kongo verfüge »vor allem über strategische Rohstoffe (...), die für Europa wichtig sind«, erläutert der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff. Gemeint sind unter anderem Erze, die man für die Herstellung von Düsenmotoren und Raketenteilen benötigt. Fürs Militär wird jetzt weltweit jährlich etwa eine Billion Dollar ausgegeben. Für Entwicklungshilfe haben die regierenden Politiker dagegen nur 58 Milliarden übrig. Minister Jung versuchte sogar, den bewaffneten Kongo-Einsatz aus dem allgemeinen Topf des Bundeshaushaltes (Einzelplan 60) zu finanzieren – wie er überhaupt bestrebt ist, für militärische Ausgaben zivile Etats anzuzapfen. Wenn es nach ihm ginge, würden auch die knappen Mittel für Entwicklungszusammenarbeit oder für Forschung und Technologie oder die des Auswärtigen Amtes an den »Nimmersatt Bundeswehr« (Schäfer) verfüttert – Soldaten aber sind weder Entwicklungs- noch Wahlhelfer. Insgesamt sind bereits mehr als 7380 deutsche Soldaten im Ausland stationiert. Von Juli an können 6.600 deutsche Soldaten innerhalb von fünf Tagen der »NATO Response Force« (NRF) zur Verfügung gestellt werden. Der verantwortliche Minister Jung vermißt aber im Grundgesetz eine tragfähige Ermächtigung für Militäreinsätze im Ausland. Deswegen fordert er eine Verfassungsänderung. Langfristig halte er eine neue Definition des Verteidigungs- und des Bündnisfalles im Grundgesetz für wünschenswert, berichtete vor einigen Wochen die Tageszeitung (taz). Die Bundesregierung wolle lange Diskussionen – wie die um den geplanten EU-Einsatz im Kongo – vermeiden, so die Financial Times Deutschland . Allerdings, so Jung, sei die »öffentliche Diskussion« noch nicht so weit gediehen. Vorerst erwarte er keine Zweidrittelmehrheit für seinen Vorschlag im Bundestag. Deswegen plädiert er dafür, im ersten Schritt das Grundgesetz dahingehend zu ändern, daß das Militär künftig für die Luft- und Seesicherheit zuständig werde. Das laufe, so die taz , auf die Erlaubnis hinaus, die Bundeswehr auch im Inland einzusetzen. Gemeinsam mit Innenminister Schäuble zeigte sich Jung zuversichtlich, dafür die notwendige Zweidrittelmehrheit im Parlament zu erreichen. Der Minister schließt aber nicht aus, daß das Grundgesetz in dieser Legislaturperiode gleich mehrfach geändert werden könne. Denn von Januar 2007 an gelte für zusätzliche 1300 Soldaten, daß sie innerhalb von fünf Tagen an einer EU-Eingreiftruppe beteiligt werden können. Bisher muß das Bundestagsplenum über jeden neuen Auslandseinsatz entscheiden. In der Union sorgt man sich, daß, solange das Parlament diese Kompetenz behält, Militäraktionen nicht schnell genug »abgesegnet« werden könnten. Wenn aber »Bündnisaufgaben« im Grundgesetz verankert wären, könnten leichter »Vorratsbeschlüsse« gefaßt werden, um Einsätze zu autorisieren. Diverse Veröffentlichungen von der Financial Times Deutschland bis zur taz – die Spanne ist nicht groß – zeigen die Angst der Großen Koalition vor der Öffentlichkeit. Auslandseinsätze der Bundeswehr rufen immer die Friedensbewegung auf den Plan und mit ihr eine Öffentlichkeit, die in ihrer Mehrheit die Jugend unseres Landes nicht mit Waffen in andere Länder schicken will. Dieser friedliebenden Öffentlichkeit würden sich die Regierenden gern per Grundgesetzänderung entziehen. Um so notwendiger ist jetzt Öffentlichkeitsarbeit gegen die geplanten Grundgesetzänderungen.
Erschienen in Ossietzky 10/2006 |
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