Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Gestern Varvarin – morgen HamburgMonika Köhler Noch verteidigen wir unser Vaterland am Hindukusch – bald werden wir es vor uns selbst zu schützen haben; die Pläne für den Einsatz der Bundeswehr im eigenen Land reifen schon. Zur Bekämpfung des inneren Feindes wie des äußeren brauchen wir Aufklärung. Hilfreich ist das Aufklärungsgeschwader 51 »Immelmann«. Es liefert exzellente Fotos, wie das Altonaer Museum in Hamburg in der Sonderausstellung »Luftbilder – die Welt von oben« beweist. Warum werden die Bilder im Museum gezeigt? Um das leicht angestaubte Haus attraktiver zu machen – für wen? Das Geschwader hat den »militärischen Auftrag«, ist im Glaskasten zu lesen, »Luftaufklärung in einem Einsatzgebiet« durchzuführen. Das Museum als neues psychologisches Einsatzgebiet? Der Zweck ist offenbar, die Bürger langsam und unmerklich daran zu gewöhnen – hier durch Fotos von angeblich »großem ästhetischen Reiz«: die Langeland- Brücke »in stimmungsvoller Gegenlichtaufnahme«. Das Geschwader »Immelmann« – benannt nach einem 1916 umgekommenen Luftkriegshelden – ist in der norddeutschen Tiefebene »beheimatet«: in Jagel bei Flensburg, Schleswig-Holstein. Der Heldennachwuchs übt täglich das Überfliegen des eigenen Landes, aber »bei besonderen Anlässen« sind auch »Ziele im Ausland« dabei. Wir sehen im Schwarz-Weiß-Foto die Altstadt von Mostar im September 1997. Ein Motiv, aufgenommen aus diskreten 1524 Metern Höhe. Die alte Brücke, die, von Granaten getroffen, einstürzte und »zu einem Symbol für den Zerfall Jugoslawiens wurde«. Der Text berichtet stolz über Erfolge des Geschwaders: »Seine Leistungsfähigkeit konnte der Verband während des sechs Jahre dauernden Einsatzes über dem ehemaligen Jugoslawien… beweisen.« Brücken wie in Varvarin – Menschen kommen auf den Bildern nie vor, sie existieren nicht für die Luftaufklärer. Die Ausstellung war schon eröffnet, als Ende Juli das Oberlandesgericht Köln die erneute Klage der zivilen Opfer und ihrer Angehörigen (17 Verletzte, zehn Tote – darunter Kinder) von Varvarin abwies. Über Kanadas menschenleere Küste kann man jetzt schon mal mit niedrigen 77 Metern und 909 Stundenkilometern hinwegdonnern ohne Lärmbeschwerden der Bevölkerung. Nebenbei erfährt der Museumsbesucher (oder der Auftraggeber) einiges über solche technischen Raffinessen wie das »Geländefolgeradar« des Tornados oder über das Infrarot, das Flugzeuge abbildet, die gar nicht mehr auf dem Flugfeld stehen, nur ihr »thermischer Schatten« verrät sie. Die Kunst des Bildaufbaus: Panzer im Schnee »stehen schon fast idyllisch in der Winterlandschaft«. Aber gleich kommt militärisch Nützliches zur Sprache: »Schnee kann sehr gut in die Tarnung einbezogen werden.« Die Fotos vom Hamburger Hafen zeigen bestechend klar die Topographie und die aufgereihten Container. Auf anderen Bildern sehen wir Hamburger Brücken und Türme. Oder Kirchen in Venedig – touristische Ziele? Kunst. Die »Kunst der militärischen Luftbildauswertung« besteht darin, erfahren wir, »unter enormem Zeitdruck die relevanten Objekte überhaupt erst einmal zu entdecken, dann zu erkennen und genau zu identifizieren.« Die relevanten Objekte also, diejenigen, die »der Auftraggeber« vorgibt. Auftragskunst. In Aufstellungen, rätselhaft für Zivilisten, werden alle Arten von Panzern mit ihren Namen aufgelistet. Im kulturhistorischen Heimatmuseum. Nicht ausgestopfte Marder – Waffen. Museumspädagogisch ist die Ausstellung dürftig aufgestellt. Nicht nur über Varvarin erfahren wir nichts. Auch nichts über den größten Helden des Geschwaders Immelmann, den vielfach vom Führer wegen erfolgreicher Menschenjagd ausgezeichneten Hans-Ulrich Rudel. Und schon gar nichts über das große Ereignis, mit dem das Geschwader Immelmann den Zweiten Weltkrieg am 1. September 1939 morgens zwischen vier und fünf Uhr einleitete. 64 Jahre danach berichtete Die Zeit : »Der dritte und letzte Einsatz, bei dem wieder 29 Maschinen über die Stadt fliegen, wird von Major Oskar Dinort vom Stuka-Geschwader 2 Immelmann befehligt. Aus über 2000 Meter Höhe stürzt sich die gesamte Staffel steil auf das Ziel. Erst nachdem sie auf 800 Meter gefallen sind, lösen sie die Bomben aus. Die schwerste wirft Dinort selbst. ›Direkt auf den Marktplatz!‹, jubelt er später in einer NS-Publikation mit dem Titel ›Die Höllenvögel‹.« 1200 Menschen wurden bei dem Angriff auf Wielun ums Leben gebracht, bevor noch der Krieg erklärt war, die Stadt wurde fast vollständig zerstört. Doch diese historischen Verdienste des Geschwaders Immelmann bleiben in der Ausstellung unerwähnt. Einsichten in verschiedene Bereiche des »alltäglichen Lebens« will die Ausstellung »Luftbilder – Die Welt von oben« mit ästhetisch ansprechenden Fotos des Geschwaders Immelmann vermitteln. Das ist heute Normalität im Altonaer Museum in Hamburg unter der neuen Leitung von Professor Bärbel Hedinger.
Erschienen in Ossietzky 18/2005 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |