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Dabei kam ein »Programm für Deutschland« zustande, wie es die Vertreter der Kapitalinteressen schon seit Jahren der deutschen Öffentlichkeit einhämmern. Aber ein Punkt ist in seiner Zuspitzung doch bemerkenswert: Die hochvermögenden Clan-Chefs (darunter die Bosse von Röchling, Bahlsen, Haniel, Heraeus und Henkel, alle zwanzig zusammen stehen für 100 Milliarden Euro Umsatz) fordern eine »neue, breit angelegte Privatisierungsoffensive«, also »Raum für neue unternehmerische Betätigung« in jenem Bereich, in dem bisher noch die öffentliche Hand öffentliche Dienste leistet. Beispielhaft werden genannt: »Personennahverkehr und Schwimmbäder, Schulen und Friedhofsgärtnereien«. Durch den Hinweis auf Bestattungsschmuck und Gräberpflege klingt diese Aufzählung ein bißchen albern, denn da, so vermutet man, sind keine riesigen Profite zu erzielen. Aber Vorsicht – es wird ein Geschäftsfeld ins Auge gefaßt, das sich den Lebenden zuwendet und enorme Dimensionen hat: die Schulbranche. Schon jetzt sind in der Bundesrepublik, ohne daß es in seiner Systematik zur Kenntnis genommen wird, viele Sektoren des Bildungs- und Ausbildungswesens kommerzialisiert, indessen besteht immer noch flächendeckend ein öffentliches Angebot allgemeinbildender Schulen, von der Primarstufe bis zur Hochschulreife. Und wir haben, bis zum Abschluß der Sekundarstufe I, die Schulpflicht. Dieses Terrain schrittweise durch eine »Privatisierungsoffensive« dem unternehmerischen Zugriff zu unterwerfen, würde die prächtigsten Aussichten für die gewinnbringende Verwertung von Kapital eröffnen. Der Staat darf, wie unsere »Familienunternehmer« zugestehen, hier »Rahmenbedingungen und Regeln vorgeben«, aber wer sage denn, daß »er deshalb Schulen ... selbst betreiben« müsse? Was die offensiven Privatisierer nicht erwähnen, aber gewiß einkalkulieren: Eine unternehmerische Betätigung im Bereich der allgemeinbildenden Schule hätte den Vorteil, daß eine steuerfinanzierte Nachfrage garantiert ist, denn der Staat wird nicht darauf verzichten können, ein Mindestniveau an Kenntnissen und Fähigkeiten beim Nachwuchs zu sichern. Nun ist der Gedanke, daß der Henkel-Konzern oder ein anderes »Familienunternehmen« demnächst Profit sogar aus dem Beibringen der Grundrechenarten ziehen könnte, sicherlich gewöhnungsbedürftig. Deshalb braucht es Übergangslösungen, »Türöffnereffekte«. Und da steht, wie könnte es anders sein, die SPD zur Verfügung. PPP heißt das Schlüsselwort – »Public Private Partnership«, zu Deutsch: Öffentlich-Private Partnerschaft, ÖPP. Für die führenden Sozialdemokraten ist PPP/ÖPP wichtiger Bestandteil der Agenda-2010-Politik. »Die Wirtschaftspolitiker der SPD wollen dem flächendeckenden Einsatz dieses Instruments so schnell wie möglich den Weg ebnen«, berichtete die Frankfurter Rundschau vor der Bundestagswahl, und zur selben Zeit forderte Wolfgang Clement in der Süddeutschen Zeitung eine »neue Innovationsdynamik durch Public Private Partner-ship«, im Klartext: Bisher noch nach dem Non-Profit-Prinzip organisierte Dienstleistungen sollen so umgestaltet werden, daß kapitalistische Unternehmen daran verdienen können und Bund, Länder und Kommunen dafür zahlen müssen. Als Lockmittel dienen die Privatisierungserlöse der öffentlichen Hände, die kurzzeitig die Kassen auffüllen – danach kommt die lange Zeit der Zahlungsverpflichtungen. Gesetzgeberische Vorarbeiten für PPP sind schon geleistet, Pilotprojekte auch im Schulsektor laufen, etwa so, daß Privatunternehmen zunächst die Schulgebäude und deren Betrieb nebst Instandhaltung übernehmen. Der alte Pädagogenspruch, daß der Hausmeister der entscheidende Mann in der Schule sei, kann sich so auf ironische Weise bewahrheiten. An wortreichen und zugleich lukrativen Beratungsdiensten für PPP mangelt es nicht, dafür gibt es ja die Bertelsmann-Stiftung. Bildung ist ein begehrtes Gut für diejenigen, die daraus eine Ware machen wollen. Da sage noch jemand, der deutschen Gesellschaft mangele es an epochemachenden Reformvorhaben. Das Schulwesen Zug um Zug in einen gewinnträchtigen Markt zu verwandeln, ist ein Gemeinschaftsprojekt von Wirtschaft und Politik, das – würde es in seinen Folgen begriffen – die meisten Bürgerinnen und Bürger das Fürchten lehren würde.
Erschienen in Ossietzky 22/2005 |
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