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Kleine Funkchips, sogenannte Radio-Frequency-Identification-Etiketten (RFID), die an den Waren angebracht sind und Produkt- und Preisinformationen über eine Antenne automatisch an ein Lesegerät senden, machen deren Arbeit überflüssig. »Unterhaltsam wie informativ« werde der Metro-Konzern die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der RFID-Chips präsentieren, hatte Metro-Geschäftsführer Gerd Wolfram auf der »CeBIT-Preview« des »Hightech Presseclubs« in Hamburg angekündigt. Da kam die Kanzlerin als Testkäuferin gerade recht. Sie setzte die 0,5 Quadratmillimeter kleine Technik groß ins Bild, deren Einsatz zweifellos nicht darauf beschränkt bleiben wird, Warenwege zu kontrollieren und Kassenpersonal wegzurationalisieren. Die schöne neue Welt der RFID-Chips ist größer, viel größer. Auf den funkelnden Chips läßt sich mehr speichern als nur der Preis einer Ware oder ihr Verfallsdatum. Mit ihnen läßt sich mehr kombinieren als nur die Daten der Waren mit denen der Käufer. RFID macht nicht nur König und Königin Kunde bis auf die Knochen durchsichtig. Man kann die »smart labels«, die die »barcodes« (die Aufdrucke mit den schwarzen Streifen) ersetzen sollen, unbemerkt in Textilien einnähen – aber warum nur dort? Sie lassen sich doch auch direkt in den menschlichen Körper pflanzen. Auf diese unauffällige Weise kann man auch die Ware Arbeitskraft einzeln kenntlich machen. Die Firma Citywatcher, ein privater Sicherheitsdienst im US-Bundesstaat Ohio, macht es vor. Sie ist laut Internet-Informationsdienst labournet das erste amerikanische Unternehmen, das zwei Beschäftigten Radiochips implantiert hat. Im rechten Oberarm wurden die beiden per RFID computer-lesbar gemacht, um ihnen so den Zugang zum zentralen Sicherheitsraum der Firma zu »erleichtern«. Für diese wunderbare Idee wird man bestimmt immer mehr Anwendungsmöglichkeiten finden. Zum Allerbesten der Menschheit, versteht sich. Konsequent sollte im Kreißsaal begonnen werden, alle Neugeborenen zu chippen. Man kann die Babies sofort mit einem elektronischen Produktcode versehen, aussagekräftig genug, um sie ihr Leben lang weltweit eindeutig identifizieren zu können. Nicht nur Reisepässe, Firmenausweise oder Führerscheine, EC-, Kredit-, Lohnsteuer- oder Gesundheitskarten würden dann überflüssig. Mit einer kleinen Erweiterung sind die RFID-Chips auch satellitenlesbar. Per Global Position System (GPS) könnten sie bald helfen, verirrte oder geistig verwirrte Menschen zu lokalisieren. George W. Bush hätte endlich einen genauen Überblick, wo auf der Welt jeder einzelne seiner Soldaten gerade kämpft – und gegen wen. Auch in der finstersten Berghöhle des Hindukusch wird sich niemand mehr verstecken können, wenn nur erst alle gechippt sind. Es kommt noch viel schöner. »Im Jahr 2035 wird das elektronische Äquivalent des menschlichen Gehirns dank der Nanotechnologie vielleicht kleiner sein als eine Fingerkuppe«, hat Professor Marvin Minsky, einer der Väter der Computerwissenschaft, unlängst prophezeit. »Das bedeutet, daß man im Schädel des Menschen beliebig viel Platz haben wird, um Add-Ins oder zusätzliche Speicher zu implantieren.« So erhalten unsere Kinder oder jedenfalls unsere Enkel »die Möglichkeit, nach und nach immer mehr zu lernen und ihr Repertoire durch neue Wahrnehmungstypen, neue Arten der Reflexion, neue Denk- und Vorstellungsweisen zu ergänzen.« Das Ende der Dummheit, und nicht nur das, ist also greifbar nahe. Der amerikanische Theoretiker Francis Fukuyama meint sogar, daß wir »in zwei Generationen mit den Mitteln der Biotechnologie realisieren können, woran alle Sozialtechniker gescheitert sind. Die Geschichte der Menschheit wird dann endgültig an ihr Ende kommen, weil wir die Menschen als solche abgeschafft haben werden. Eine neue Geschichte wird dann beginnen, eine Geschichte jenseits der Menschen.« Da war es klug, daß Angela Merkel, als sie mit ihrer Schokolade nicht so reibungslos wie geplant durch die kassiererlose Kasse der »Future Mall« kam, weil die Radio-Chips noch nicht störungsfrei funktionierten, den Metro-Chef öffentlich ermahnte: »Testen Sie's bitte gut, bevor Sie das einsetzen.« Kontext:
Erschienen in Ossietzky 6/2006 |
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