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Er steht auf einem riesigen Findling und schaut über einen kleinen Teich zum Kurhotel, so als wollte er es gleich stürmen lassen. Auf zwei rückseitigen Bronzetafeln, an denen kein Kurgast auf seinem Rundgang durch den Park achtlos vorbeigeht, liest man: »Deutschlands großem Afrikaner. Hermann von Wissmann. Das dankbare Vaterland. Er kämpfte erfolgreich gegen den Sklavenhandel und für die Freiheit der Unterdrückten.« Es folgt sein Wahlspruch: »Inveniam viam aut faciam. Ich finde oder ich mache mir einen Weg.« Wer war dieser angebliche Kämpfer gegen den Sklavenhandel und für die Freiheit der Unterdrückten? (»Für die Freiheit der Unterdrückten« war die Lüge all derer, die das deutsch-ostafrikanische Koloniallied »Wie oft sind wir geschritten auf schmalem Negerpfad...« mit dem Refrain »Träger und Askari, heia, heia Safari« sangen. Das Lied war nicht nur fester Bestand in den Landserliederbüchern, sondern wurde noch nach 1945 auch ins CVJM-Liederbuch »Mundorgel« aufgenommen.) Hermann von Wissmann, 1853 in Frankfurt an der Oder geboren, ließ sich zum Leutnant ausbilden und durchstreifte seit 1880 den afrikanischen Kontinent, zunächst im Dienste der »Deutschen afrikanischen Gesellschaft«, dann des belgischen Königs Leopold II. im Kongogebiet. Bei dieser Expedition folgte er schon dem Wahlspruch, der am Denkmal in Bad Lauterberg der Nachwelt überliefert ist. Als ihn Afrikaner am Weitermarsch hindern wollten, schoß er sie nieder. So bahnte er sich seinen Weg, wie er es später noch oft tat. »Heia Safari!« Das war 1885. Seine großen Stunden kamen aber erst noch, nämlich ab 1889 im damaligen »Deutsch-Ostafrika«. Hier hatte sich kurz zuvor die einheimische Bevölkerung gegen die brutale Besatzungspolitik des deutschen Eroberungskriegers Carl Peters (»Hänge-Peters«) erhoben, der sich Teile Ostafrikas mit List und Gewalt angeeignet hatte. »Um im Reichstag die nötige Mehrheit für die Finanzierung einer Kolonialtruppe zu erlangen, stellte Reichskanzler Bismarck die geplante Intervention als deutschen Beitrag zum internationalen Kampf gegen den Sklavenhandel dar«, wie Wissmanns Biograph Thomas Morlang zutreffend schreibt. Die Legende vom »Aufstand der Sklavenhändler« war zuvor in den für Missionszwecke sammelnden Kirchen ersonnen und in einer Großveranstaltung in Köln der Öffentlichkeit vorgetragen worden. Hauptredner dieser Versammlung war der als »Afrika-Forscher« hochgelobte Hermann von Wissmann. Er wurde bald darauf zum Befehlshaber der ersten deutschen Kolonialtruppe ernannt, die aus afrikanischen Söldnern, den »Askaris«, unter deutscher Führung bestand. Die »Wissmann-Truppe« ging mit solch äußerster Grausamkeit ans Werk, daß in Deutschland kritische Stimmen laut wurden. Der linksliberale Abgeordnete Eugen Richter sagte im Reichstag: »Wir lasen neulich, daß Herr Wissmann schon 700 Araber und Aufständische, wie sie genannt werden, hätte erschießen lassen, wir hören, daß bald dieses, bald jenes Dorf in Flammen aufgeht. Seine Truppen ziehen sengend und brennend umher, ... und das Ganze nennt man in der Sprache der vorjährigen Thronrede ›Kultur und Gesittung nach Afrika tragen‹ ...« Der Historiker Morlang urteilt: »Damit gebührt Wissmann der zweifelhafte Ruhm, als erster in einem von Deutschen geführten Kolonialkrieg die Taktik der ›Verbrannten Erde‹ … angewandt zu haben«. »Heia Safari!« Mitte 1890 hatte Wissmann sein blutiges Handwerk in »Deutsch-Ostafrika« beendet. Nach Deutschland zurückgekehrt, wurde er bejubelt und vom Kaiser in den erblichen Adel erhoben, bald danach jedoch wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten aus dem Dienst entlassen. 1895 entsandte ihn das Deutsche Reich erneut als Gouverneur in die Kolonie, wo er mit Lothar von Trotha , der später den Völkermord am Hererovolk beging, als »Kommandeur der Schutztruppe« zusammenarbeitete. In dieser Zeit führte er die »Hüttensteuer« ein, die 1905 (dem Todesjahr Wissmanns) ein Grund für den Ausbruch des Maji-Maji-Krieges wurde, in dem wiederum Hunderttausende von Ostafrikanern ermordet wurden. »Heia Safari!« »Zur Behandlung des Negers« schrieb Wissmann 1895 in seinem Buch »Afrika, Schilderungen und Ratschläge für den Dienst in den deutschen Schutzgebieten«: »Keine Tätigkeit ist geeigneter, den Europäer für die richtige Behandlung der Neger zu erziehen, als die militärische ... Hört der gute Einfluß der Europäer auf, so fällt der Neger schnell wieder in seine alte Trägheit und Sorglosigkeit zurück...« Damit solche Einsichten nicht verloren gehen, wird dieser Kolonialkrieger weiterhin geehrt. Dafür sorgt in unseren Tagen der »Traditionsverband ehemaliger Schutz- und Überseetruppen e.V.« mit seinem farbentragenden und mensurschlagenden »Studentenbund Hermann von Wissmann«, Berlin, Alt-Lankwitz (www.studentenbund-berlin.de/verband.htm). Einmal im Jahr kommen die meisten der etwa 150 Mitglieder im Kurhotel Bad Lauterberg zusammen. Dann erzählen sie sich die Legende vom heldenhaften Kampf Wissmanns gegen die ostafrikanische Sklaverei und träumen von dem Kolonialreich, daß es vielleicht doch einmal wieder Wirklichkeit wird. Und dann gehen sie hinaus zum Denkmal jenseits des Teiches. (Ein anderes Wissmann-Denkmal, das vor dem alten Hauptgebäude der Hamburger Universität, dem ehemaligen Reichskolonialamt, stand, wurde 1968 von Studenten vom Sockel gestürzt und landete in einem Keller.) Die Getreuen legen dort ihren Kranz nieder, selbstverständlich in den Farben des Kaiserreiches: schwarz-weiß-rot. Das war 2005 wie alle Jahre zuvor und wird so lange bleiben, wie das Kurstädtchen Bad Lauterberg diesen Spuk duldet.
Erschienen in Ossietzky 7/2006 |
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