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Sie wird im Spätsommer eine Ausstellung eröffnen, die den Titel »Monarchie und Moderne« erhält. Der verrät die zu erwartende Sicht in die Geschichte, denn – so ist in der Ankündigung zu lesen – schon »zu Königszeiten« seien »die Weichen für Württembergs Weg in die Moderne gestellt worden«. So lange wollten die Nachfahren der Gekrönten nicht warten, um auf sich und ihre Existenz und das verflossene Familienverdienst aufmerksam zu machen. Sie luden eine erlesene Gesellschaft von 200 Württembergern Ende Januar in das Wilhelma-Theater. Dazu eine Klatsch- und Tratsch-Korrespondentin, deren Bericht die Stuttgarter Zeitung abdruckte, ein Blatt, das sich sonst vermutlich zu den eher republikanischen Einrichtungen der bundesdeutschen Presselandschaft rechnet. Einen Bericht vom Hofe. Überschrift »Der Herzog empfängt«. Wen? Natürlich die eigene weitläufige Verwandtschaft und die Bekannten, soweit sie eben noch als Angehörige des Hochadels weggehen.. Dazu »Wirtschaftsbosse, Banker, Konsuln, Unirektoren und Professoren«. Und – handverlesen – Politiker des Landes, soweit deren Vorfahren an der Revolution des Jahres 1918 nicht beteiligt waren. Der aktuelle Ministerpräsident Günther Oettinger war ebenso zur Stelle wie einer seiner Vorgänger im Amte, das schwäbische Cleverle. Karl Herzog von Württemberg, derzeit an der Spitze des Familienclans, begrüßte die Gekommenen und versicherte ihnen, wie stolz er auf die Tradition »seines Hauses« sei. Daß er stolz sein könne und dürfe, bestätigte ihm Oettinger, der ihn wirklich wahrhaftig mit »Ihre Königliche Hoheit« anredete und dann sagte: »Wir haben großen Respekt vor der Handschrift ihrer Familie, die unser Land geprägt hat und prägt.« So kommentarlos berichtet im Jahre 2006, nicht in der Haus-und-Hof-Postille derer von Württemberg, sondern – siehe oben. Soweit von der Geschichte faktisch die Rede war, fiel der Name Napoleon, dem nachgerufen wurde, er sei an allem schuld. Woran aber? In der Tat ist es ohne den Kaiser der Franzosen schwer vorstellbar, daß es 2006 Anlaß für eine Jubelfeier gäbe. Der Mann hat sich die in seinem Zugriffsbereich befindlichen Teile des eben für geschlossen erklärten Deutschen Reiches, das später das erste genannt werden wird, ein wenig so zurechtgemacht, wie er sie für seine Pläne brauchte. Württembergs gerade zum Kurfürsten erhobener Friedrich hat davon profitiert. Reich wurde er für Landesverluste links des Rheines entschädigt – auf Kosten wenigerwertiger Standesgenossen und auch auf die des 1805 kräftig geschlagenen Österreich. Napoleon wollte das Ganze übersichtlicher und wählte jene Praxis, die Hitler, als er auf Raubzüge ausging, später mit dem Bild vom »handlichen Kuchen« bezeichnete. Geschenke ohne Vor- und Gegenleistungen waren freilich Napoleons Sache nicht. Vielerlei Willigkeit zur Kollaboration wurde stillschweigend vorausgesetzt. Auch Friedrich der Württemberger ließ sich in diesem Punkte nicht lumpen. Er vermählte seine einzige Tochter dem jüngsten Bruder Napoleons, Jérome, kaum daß dieser zum Monarchen im neu geschaffenen Satellitenstaat Westfalen gemacht worden war. So ward Katharina auch eine Königin – freilich nicht auf Lebenszeit, wie sich erweisen sollte. Zunächst aber kam zur politischen auch eine Familienbande mit den Emporkömmlingen namens Buonaparte. Die Liaison wurde für die Landeskinder am Neckar weniger teuer als die Gefolgschaftstreue ihres Königs beim Zug Napoleons nach Moskau. Nicht daß Friedrich sich dem Heer des Eroberers angeschlossen oder seinen Sohn dazu bestimmt hätte – Entscheidungen, die möglicherweise zur Folge gehabt haben würden, daß 2006 in Stuttgart der Sippe nur noch als einer verblichenen hätte gedacht werden können. Eine verschiedentlich nur geschätzte und mit 12.000 bis 15.000 Männern angegebene Truppe von Württembergern wälzte sich in der Napoleonischen Armee ostwärts. Ein paar Hundert von ihnen nur überlebten den Feldzug, die Schlachten, die Kälte und sahen die heimatlichen Gefilde wieder. Soviel zur »Handschrift« dieses »Hauses« und den Erinnerungslücken des aktuellen Ministerpräsidenten. Der hatte nicht zu gewärtigen, geschweige zu fürchten, daß ihm ob seiner Lobhudelei vor denen von Württemberg einige südwestdeutsche Demokraten einen republikanischen Marsch blasen würden. So wenig wie die Stuttgarter Zeitung wegen ihres hirnlosen Berichts vom Hofe irgendeinen Abonnentenverlust wird beklagen müssen. In Deutschland wird noch mehr möglich, als es manchen vorerst in den gemütvollen Sinn kommen mag.
Erschienen in Ossietzky 4/2006 |
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