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Nach iranischen Berichten ist u.a. der Ex-RAF-Terrorist und Neonazi Horst Mahler (70/Foto) als Teilnehmer im Gespräch... FDP-Generalsekretär Dirk Niebel zu BILD: ›Eine von der iranischen Staatsmacht veranstaltete Konferenz der Holocaust-Leugner mit deutscher Beteiligung wäre eine Schande für Deutschland...‹« So lasen wir es in der Bild -Zeitung vom 23.1.2006 auf Seite 2 in einem Text mit der Überschrift »Ausreiseverbot für deutsche Neonazis?« Daraus wurde die ap -Meldung vom gleichen Tag: »Der Iran plant eine Konferenz über wissenschaftliche Belege für den Holocaust. Laut Bild soll auch der einstige RAF-Terrorist und heutige Neonazi Horst Mahler als Konferenzteilnehmer im Gespräch sein.« Diese Meldung lasen wir einen Tag später, am 24.1.2006, unverändert in der taz . Der Fernsehsender n-TV machte daraus am 26.1.2006: »Der frühere Linksterrorist und jetzige NPD-Anwalt Horst Mahler und andere Rechtsextremisten wollen dem [ Bild -]Bericht zufolge an der Tagung teilnehmen« – als wäre »als Teilnehmer im Gespräch sein« das Gleiche wie ein bereits konkretes »teilnehmen wollen«. Woher aber hatte Bild seine Information, falls es eine war? Der US-amerikanische Sender CNN verbreitete am 16.1.2006: »Iran, whose president has labeled the attempt by Nazi Germany to exterminate Jews during World War II a ›myth‹ and called for the destruction of Israel, announced Sunday [also am 15.1.2006] it will hold a conference on the Holocaust. ›There will be a conference that will research the topic of the Holocaust and all ist dimensions in the future,‹ according to a statement on the state-run Islamic Republic News Agency ( IRNA ).« Eine solche Meldung können wir bei IRNA allerdings nicht finden, zumindest keine englischsprachige. Über Horst Mahler und über ein Forum für Holocaust-Leugner lesen wir in dieser CNN -Meldung nichts. Am 15.1.2006 hatte Reuters gemeldet: »Iran plant nach Angaben des Außenministeriums eine Holocaust-Konferenz. ›Das iranische Außenministerium hat entschieden, eine Konferenz über den Holocaust abzuhalten, um dessen Ausmaß wissenschaftlich zu bewerten und seine Konsequenzen zu diskutieren‹, sagte ein Ministeriumssprecher.« Daß es dabei um die Leugnung des Holocaust gehen soll, war auch der Reuters -Meldung nicht zu entnehmen. Wir gehen bei unserer Suche noch weiter zurück und entdecken einen Artikel auf Seite 41 im Feuilleton der FAZ vom 14.1.2006. In dieser besonders seriös daherkommenden »Zeitung für Deutschland« heißt es: »Auf der Liste der möglichen Teilnehmer scheinen allerdings eher fragwürdige ›Experten‹ auf: Dort stehen neben Irving der vom deutschen RAF-Terroristen zum Neonazi gewandelte Horst Mahler, der zum Christentum konvertierte Journalist Israel Shamir, der amerikanische Revisionist Arthur Butz und sein französischer Kollege Robert Faurisson.« Was ist das für ein Sachverhalt: »aufscheinen«? Ist Mahler nun eingeladen oder nicht? Das erfahren wir auch hier nicht. Dafür aber dies: »Die regimetreue ›Vereinigung islamischer Journalisten des Iran‹ sei von der Regierung beauftragt worden, eine internationale Holocaust-Konferenz zu organisieren, heißt es im Internetnachrichtenportal Adnkronos International.« Und tatsächlich, dieser italienische Informationsdienst hatte am 5.1.2006 eine Meldung mit der Überschrift »Iran: Holocaust Conference soon in Tehran« gebracht. Da werden wir auf das eingeschworen, was als der weltweite Konsens zu gelten hat: »Präsident Ahmadinedschad hat den Holocaust geleugnet und dazu aufgerufen, Israel dem Erdboden gleich zu machen.«. (Wie es sich mit diesen angeblichen Äußerungen verhält, haben wir schon in Ossietzky 7/06 untersucht.) Unter den Namen möglicher Konferenz-Gäste werden der israelische Journalist Israel Shamir, Horst Mahler, der Franzose Robert Faurisson und der Amerikaner Arthur Butz genannt. Und dann lesen wir, Mehdi Afzali, Sprecher der »Association of Islamic Journalists«, habe es »abgelehnt, die Namen der revisionistischen Historiker, zu denen bezüglich ihres Erscheinens bei der Konferenz Kontakt aufgenommen wurde, herauszugeben«. Was schließen wir daraus? Auch ohne Informationsquelle läßt sich schon mal eine Behauptung in die Welt setzen. An anderer Stelle erfahren wir, daß wissenschaftliche Vertreter der deutschen Bundesregierung und Großbritanniens Premier Tony Blair eingeladen seien. Das will die Financial Times Deutschland laut ihrer Ausgabe vom 30.1.2006 von Mohammad Ali Ramin, den sie als »wissenschaftlichen Berater« des iranischen Präsidenten bezeichnet, erfahren haben. Er habe »nach eigenen Angaben die Idee zu dem Projekt« geliefert und solle es federführend betreuen. Über Mahler heißt es in diesem Artikel: »Einem möglichen Konferenzgast, dem Neonazi und Holocaust-Leugner Horst Mahler, haben brandenburgische Behörden [...] vorsorglich für ein halbes Jahr den Reisepaß entzogen.«. Auf Mohammad Ali Ramin scheint dieser Hinweis nicht zurückzugehen. Ein Hinweis auf eine Einladung an Mahler ist das jedenfalls nicht. Zeit-Online hat sich bei Mahler selbst erkundigt. Dort lesen wir am 3.2.2006: »Auf Nachfrage teilte Mahler mit, er würde ›eine Einladung zwar nicht dementieren‹, von einer schriftlichen Anfrage zu sprechen, sei jedoch ›eine Überinterpretation‹.« Es sieht also ganz so aus, als sei hier eine Behauptung lanciert oder suggeriert worden, um eine Konferenz, von deren Konzept bisher nichts bekannt ist, und die Politik des Iran insgesamt so darzustellen, daß Präsident Ahmadinedschad irgendwie als der »neue Hitler« erscheint, als der er kriegspropagandistisch gebraucht wird. Was wir jetzt immer noch nicht wissen, ist, auf welche Weise Namen wie der von Mahler in Umlauf gebracht worden sind. Aber wenn wir bei IRNA, der iranischen Nachrichtenagentur, nachschlagen, gelangen wir schließlich zu der Feststellung, daß Mahler und die anderen Personen, die eine ähnliche Rolle spielen wie er, sich selber ins Spiel gebracht haben: indem sie an den iranischen Präsidenten geschrieben und ihre Schreiben gleich auch an IRNA geschickt haben. »In einem Brief an den iranischen Präsidenten Mahmoud Ahmadinedschad hat der deutsche Rechtsanwalt Horst Mehler [sic] den Holocaust geleugnet«, lesen wir in einer IRNA-Meldung vom 4.1.2006. Den Nachrichten dieser Agentur ist freilich auch zu entnehmen, daß es dort Redakteure geben muß, die für solchen Geschichtsrevisionismus empfänglich sind. Alles in allem: Die Operation Horst Mahler ist gelungen – so wie es gelungen ist, die manipulierten Äußerungen des iranischen Präsidenten, nämlich seine angebliche Leugnung des Holocaust und seinen angeblichen Aufruf, Israel dem Erdboden gleich zu machen, in Umlauf zu bringen, und zwar so wirkungsvoll, daß der Bundestag mit allen Parteien einschließlich Linkspartei sie verurteilte. Selbst manche Sprecherinnen und Sprecher der Friedensbewegung haben sich propagandistisch infizieren lassen.
Erschienen in Ossietzky 9/2006 |
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