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Mit 17 Zentimeter Höhe paßt sie in jede Schrankwand und ist zudem mit 20,50 Euro auch für schmale Geldbeutel erschwinglich. Nicht minder willkommen könnte ein Reichsadler sein (»Kunststein, messingbronze patiniert auf Marmorsockel, Höhe 18,5 cm«, noch ohne Hakenkreuz). Der kostet allerdings 58 Euro. Noch anheimelnder wird die nationale Wohnstube durch eine dekorative schwarz-weiß-rote Fahne mit einem dem Feind kühn entgegenblickenden stahlhelmbewehrten Kämpfer inmitten des Wortkreises »Sie waren die besten Soldaten der Welt«, besonders geeignet zur Bundeswehrtraditionspflege. 15 Euro – fast ein Schnäppchen. Für den ganz kleinen Michel respektive den »kleinen Wikinger« liegen ein Wikingerhut, ein Wikingerschild und ein Wikingerschwert (»Das Breitschwert für kräftige Nordmänner mit Scheide, formschönem Griff und authentisch wirkenden Schaftverzierungen«), alles zusammen 22 Euro, unter der deutschen Tanne. Und ans, sagen wir, Herz ist auch gedacht. Als DVD gibt es, von der Freiwilligen Selbstkontrolle des deutschen Films (FSK) ohne Altersbeschränkung freigegeben, den Softporno »Glaube und Schönheit«: muntere – selbstverständlich weibliche – Nackedeis, wie Reichsjugendführer Baldur von Schirach sie liebte. Schmückend auch die beiden Foto-Kalender »Anmut und Schönheit 2006« und »Unvergängliche Schönheit 2006«. Und sind dann alle Kerzlein angezündet, folgt zur Erholung der Griff nach dem Krug »Ein Herz für Deutschland« (0,5 Liter, 10 Euro). Gefüllt mit dem Honig-Met »Klassik« (12% vol., 075 l zu 6 Euro, im Karton mit 6 Flaschen 30 Euro) garantiert er eine frohe »Deutsche Weihnacht« mit Odin dem Göttervater und seinen Raben Hugin & Munin. Das Angebot ist einem Prospekt des »Deutsche Stimme«-Verlages der neofaschistischen NPD entnommen: »Deutsche Weihnacht – unsere Empfehlungen zum Fest«. Hier ist nicht nur an das Dekorative gedacht. Umfangreich ist das Angebot zur geistigen Erbauung und Festigung des »nationalen Standpunktes«. Diesem Zweck dient zum Beispiel das »von Verzerrungen und Mißdeutungen freie« Buch »Der andere Himmler«. Oder auch »Himmlers Tod«, in dem belegt wird, »daß Himmler nicht selbst Hand an sich gelegt hat, sondern von den Briten umgebracht wurde«. Der vom Nürnberger Kriegsverbrechertribunal zur verbrecherischen Organisation erklärten Waffen-SS gilt die besondere Zuneigung aller rechten Versandhäuser. Entsprechend groß ist das Angebot, zumal der Bundesgerichtshof in diesem Jahr die Demonstrationslosung »Ruhm und Ehre der Waffen-SS« unter den Schutz der Meinungsfreiheit gestellt hat. Zur geistigen Munitionierung für die nächste Demo empfiehlt sich – auch für den des Lesens weniger mächtigen »politischen Soldaten«, an dem die nationale Bildungsarbeit nicht vorübergehen darf – ein Buch, das im Prospekt als der »furiose Bildband«, das »Standardwerk über Einsatz, Leistung und Opfergang der deutschen Soldaten an allen Fronten des Zweiten Weltkrieges schlechthin. Ein bleibendes Denkmal der ehemaligen Soldaten der Waffen-SS« gepriesen wird. Wer hier noch nicht das Rechte gefunden hat, der wird in dem vom Verlags- & Medienhaus Hohenberg mit Sitz in Ellwangen veröffentlichten Jahreskatalog mit »Büchern aus deutschem Haus« hinreichend bedient. Das CD-Angebot wirft die Frage nach der Kooperation dieses Unternehmens mit den Rundfunk- und Fernsehanstalten und deren Archiven auf: Hitler spricht am 24. Februar 1938 im Hofbräuhaus; Hitlers Ansprache am 10. Dezember 1940 in einem Berliner Rüstungswerk; Hitler spricht zum 1. Mai 1933 auf dem Tempelhofer Feld in Berlin und in Bückeburg zum Erntedank 1934; Hitlers vollständige Rede am 30. Januar 1940 im Berliner Sportpalast; Hitler, Goebbels und Göring über den »Opfergang der 6. Armee«. Und dann gibt es die Rede von Goebbels zur Kriegslage vom Februar 1945 »Der Krieg ist noch nicht zu Ende«. Als DVD sind »Adolf Hitler – Frontsoldat im 1. Weltkrieg« oder »Hitlers Reichskanzlei in Berchtesgaden« (Verkauf nur unter Vorlage eines amtlichen Altersnachweises) im Angebot. Besonders festlich die Bildbände »Geburtstagsparade Berlin, 20. April 1939«, Reichsparteitag 1938 »Großdeutschland« oder »Der Österreichanschluß 1938« (»Dieser Farbbildband zeigt die Tage des Anschlusses und die Wochen vor der Aprilwahl aus erregender Nähe: Hitler in Wien, Linz... HJ, SS und überall jubelnde Menschenmassen«). Oder »Legion Condor« (»Die Männer der ›Legion Condor‹ retten Spanien vor dem Kommunismus und erringen einen grandiosen Sieg, der als einziger Sieg deutscher Waffen im 20.Jhd. Bestand haben sollte«). Mit der gesetzlich verbotenen Verherrlichung des Faschismus hat das alles selbstverständlich nichts zu tun. Ende November erst hat die Dresdener Staatsanwaltschaft unter Verweis auf die garantierte Meinungsfreiheit den Antrag des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, auf Einleitung eines Strafverfahrens gegen den sächsischen NPD-Abgeordneten Klaus-Jürgen Menzel abgelehnt. Der hatte in einem Interview des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders RBB verkünden können: »Ich halte den Führer nach wie vor für einen großen Staatsmann, vielleicht einen der größten, die wir je hatten. Dazu stehe ich.« (Apropos: Auf der Internetseite des »Störtebecker-Netzes« wurde Spiegels Anzeige folgendermaßen kommentiert: »Einem Menschen wie Spiegel ist es nicht anders möglich, die Persönlichkeit Hitlers aus der Froschperspektive eines gewöhnlichen Juden zu betrachten.« Und: »Schließlich kann ja keiner dafür, wenn er als Jude geboren wird, schlägt man doch auch keinen Hund, nur weil er bellt.«) »Was schenke ich dem kleinen Michel zu diesem kalten Weihnachtsfest?« Nein, keine Reaktion! Die hat er immer noch. Oder schon wieder.
Erschienen in Ossietzky 25/2005 |
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