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BemerkungenRessentimentvertreterIm deutschen Deutschen Bundestag, im neuen wie im alten, haben die Abgeordneten kaum etwas zu sagen. Für die gesellschaftspolitischen Weichenstellungen sorgen wirtschaftsnahe Beraterkommissionen, über die Koalition entscheiden die Spitzenleute der Wahlagenturen, die immer noch Parteien genannt werden, die Debatten fürs Publikum finden bei Christiansen und Co. statt. Da hilft kein Mutzureden des neuen Parlamentspräsidenten Norbert Lammert. Und auch auf die Auswahl des Führungspersonals im Staat haben die Parlamentarier keinen Einfluß, sie dürfen nur abnicken, was anderenorts schon vorentschieden wurde. Kein Wunder, daß manche mürrisch werden. Und so kam es, daß bei der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten Stimmen fehlten – bei Wolfgang Thierse einige und bei Lothar Bisky viele. Im Schutze der Anonymität hatten die Parlamentarier ihr Mütchen gekühlt, offenbar in dem einen Fall Unions-, im anderen Fall sowohl Unions- als auch SPD-Abgeordnete. Und bei Bisky sicher auch mit dem wohligen Gefühl, Standfestigkeit gegenüber den schlimmen »Kommunisten« oder Strafe an dem »Verräter« Lafontaine zu üben. Nachdem die Volksvertretung abhanden gekommen ist, bleibt noch die Ressentimentvertretung. Marja Winken Zerbrochene Fahnenstange (3)Der Prozeß beim Amtsgericht Berlin-Tiergarten gegen fünf Polizeibeamte wegen Mißhandlung des Palästinensers Khaled M., der den US-Präsidenten Bush bei einem Besuch in Berlin nicht mit einer deutschen oder US-amerika-nischen, sondern einer palästinensischen Fahne begrüßt hatte, (s. Ossietzky 19/2005 und 20/2005) wurde am 29. September und 20. Oktober fortgesetzt. Das öffentliche Interesse ist mittlerweile erlahmt. Bei den letzten Verhandlungen waren kaum noch Pressevertreter anwesend; die wenigen Zuhörer waren zumeist Polizeibeamte in Zivil. Die fünf Verteidiger versuchen weiterhin, Belastungszeugen zu verwirren und mit Fangfragen zu widersprüchlichen Aussagen zu veranlassen. Die meisten bisher befragten Belastungszeugen ließen sich jedoch nicht verunsichern, blieben bei ihrer ursprünglichen Aussage und reagierten erbost auf Versuche, ihnen das Wort im Munde umzudrehen, wie auch auf Unterstellungen, sie würden »leichtfertig Tatsachen behaupten«. Die Verteidigung versuchte auch, diese Zeugen als parteilich und unglaubhaft darzustellen. Bei dem Zeugen R. geriet dieser Versuch ins Groteske: Als er nach längerer Befragung dabei blieb, daß er gesehen habe, wie mehrere Polizeibeamte Khaled M. mit Schlägen traktierten, wurde er gefragt, ob er denn selbst schon einmal inhaftiert worden sei – was er arglos bejahte. »Sicherlich anläßlich einer Demonstration?« lautete die nächste Frage. Doch die Vorfreude, jetzt einen notorischen Querulanten und potentiellen Gewalttäter enttarnen zu können, fiel den Verteidigern schnell aus dem Gesicht: Es stellte sich heraus, daß der Zeuge DDR-Bürger gewesen war und es sich um eine Festnahme durch das Ministerium für Staatssicherheit gehandelt hatte. Bisher konnte die Verteidigung bei der Zeugenbefragung kaum Erfolge erzielen. Die Polizeianwälte gingen daher mehr und mehr zu Suggestivfragen über und reagierten zunehmend aggressiv auf Beanstandungen dieser Fragen durch die Anwälte des als Nebenkläger beteiligten Palästinensers. Gegen Ende der Verhandlung am 20. Oktober kam es nach einer solchen Beanstandung, die zwangsläufig eine Unterbrechung ihres Fragenrituals bedeutete, zu Beschimpfungen: »Halten Sie den Mund!« – »Wir sind hier nicht in der Gosse!« – »Sie haben keine Umgangsformen!« – »Halten S' den Rand!« – »Benehmen Sie sich gefälligst wie ein Mitteleuropäer!« Khaled M.'s Anwalt Eberhard Schultz kündigte an, Beleidigungen künftig wörtlich protokollieren zu lassen. Der Staatsanwalt stellte sich taub, während der Richter nur lapidar antwortete, er wolle das »prüfen«. Wird der Prozeß zur Farce? Die Zeugenvernehmungen sind noch nicht abgeschlossen. Die nächsten finden am 7. November ab 12.30 Uhr im Amtsgericht Berlin-Moabit statt (vermutlich Raum 107). Wir berichten weiter. Gerd Bedszent Eine FundgrubeAuf den Namen Manfred Behrend stieß ich über viele Jahre hinweg in allerlei l inken Zeitungen, Zeitschriften, Bü-chern. Verwunderlich war stets der an-dere Ton und eine Analytik, die entfernt an oppositionelle Haltungen früherer Zeiten erinnerte, als die Arbeiterbewe-gung noch existierte und intellektuelle Konflikte auslöste. Jetzt las ich von Beh-rend »Zeiten der Hoffnung – Zeiten des Zorns«, herausgegeben von Hanna Beh-rend. Darin enthalten sind 78 Texte aus den Jahren 1948 bis 2004. Und aus der Arbeiterstimme erfahre ich, der Autor sei eben 75 Jahre alt geworden. Gratulation also und Aufnahme in unseren Kreis unkorrigierbar engagierter Ur-Opas. Es lebe die Revolte der Greise im Land jugendlicher Senilitäten. Wir hoffen noch, sind wütend und zornig und lesen in Büchern herum, als wären da Wahrheiten verborgen. Die 78 Behrend-Texte erweisen sich als Fundgrube. Der Mann durchlebte die DDR mit allen Wirrnissen, Schikanen, Verlusten und Gewinnen. Das Buch enthält sein Leben, die Geschichte der Linken sowie Geschichten von und über Trotzki, an dem Behrend Maß nimmt, so daß sich zeigt: Man konnte auch im SED-Land mehr wissen als vom Parteilehrjahr zugelassen. Ich kenne mich in der Trotzki-Literatur einigermaßen aus und bin auch beschlagen in der DDR-Geschichte. Bei Behrend lernte ich vieles hinzu. Ein phantastisch einfalls- und aussichtsreiches Buch. Empfehlenswert sind allein schon die Passagen über Trotzki und Rosa Luxemburg. * Vom Behrend-Buch animiert, las ich wieder mal in Trotzkis »Stalin-Porträt«. Der US-Schriftsteller Richard Lourie hatte es in den neunziger Jahren dazu genutzt, einen höllischen Stalin-Roman zu schreiben: »Die geheimen Aufzeich-nungen des J. W. Dschugaschwili«, ver-gleichbar mit den gefälschten weiland »Hitler-Tagebüchern« im stern, doch spricht der amerikanische Autor offen von Fiktion. * Keine Fiktion, aber von der deutschen Geschichtsschreibung unbeachtet oder verschämt bagatellisiert blieb bisher Hitlers allererste Rede vor Reichswehr-Generälen, bereits vier Tage nach seinem Machtantritt. John Toland berichtet darüber in »Adolf Hitler« (1977, München): »Nach dem Essen erhob der Reichskanzler sich zu einer zweistündigen Ansprache. Zunächst wirkte er in dieser durch kühle Höflichkeit gekennzeichneten Gesellschaft etwas steif; er äußerte sich ausführlich über die verheerenden wirtschaftlichen Probleme, vor denen die Nation stehe. Die Antwort darauf sei nicht eine neue Exportoffensive, denn überall in der Welt übersteige die Produktion die derzeitige Nachfrage, und Deutschlands einstige Kunden hätten inzwischen ihre eigenen Märkte entwickelt. Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Depression, so lautete Hitlers Schlußfolgerung, würden anhalten, bis Deutschland seine frühere Stellung in der Welt wiedererlangt habe. Dazu aber werde man aufrüsten müssen. Die Militärs hörten das mit Interesse. Hitler hatte einen Weg aus der Krise skizziert, den die meisten der Generäle begrüßten. Er fuhr fort, der Pazifismus, der Marxismus und dieses ›krebsartige Geschwür, die Demokratie‹, müßten ausgerottet werden. Die Wiederaufrüstung sei das erste Erfordernis für den Aufstieg Deutschlands.« Die Argumente, mit denen Hitler im Februar 1933 den beabsichtigten Angriff auf die Sowjetunion begründete, sind, wie wir sehen, fatal ökonomistisch und wie von heute. Weil Deutschland wirt-schaftlich zurückliegt, Arbeitslosigkeit und Depression herrschen, muß ein Krieg her. Das ist die pure Konsequenz der Marktgesetze. Was den einen die Sowjetunion war, ist den anderen eben Afghanistan, der Iran und Syrien, so funktioniert die Politik im Namen der ökonomischen Notwendigkeiten, wenn die sozialistische Alternative ausgeblendet bleibt. Gerhard Zwerenz Hanna Behrend (Hg.): »Zeiten der Hoffnung – Zeiten des Zorns«, Verlag am Park, 542 Seiten, 19.90 Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar. Einsatz-Leiter: P. StruckAnläßlich der Feier (man muß die Feste feiern, wie sie fallen) zum Thema »50 Jahre Bundeswehr – 15 Jahre Armee der Einheit« verteidigte der Bundesverteidigungsminister Peter Struck den Bund mit folgendem sozial-demokratischen Kernsatz: »In den vergangenen fünfzehn Jahren ist die ganze Welt zum Einsatzgebiet der Bundeswehr geworden.« Denn heute gehört uns Deutschland, und morgen die ganze Welt. Kann diesem Manne noch geholfen werden? Nach diesem Spruch, nach seinem vorerst letzten Schlacht-Anfall? Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 22/2005 |
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