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Oskar Negt, SPD-Wahlhelfer. – Im Wahlkampf haben sie eifrig vor der Linkspartei gewarnt und für die SPD geworben, aber so ganz wollten Sie der Agenda-Politik doch nicht zustimmen. In einem Interview, das die gewerkschaftsnahe Zeitschrift Mitbestimmung mit Ihnen führte, haben Sie das so ausgedrückt: »Gerhard Schröder kenne ich seit 30 Jahren, und wenn wir Geburtstag haben, besuchen wir uns. Aber ich kann ihm auch mal sagen: Die ganzen Hartz-Gesetze sind Quatsch.« Wir wissen nicht, ob das schon geschehen ist. Wenn ja, hat es nichts geholfen, wenn nein, können Sie sich diese Bemerkung beim nächsten Geburtstagstreffen verkneifen, denn das, was Sie Quatsch nennen, ist für Hunderttausende längst bittere Realität.

Jürgen Trittin, grüner Wahlkämpfer. – Nur durch fleißiges Grünwählen, so Ihr Standardargument vor dem 18. September, könne Schwarz-Gelb verhindert werden, und das sei anzuraten, denn: »Statt Hartz IV gibt es sonst Hartz hoch zehn.« Strafe muß sein, meinen Sie; aber bei grüner Regierungsbeteiligung fällt das Strafmaß geringer aus. Danke.

Horst Pankow, Nichtwähler. – Die Zeitschrift konkret bat »bekannte Linke« um eine knappe Antwort auf die Frage »Linkspartei wählen? Warum? Warum nicht?« Als konkret -Autor haben Sie erklärt, weshalb Sie die »Linkspartei« nicht wählen mochten: »Ein Verein, für den der Genosse Herausgeber einen Satz pro Autor veranschlagt, dürfte der Mühe eines sonntäglichen Frühaufstehens – immerhin schließen deutsche Wahllokale bereits um 18 Uhr – nicht würdig sein.« Das war listig von Hermann L. Gremliza. Hätte er Ihnen mehr Zeilen zugestanden, wären Sie womöglich anfällig für die »Linkspartei« geworden. Und wenn er Ihnen dann noch verraten hätte, daß es die Briefwahl gibt...

Hubertus Schmoldt, auch SPD-Wahlhelfer. – Im Magazin der von Ihnen geführten Gewerkschaft haben Sie den Mitgliedern eingeschärft, daß es bei Gerhard Schröder und seiner Politik bleiben müsse: »Das Modell Deutschland braucht jede Stimme.« Damit die GewerkschafterInnen begreifen, welche Fortschritte unter Schröder gemacht wurden, ließen Sie in Ihrem Blatt über das Lob der britischen Wirtschaftszeitung The Economist für den Standort Deutschland berichten, unter anderem dies: »Die Verhandlungsposition der Firmen bei neuen Tarifabschlüssen sei gestärkt und die Macht der Gewerkschaften geschmälert.« Finden Sie es nicht riskant, die Erfolge rot-grünen Regierens so offen darzulegen?

Hans Ulrich Gumbrecht, FAZ-Autor. – Sie haben den Wahlkämpfer Gerhard Schröder beschrieben als »Kanzler, der den sozialen Protest gegen seine eigene Partei vertritt«. Gut beobachtet.

Erschienen in Ossietzky 19/2005