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Kleine LagebeschreibungMit den Arbeitslosenzahlen steigen die Aktien. Trotzdem versprechen uns alle Parteien mehr Arbeitsplätze. Was versprechen sie sonst noch? Welche Forderungen stellen sie auf? Frau Merkel bittet um Erbarmen mit dem Großkapital. Schröders Steuergeschenke waren ein Schritt in die richtige Richtung, aber zu klein und nur aus Berechnung. Christliche Werte müssen wieder die Politik bestimmen. Bushs Amerika bleibt auch hier unser Vorbild. Edmund Stoiber stimmt dem trotz gewisser Bedenken vorbehaltlos zu, betont jedoch mit Nachdruck das Eigengewicht Bayerns. Westerwelle verurteilt die staatliche Gängelung mündiger Bürger und verlangt die Freiheit der Eigenverantwortung. Jeder soll unabhängig vom Einkommen das Recht haben, selbst zu entscheiden, ob er sein Geld in eine Kieferoperation oder die spätere Rente investiert. Schröder ist auf den Godesberg zurückgekehrt und wirbt für den ethischen Sozialismus, freilich ohne das belastete Wort öffentlich auszusprechen. Er erinnert die Konzerne an ihre moralische Verantwortung. In seinem Utopia sollen die Wölfe nur noch Spinat fressen, die Tiger sollen sich an Grießbrei gewöhnen. Er appelliert einfach an ihre Einsicht. Zwangsmaßnahmen, für die ihm auch die Instrumente fehlen, lehnt er aus Prinzip ab. Die Grünen bieten vieles: Sie sind zum Beispiel staatstragend (Fischer), umweltbewußt (Trittin), konsumfreundlich (Künast), antikommunistisch (Bütikofer) und manchmal auch links (Ströbele), je nach Bedarf. Die neue Linke/PDS hält Zwiesprache mit sich selbst. Zwei Seelen in ihrer Brust, halb Gysi und halb Lafontaine, ist sie noch auf der Suche nach ihrer wahren Identität. Auf jeden Fall ist sie anders als die anderen, das macht ihren Charme aus. Die einen sagen uns: Deutschland sitzt in der Tinte. (Es kann also nur besser werden.) Die anderen versichern: Wir sind schon fast über den Berg. (Es geht also wieder abwärts.) Alle sagen: Ein Wechsel muß kommen. (Es geht also weiter wie bisher. Alles bleibt, wie es ist.) Aber was auch geschieht und wer auch gewinnt, eines ist sicher: Die fälligen Wechsel wird man der Bevölkerung nach der Wahl auf jeden Fall pünktlich zustellen. Gerhard Schoenberner
KirchhoflateinDer »Professor aus Heidelberg« wurde vom Politmarketing der SPD zum zwar unfreiwilligen, aber doch höchst erfolgreichen Wahlhelfer gemacht, und dabei ging manche Feinsinnigkeit unter, die der klassisch gebildete Jurist zu bieten hat, zum Beispiel diese: »Die Rente muß wieder auf ihre ursprüngliche Bedeutung zurückgeführt werden, wie der lateinische Ursprung ›reddere‹ sagt. Man gibt das Geld einer Versicherung, die legt es an, und im Alter lebt man vom Ertrag« (Paul Kirchhof in der Süddeutschen Zeitung Nr. 200/2005). Nun hat, wie der gute Lateiner weiß, das Verbum »reddere« mitsamt den daraus hergeleiteten Substantiven ein breites Spektrum möglicher Bedeutungen: Mit »reddere« kann »wiedergeben« oder »erstatten«, aber auch »von sich geben«, »abliefern« und »opfern« gemeint sein, und dabei stellt sich die Frage: Wer – wem? Es gibt Renten und Renditen, Rentner und Rentiers, und wenn man, Kirchhof folgend, sein Geld einer Versicherung gibt, soll sich das ja für diese rentieren. Zu diesem Zwecke legt die Versicherung das Geld an, was aber zur Folge haben kann: Die einen erhalten die Rendite; für die anderen jedoch fehlt es im Alter an der Rente. Und dann hilft auch ein lateinischer Ursprung nicht mehr weiter. Arno Klönne
Lange SchulzeitKlaus Staeck, ein sympathischer Mensch, unternimmt seit vielen Jahren unter dem Logo »Aktion für mehr Demokratie« Werbefeldzüge für die SPD. Nicht so sehr für die SPD, wie sie wirklich ist, sondern wie sie nach seiner Meinung sein sollte. Und so arrangierte er auch diesmal eine Großanzeige, in der zahlreiche nette Menschen kundtaten, daß sie zum 18. September die SPD unterstützen möchten, wenn auch mit Vorbehalten: »...bei aller Kritik, die wir an einzelnen politischen Entscheidungen der Vergangenheit hatten«. Welche Entscheidungen gemeint sind, wurde nicht gesagt, aber der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die SPD in Zukunft »ihr Profil schärfen« werde. Warum man die SPD wählen sollte? In der Anzeige heißt es: »Schließlich geht es um die Verteidigung (nein, nicht Deutschlands am Hindukusch, sondern) eines liberalen Lebensgefühls gegen konservative Lebensstile mit all den Zumutungen und Lähmungen, die wir während der 16jährigen Kohl-Zeit zur Genüge erfahren haben.« In der langen Liste der UnterzeichnerInnen ist dann als erste verzeichnet: »Nina Acker, Schülerin.« Sie steht wohl nicht deswegen ganz vorn, weil »Acker« Gerhard Schröders Spitzname ist, sondern einfach wegen des Alphabets. Aber da kommen Fragen auf: Wie steht es mit der Schulverweildauer, wenn Nina, heute Schülerin, die sechzehn Jahre vor 1998 schon im Kampf mit konservativen Lebensstilen verbracht hat? Ist sie durch all die Kohl'schen Zumutungen so gelähmt gewesen, daß es mit dem schulischen Lernerfolg haperte? Wir wollen Nina nichts Nachteiliges nachsagen. Also nehmen wir an: Sie ist für die SPD, und da mußte sie bei der Unterschriftensammlung gar nicht erst nachlesen, weshalb sie für diese Partei ist. Wenn nun die SPD doch wieder regieren oder wenn sie, was eher wahrscheinlich ist, mitregieren darf, dann kann es sein, daß auch Nina Zumutungen erfährt. Mal sehen, ob sie den Staeck-Aufruf auch beim nächsten Bundestagswahlkampf unterschreibt. A.K.
EinheitsparteigewerkschaftDer DGB-Vorsitzende Michael Sommer, meldeten die Zeitungen, habe, rechtzeitig vor der Wahl, der Linkspartei eine Absage erteilt. Er hatte sich zwar umständlicher ausgedrückt, aber in der Sache verstanden ihn die Presseleute richtig: Sommer sieht es als »Schwächung« der Gewerkschaften an, wenn Funktionäre und Mitglieder derselben sich links von der SPD engagieren, die sich ihrerseits seit etlichen Jahren als eine Partei der Mitte (»neue Mitte«) definiert. Unter »Einheitsgewerkschaft« versteht er, daß nichts unternommen wird, was den SPD-Vorstand in die Bredouille bringen könnte. Ein Gespräch mit Angela Merkel war für ihn in dieser Hinsicht unproblematisch, für »spalterisch« hielte er es hingegen, Kontakte mit Lafontaine, Gysi & Co. aufzunehmen. Im übrigen meint er, der DGB solle auf »Drohgebärden« verzichten und bei denen vorsprechen, »die in diesem Lande die Politik bestimmen«. Bei denjenigen also, die regieren oder sich ums Regieren bewerben. War da mal von »gewerkschaftlicher Gegenmacht« die Rede? Falls Sommer je davon gehört hat, ist es ihm längst entfallen. Nach der Wahl, wie auch immer die regierende Koalition aussehen wird, bleibt es beim DGB-Vorstand sommerlich, aber den Gewerkschaften und ihren Mitgliedern steht ein garstiger Herbst bevor – in den Farbtönen Schwarz-Gelb-Rot-Grün, ganz gleich in welcher Komposition. Marja Winken
Zerbrochene FahnenstangeDie Bilder gingen im Mai 2002 durch zahlreiche Medien: Ein einzelner Mann, der, einsam auf einem Bürgersteig in Berlin-Reinickendorf stehend, den herannahenden Konvoi mit dem US-Präsidenten Georg W. Bush mit einer palästinensischen Nationalflagge begrüßen wollte. Und stattdessen von deutschen Polizisten zusammengeschlagen wurde. Ossietzky berichtete darüber. Der Polizeipräsident versprach damals »schnellstmögliche Aufklärung«. Was man in der deutschen Justiz unter »schnellstmöglich« versteht, zeigte sich darin, daß es bis September 2005 dauerte, ehe im Amtsgericht Berlin-Tiergarten der Prozeß gegen fünf Polizeibeamte eröffnet wurde, die beschuldigt sind, den Palästinenser Khaled M. mißhandelt zu haben. Keiner von ihnen ist bisher wegen des Vorfalls vom Dienst suspendiert worden. Nur dem Aufsehen, das der Vorfall in den Medien fand, ist es zu verdanken, daß der Prozeß überhaupt stattfindet – der Skandal war einfach zu groß. Auch zu Prozeßbeginn erschienen Berichte in der Tagespresse, und der Sender RBB strahlte einen Beitrag aus. Aber festzuhalten bleibt: Trotz des anhaltenden Medieninteresses wurde die Prozeßeröffnung über drei Jahre hinweg verschleppt und nach Kräften behindert. Und inzwischen wurde Khaled M. angeklagt – wegen angeblich an Polizeibeamten begangener gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Beleidigung. Auch beim Prozeßbeginn wurden die Behinderungen deutlich: Der Richter hatte die Akten zu dem Fall erst wenige Tage vor der Verhandlung auf den Tisch bekommen. Der Staatsanwalt zeigte sich verwirrt darüber, gegen die Staatsgewalt ermitteln zu müssen. Dem Nebenkläger hatte man weder eine Klageschrift noch eine offizielle Ladung zum Prozeßtermin zugestellt. Von den Angeklagten war keiner bereit, sich zu den Beschuldigungen zu äu-ßern. Das überließen sie ihren Anwälten. Die Standpunkte der Parteien wurden bereits vor Beginn der Verhandlung kundgetan: Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck, der zusammen mit seinem Kollegen Eberhard Schultz den Nebenkläger Khaled M. vertritt, charakterisierte in einem Interview die Tat der Polizeibeamten als »feige« und verglich ihr Verhalten mit dem einer »Straßengang«. Rechtsanwalt Johann Schmid-Drachmann dagegen, der einen der Angeklagten vertritt, verteidigte die Tat als »rechtmäßig«, da von der Fahnenstange des Geschädigten möglicherweise eine Gefahr für die Sicherheit des US-Präsidenten ausgegangen sei. In Erklärungsnot kam er allerdings bei der Frage eines Pressevertreters, ob die Polizeibeamten angesichts einer Deutschlandfahne ebenso gehandelt hätten. Von den fünf Polizeibeamten zeigte keiner auch nur eine Spur von Reue. Jeder von ihnen ist einen Kopf größer und fast doppelt so breit wie der schmächtige Palästinenser, über den sie während des Prozesses einfach hinwegsehen. Ihre Verteidiger bemühten sich eifrig, eine Aussage von Khaled M. zu verhindern. Als Begründung mußte herhalten, er stehe als Folge der posttraumatischen Störung unter medikamentöser Behandlung und sei daher »nicht aussagefähig«. Daß diese Störung von der mutmaßlich von ihren Mandanten begangenen Gewalttat herrührt, ist den Anwälten offensichtlich gleichgültig. Der Richter wies die Anträge der Verteidigung zurück und ließ die Aussage von Khaled M. zu. Daraufhin versuchte die Verteidigung mehrmals, ihn aufgrund teilweise längst verjährter Vorfälle zum kriminellen Gewalttäter zu stempeln. Khaled M. wurde im Jahre 1968 in einem Flüchtlingslager im Süden des Libanon geboren. Im Alter von elf Jahren kam er zum ersten Mal nach Deutschland, wurde jedoch infolge der restriktiven Flüchtlingspolitik der damaligen Bundesregierung bald wieder abgeschoben – zurück in den libanesischen Bürgerkrieg. Im Jahre 1983 gelang ihm die Rückkehr nach Deutschland. Er arbeitete als Kellner, heiratete eine deutsche Frau, mit der er mittlerweile drei Kinder hat. Bei der Mißhandlung durch die Polizei wurde ihm der Arm gebrochen, und zugleich wurde die Erinnerung an die traumatischen Kindheitserinnerungen wieder aktiviert. M. hat seine Arbeit verloren und unterzieht sich jetzt einer Therapie. An jenem 22. Mai 2002 hatte Khaled M., wie er sagt, nichts anderes vor, als friedlich für die Sache seines Volkes zu demonstrieren. Der Angriff sei für ihn völlig überraschend gekommen. Es dürfte schwierig werden, die ihm zugefügten Verletzungen einzelnen Beamten zuzuordnen. Ihre Dienstnummer hatten die prügelnden Polizisten trotz Aufforderung nicht herausgegeben. Und Khaled M. konnte in dem Prozeß keinen der Angeklagten wiedererkennen. Für jeden, der einen Polizeieinsatz einmal aus nächster Nähe miterlebt hat, ist das nachvollziehbar – für die Verteidigung nicht. »Schlugen nun zwei Polizisten oder drei? Waren es alle, die geschlagen haben, oder nur mehrere? Einer nicht?« Die Tatsache, daß Khaled M. zusammengeschlagen wurde, läßt sich nicht leugnen, und so will nun jeder der Verteidiger seinen Mandanten nach Möglichkeit entlasten. Erste Zeugen wurden geladen: drei junge Leute, die auf einem Balkon stehend Erdbeeren aßen und dabei den Vorfall beobachteten. Sie hatten zwar nach über drei Jahre deutliche Probleme, sich detailliert an die Geschehnisse zu erinnern, bestätigten aber im wesentlichen die Aussage von Khaled M.: Man hat ihn massiv angegriffen. Ihm wurde die Fahne entrissen, die Stange zerbrochen. Und es wurde wieder und wieder zugeschlagen und getreten. »Dann haben die nur noch gekloppt! Der hatte keine Chance!« sagte eine Zeugin aus. Identifizieren konnten jedoch auch die drei Jugendlichen keinen der prügelnden Beamten: »Von oben sieht man doch nur die Helme.« Es stehen noch weitere Zeugenvernehmungen aus. Der Prozeß wird fortgesetzt. Unsere Berichterstattung auch. Gerd Bedszent
Keine Insel»Die Insel« heißt der Film von Michael Bay, aber in diesem Film gibt es keine Insel, sie ist nur ein Phantasieprodukt, eine Utopie, vielleicht eine Vorstellung vom Paradies, die die Menschen bei Laune halten soll. Die Menschen leben in einem unterirdischen Bunker. Ihnen wird erzählt, daß sie die Überlebenden einer Katastrophe seien; draußen sei alles kontaminiert. Der Zugang zu jener Insel der Glückseligen wird über ein Lotterieverfahren geregelt: Wer gewinnt, darf auf die Insel, die anderen müssen warten. Nach und nach werden wir im Laufe der Handlung aufgeklärt: Diese Menschen sind Klone, das heißt lebende Ersatzteillager der auf der Erde wohnenden Reichen und Mächtigen. Wenn Bedarf nach einer neuen Leber oder Niere besteht, wird einer der Klone auf die Insel, das heißt ins Jenseits geschickt. Nun geht es im Kino bekanntlich anders zu als im richtigen Leben, das Kino ist eine unserer »Inseln«. Und die Opfer der Pharma- und Medizinindustrie haben kaum die Chance, in einem KommerzFilm die Hauptrolle zu spielen und durch attraktive SchauspielerInnen dargestellt zu werden... Doch im Verlaufe des Films entwickelt einer der Klone die beste menschliche Eigenschaft: Neugier. Es beginnt damit, daß er einen Schuh vermißt und der immer gleichen weißen Kleidung, die sie tragen müssen, überdrüssig wird; eine bunte wäre doch schöner, meint er. Zwei der Klone brechen aus. Sie gehen auf eine Entdeckungsfahrt in die wirkliche Welt und auf die Suche nach ihren Originalen, denen sie zu dienen haben. Es folgt eine furiose Verfolgungsjagd, deren Geschwindigkeit wie Schläge auf Augen und Ohren wirkt und statt sehend blind macht. Diese Szenen verschenken leider die Entwicklung des nicht ganz schlechten Humors und die verfremdete Sicht der beiden Flüchtlinge aus dem Bunker auf die Oberfläche der real existierenden Welt. Die Klone, die menschlicher sind als die Menschen, in denen sie irgendwann aufgehen sollen, haben eine klassische Idee von Aufklärung: Man könne sie und ihre Artgenossen retten, wenn die Reichen und die Mächtigen, deren organische Kopien sie sind, von ihnen erfahren würden, daß auch sie denken können und Gefühle haben. Denn diejenigen, die in die »Organbanken« investiert haben, wissen nicht, daß ihre organische Reserve lebt. Es stellt sich heraus, daß die Investoren an dieser Erkenntnis gar nicht interessiert sind. Das ist die zweite Sozialkritik im Film. Die erste lautet: Die Insel gibt es nicht. Die zweite: Es rettet euch kein höheres Wesen, keine Reichen und Mächtigen; sie, die Klone, können sich nur selber retten. Wolfgang Haible
»Santo subito«skandierte die euphorisierte Trauergemeinde am Ende des Requiems für den verstorbenen Papst Johannes Paul II. auf dem Petersplatz in Rom. »Santo subito« – damit wollte die massenmedial gepuschte Menge keinen Schnaps als Umtrunk (Santo... aber plötzlich!), sondern sie forderte, so zumindest die offizielle Lesart, die sofortige Heiligsprechung des Verstorbenen. Nun sieht das strikte Reglement der katholischen Kirche vor, daß – gemäß der Wildwest-Philosophie »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer!« – ein Mensch, bevor er zum Heiligen deklariert wird, erst einmal gestorben sein muß. Diese simple Vorbedingung war äußerst spektakulär in die letzte Hütte des globalen Dorfes übertragen worden. Danach hätte es für die Seligsprechung, eine Vorstufe der Heiligsprechung, eigentlich einer Wartezeit von fünf Jahren bedurft. Es kündigt sich jedoch eine der schnellsten Seligsprechungen der Kirchengeschichte an. Bereits wenige Wochen nach dem Ableben von Johannes Paul II. wurde der Seligsprechungsprozeß für den verblichenen Pontifex eingeleitet. Er selber hatte bei der Seligsprechung für Mutter Teresa das bis dahin gültige Zeitlimit locker unterboten. Diesmal soll es noch schneller gehen. Dabei können Sie, werte Leserschaft, den Vatikan tatkräftig unterstützen. Es gilt nämlich, nachweisliche Wunder zu dokumentieren, die Johannes Paul II. entweder vor oder nach seinem Tod erwirkt hat. Die Menschheit muß nun weltweit mobilisiert und sensibilisiert werden. Wer profitierte von einem Wunder in der Ägide von Johannes Paul II.? Wer verspürte einen himmlischen Fingerzeig nach dessen Ableben? Steuern Sie möglichst schnell möglichst viele und möglichst plausible Begebenheiten bei. Haben Sie Johannes Paul II. persönlich die Hand geschüttelt, und sind Sie seitdem von Schüttellähmung oder Gicht befreit? Hat der Weltreisende in Sachen Glaubensbekehrung vielleicht ihre heimische Gartenerde geküßt und damit ein botanisches Wunderwerk ausgelöst? Hat sich der Benzinverbrauch Ihres Autos markant verändert, nachdem Sie die Stoßstange des »Papamobils« touchiert hatten. Gibt es quantifizierbare Veränderungen nach dem Tod von Johannes Paul II. am 2. April: Wie haben sich die eheliche oder außereheliche Koitusquote, der unaufhaltsam scheinende Prozeß des Haarausfalls oder die desaströsen körperlichen und geistigen Ausfallerscheinungen nach Alkoholeskapaden entwickelt? Halten Sie einfach kurz inne und notieren Sie dann die Ergebnisse Ihres Nachdenkens. Ihre nächstgelegene Bis-tumsstelle wird Ihre Resultate und Beobachtungen zuverlässig an die Seligsprechungszentrale im Vatikan weiterleiten. Es wäre doch gelacht, wenn unser deutscher Papst es nicht hinkriegte, einen Polen im Rekordtempo seligzusprechen. In diesem Sinne: Santo subito! Thomas Rüger
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Sprüche über die SpreeWas hat Tom Tykwer mit der Spree zu tun? Falls Sie den Film »Lola rennt« nicht gesehen haben, finden Sie die Antwort in Gerd Conradts Buch »An der Spree«. Zu lesen ist auch des Regisseurs erstaunliche Erkenntnis: »Die Spree – das ist Berlin, sie ist in der Stadt verankert.« Verankert, ach ja?! Ein Nicht-Berliner muß das wissen, denn viele Berliner können nicht mal Landwehrkanal und Spree auseinanderhalten. Eines sollten sich die Leute endlich merken: Die Alte Nationalgalerie steht an der Spree, die Neue Nationalgalerie am Landwehrkanal. Was das Zittauer Gebirge mit der Spree zu tun hat? Die meisten Berliner werden es nicht erahnen. Für sie hat die Spree selbstverständlich ihren Ursprung im Spreewald. Denkste! Dem 583 Meter hohen Kottmar im Zittauer Gebirge entspringt sie. Wer hätte der Spree das zugetraut? Und daß sie schon 15 000 Jahre dahinströmt? Der Autor und seine Koautoren haben viele schnell wechselnde Texte beigetragen. Es fällt schwer, auch nur einen auszulassen. Ob das dem Betrachter auch beim Anschauen der Fotos gelingt? Manche sind zu klein, kaum wahrzunehmen. Bernd Heimberger Gerd Conradt: »An der Spree. Der Fluß. Die Menschen«, Transit Verlag, 168 Seiten, 19,80
Press-KohlDas Amtsgericht Berlin-Charlottenburg veröffentlichte unter der Nr. 70 II 246/04 folgendes Aufgebot: »Herr Reinhard K... hat beantragt, die verschollene Julie Auguste Köhler, geb. Schmidt, geb. am 26.07.1881... für tot zu erklären. Die Verschollene wird aufgefordert, sich bis zum 31.08.2005 vor dem unterzeichneten Gericht zu melden, widrigenfalls sie für tot erklärt werden kann...« Ich fürchte, daß sich Frau Köhler nicht vor dem unterzeichneten Gericht gemeldet hat, weil sie nicht mehr sehr gut zu Fuß ist, wofür man angesichts ihres Alters Verständnis aufbringen sollte. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 19/2005 |
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