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Rußlands Einfuhrverbot ist nicht urplötzlich vom Himmel gefallen. Bereits im September hatte die russische Veterinär- und Hygienekontrolle, deren strenge Vorschriften seit hundert Jahren weltweit bekannt sind, die polnischen Lieferanten aufgefordert, sich an die vereinbarten Standards zu halten und nicht weiterhin argentinisches Fleisch oder kanadisches Geflügel mit gefälschten polnischen Zertifikaten zu liefern. Die polnische Regierung überging die Warnungen und verschwieg sie ebenso wie die polnischen Medien. Statt dessen drohte die Regierung Marcinkiewicz Rußland mit der EU. Brüssel aber verwies sie auf den Weg zurück zu bilateralen Verhandlungen. Am 1. November kündigte der Chef des russischen Veterinär- und Sanitätsdienstes, Sergej Dankwiert, in einem Schreiben an seinen polnischen Amtskollegen Krzysztof Jazdzewski Restriktionen an, sollte Polen nicht unverzüglich die Vertragsverletzungen beim Fleischexport unterbinden. Warschau schwieg und tat nichts. Erst als Rußland zehn Tage später das Importverbot verhängte, begann das Lamento. Ein Versuch des neuen polnischen Außenministers Meller , das Importverbot durch Gespräche auf Minister-ebene zu überwinden, scheiterte. Jetzt kam der stellvertretende polnische Landwirtschaftsminister Lech Rozanski nicht mehr umhin, sich direkt an den zuständigen Handelsvertreter der Russischen Föderation in Warschau, Nikolaj Zachmatow, zu wenden, einen Mann, den die reaktionären polnischen Medien seit März als russischen Spion schmähen. Die russisch-polnischen Beziehungen befinden sich auf einem Tiefpunkt. Die von der Partei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) gestellte Minderheitsregierung Marcinkiewicz ist überzeugt, die Manifestation ihrer antirussischen Phobien liege im Interesse Polens und seiner »Unabhängigkeit«. Als fanatische »Russenfresser« unterstützt die regierende Rechte jede farbige »Revolution« in den GUS-Staaten und jede separatistische Rebellion gegen Moskau. Nirgends auf diesem Erdball fanden die Kindermörder von Beslan eine so verständnisvolle Presse. Wichtiger als der Fleischexport ist aber auch für Polen eine stabile Energieversorgung. Das Land bezieht 92 Prozent seines Erdöls und 76 Prozent seines Erdgases aus Rußland. Aus politischen Gründen möchte es diese Abhängigkeit verringern und sucht seit Jahren nach zusätzlichen Lieferquellen. Vom Konflikt zwischen Rußland und der Ukraine wegen der Erhöhung des russischen Gaspreises (auf das Vierfache, womit dann die Ukraine rund die Hälfte des heutigen Weltmarktpreises zahlen würde) ist Polen direkt betroffen. Die Ukraine bezieht Erdgas und Erdöl aus Rußland, Usbekistan und Turkmenien. Im Erdgasabkommen mit Rußland hat sich die Ukraine verpflichtet, aus Sibirien oder Turkmenien bezogenes Erdgas nicht an dritte Länder weiterzuverkaufen oder nur an solche, die auch direkt Erdgas aus Rußland beziehen und nur zum mit Rußland abgesprochenen Preis. Um diese Bestimmung zu unterlaufen, verband sich Polen schon 2003 mit mafiosen ukrainischen Firmen, die niedrigere Preise versprachen, aber nicht lieferten. Nun herrscht auf dem Importmarkt für Gas in Polen das Gesetz des Dschungels. Ein von Polen angestrebter Gasverbund mit der EU befindet sich noch im Stadium der Phantasie. Ebenso eine als Alternative zu russischen Lieferungen von Polen favorisierte Erdgasleitung durch die Nord- und die Ostsee von Norwegen nach Polen. Als die Bundeskanzlerin Angela Merkel bei ihrem Antrittsbesuch in Warschau höflich Verständnis für polnische und baltische Besorgnisse über die geplante Erdgasleitung Rußland-Deutschland durch die Ostsee bekundete und vorschlug, Polen und Litauen durch Stichleitungen an dieser Trasse zu beteiligen, wußte sie genau, was die polnischen Einwände über mögliche Umweltgefährdung durch solche Leitungen wert waren. Ebenso kannte sie die Gründe, welche eine Trassenführung auf dem Meeresgrunde nahelegen, auch wenn diese diplomatisch nicht ausgesprochen werden: In der Tat geht es um die kürzeste und billigste Leitung, aber mehr noch darum, jedes dritte Land auszuschalten, also zu verhindern, daß Polen und die Ukraine an den Transitgebühren verdienen oder die Leitungen erpresserisch absperren oder wie in der Vergangenheit räuberisch anzapfen können. Wie kopf- und konzeptionslos die regierenden polnischen Nationalisten in der Energiepolitik agieren, demonstrierte zeitgleich mit dem Merkel-Besuch der für Energielieferungen zuständige stellvertretende Wirtschaftsminister Piotr Naimow, zuvor Chef des Inlandsgeheimdientes UOP und bekannt für antirussische Phobien, als er verlautbarte: Polen wolle keine Verbindung mit der Ostseee-Gasleitung, auch dann nicht, wenn sie von Rußland und Deutschland angeboten und von der EU unterstützt würde.
Zubrot aus Brüssel Die Europäische Union subventioniert die katholische Kirche Polens. Warum? Wieso? Wozu? Etwa weil die katholische Kirche Polens klein und schwach wäre und für den Wettbewerb gestärkt werden müßte? Nein, eher im Gegenteil: weil sie der größte Grundbesitzer des Landes ist. Wie in Feudalzeiten besitzt sie fast ein Drittel des Bodens. Die EU zahlt jährlich an Polen Agrarsubventionen in Höhe von 57,42 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, gleichgültig, ob der Boden bebaut oder nicht bebaut ist, ob darauf Weizen oder Kartoffeln, Weinreben oder Myrten wachsen. Darum erhält die Kirche des Karol Wojtyla, Gott hab ihn selig, ein Drittel der Agrarsubventionen aus Brüssel. Nun wüßte man gern auch, wie viele Euros im Jahr das sind. Doch die Kirche wie auch das Landwirtschaftsministerium in Warschau sind streng bemüht, Angaben über den kirchlichen Landbesitz und über die Höhe der Subventionen geheimzuhalten. Das gelingt, weil der kirchliche Besitz nirgends als ganzer erscheint, sondern immer auf zahlreiche Institutionen aufgeteilt. So sind kritische Journalisten in Polen auf Schätzungen angewiesen. Allein in den nördlichen und westlichen Wojewodschaften wurden der römisch-katholischen Kirche nach 1989 rund 160.000 Hektar übertragen, wofür sie in diesem Jahr 9.187.000 Euro aus Brüssel kassierte. Der Gesamtbetrag der Gelder, die der Kirche zufließen, muß viel höher sein – gemessen daran, daß 2005 insgesamt 823.000.000 Euro Agrarsubventionen in Polen ausgezahlt wurden. Ein Segen. K. M.
Erschienen in Ossietzky 1/2006 |
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