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Aber unter dem Kanzler Gerhard Schröder stehen deutsche Truppen seit mehr als sechs Jahren in Serbien, in Kosovo – nach einem völkerrechtswidrigen Krieg mit allen Konsequenzen. Freilich, die deutsche Mitwirkung an der Zerschlagung Jugoslawiens, des nichtpaktgebundenen Vielvölkerstaates vom slowenischen Triglav bis zum mazedonischen Ohridsee, von den Tiefebenen der Vojvodina bis zur kroatischen Adriaküste und den montenegrinischen Bergen, ist eine Untat der vorangegangenen, also der Kohl-Genscher-Regierung. Doch auch damals war die SPD nicht unbeteiligt. Sie trug die Regierungsentscheidungen mit. Mehr noch: Ihre führenden Außenpolitiker, so der damalige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Norbert Gansel am 23. Mai 1991, forderten noch vor der Unabhängigkeitserklärung Sloweniens und Kroatiens als erste deren überstürzte völkerrechtliche Anerkennung, mit der das Land in den langen blutigen Bürgerkrieg getrieben wurde. Acht Jahre später führte die SPD-geführte rosa-grüne Regierung an der Seite der NATO Krieg gegen das nur noch aus Serbien und Montenegro bestehende Jugoslawien, das im 20. Jahrhundert schon zweimal Opfer deutscher Aggressionspolitik gewesen war. Konsequent, ohne langes Zögern brach sie das Völkerrecht, die Charta der Vereinten Nationen, die KSZE-Schlußakte, den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der den Rang eines Friedensvertrages hat, und das Grundgesetz der BRD. Konsequent, ohne Zaudern setzte sie die deutschen ECR-Tornados ein, die mit ihren HARM-Raketen den Luftweg für die Tarnkappenbomber, die Kriegsflugzeuge F-15, F-16 und B-52 der USA und anderer Aggressorstaaten freischossen, damit diese ihre todbringende Last – darunter 20 000 Brand- und Splitterbomben, 5000 schwere konventionelle Bomben, 400 Tomahawk Cruise missiles und 50 000 Projektile mit abgereichertem Uran – vorrangig in zivile Ziele bringen und Tausende Kinder, Frauen und Männer ermorden, die Infrastruktur und ganze Wirtschaftszweige zerstören konnten. Nach 78 Tagen Dauerbombardements erklärten sich der Kanzler und SPD-Vorsitzende Schröder, sein Parteigenosse Kriegs- und Lügenminister Rudolf Scharping und ihr grüner Kriegskamerad Joseph Fischer zu Siegern. Unter dem Vorwand, in der südserbischen Provinz Kosovo eine »humanitäre Katastrophe« zu verhindern, hatten sie maßgeblich dazu beigetragen, in ganz Serbien eine humanitäre, ökonomische und ökologische Katastrophe herbeizuführen. Auch mehr als sechs Jahre danach sind die Folgen des Krieges nicht überwunden. Überall kann man sehen und spüren, was mit Kumpanen die heutige Führung der SPD den Menschen in diesem Land angetan hat. Aus einem prosperierenden Industrie-Agrar-Staat mit einem beachtlichen Wohlstand der Mehrheit der Bevölkerung ist das unter NATO-und EU-Druck in ein amorphes Staatsgebilde mit dem Namen »Serbien und Montenegro« umgewandelte Restjugoslawien nach fast zehn Jahre anhaltenden, vor allem von Deutschland erwirkten Sanktionen und dem Zerstörungskrieg aus der Luft laut Weltbank zu einem der ärmsten Länder der Welt geworden. Das Nettodurchschnittseinkommen beträgt nicht einmal 200 Euro monatlich. Westliche Investitionsagenturen preisen als Standortvorteil unter anderem »hohe Rohstoffvorkommen, niedrige Immobilienpreise und die günstige Arbeitsmarktlage«. Aufgrund der allgemeinen Not sind Arbeitskräfte so billig zu haben, daß der US-amerikanische Nobelpreisträger für Ökonomie Joseph Stiglitz 2003 feststellte: »Serbien hat das weltweit beste Preis-Leistungsverhältnis bei hochqualifizierten Arbeitskräften.« Vollbracht hat dieses Wunder der Krieg. Keiner der verantwortlichen Politiker und Militärs spricht von den Opfern der Bombenangriffe und von den Hinterbliebenen, die ihre getöteten Kinder, Ehepartner, Väter und Mütter beweinen. Wer aber, um nur ein einziges Beispiel zu nennen, Vesna Milenkovic, die Mutter der 1983 geborenen und am 30. Mai 1999 in der Kleinstadt Varvarin auf der kleinen Brücke über die Morava von NATO-Raketen erschlagenen Sanja kennt, der weiß, wie tief der Schmerz noch heute ist. Und die Trauer der Vesna Milenkovic und der anderen Hinterbliebenen der insgesamt zehn bei diesem Angriff Ermordeten steht für das Leid, das Zehntausenden zugefügt wurde und noch lange nicht überwunden ist. Die Varvariner haben die deutsche Bundesregierung auf Schmerzensgeld und Schadenersatz verklagt; in erster Instanz wies das Landgericht Bonn die Klage zurück. Die Schröder-Regierung hat sich für die Mitwirkung an dem Verbrechen nicht einmal entschuldigt. Statt wenigstens Mitgefühl zu zeigen, hat sie über ihre Rechtsanwälte die leidgeprüften und bitterarmen Kläger unter Pfändungsandrohung aufgefordert, 16 000 Euro Prozeßkosten zu zahlen. Inzwischen wurde die Klage auch in zweiter Instanz vom Oberlandesgericht Köln abgewiesen. Begründet hatte die rosa-grüne Regierung ihre Kriegsteilnahme vor allem mit dem Ziel, eine angebliche ethnische Vertreibung der Albaner aus Kosovo zu verhindern. Deshalb wurde Jugoslawien bombardiert und Kosovo, das für die Serben eine symbolische nationale Bedeutung hat wie Jerusalem für die Juden, de facto von der Republik Serbien abgetrennt. Unter den Augen der Besatzungstruppen wurden 250 000 Serben, Roma, Juden und andere Nichtalbaner vertrieben. Alles, was an die fast 1000jährige serbische Geschichte des Gebietes erinnert, wurde und wird systematisch ausgelöscht. Mehr als 120 historisch wertvolle, zum Teil einzigartige Klöster und Kirchen wurden niedergebrannt. Hunderte von Serben wurden ermordet. Die wenigen in Kosovo verbliebenen Serben leben in Ghettos, und auch dort sind ihr weniges Hab und Gut, ihr Leben ständig der Gefahr antiserbischer Pogrome ausgesetzt. Bei dem Pogrom im März 2004 boten ihnen die deutschen Truppen keinerlei Schutz. Sie sorgten aus-schließlich für ihre eigene Sicherheit. Doch Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) erklärte im Juni 2005 bei der Begründung für die erneute Verlängerung des Mandates für den Einsatz in Kosovo frohgemut: »Deutschland ist mit rund 2500 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr der größte Truppensteller für die KFOR... Ich bin stolz auf diesen Dienst für den Frieden, den unsere Soldaten geleistet haben.« In Deutschland geriert sich die SPD-geführte Regierung als Vorkämpferin für den Umweltschutz und verweist auf die Reduzierung der CO2-Emissionen (wobei sie die Hauptursache, die Deindustrialisierung Ostdeutschlands, schamhaft verschweigt). Am das Leben von Generationen bedrohenden Chemiekrieg gegen Jugoslawien hat sie sich skrupellos beteiligt. Angegriffen wurden nach lange vorher bestätigten Einsatzplänen über 30 Erdölverarbeitungs- und andere Chemiewerke. Allein in Pancevo, einer 100 000 Einwohner zählenden, nur 20 Kilometer von Belgrad entfernten Industriestadt, wurden 17 Tage und Nächte lang die Raffinerie, eine Düngemittel- und eine Kunstoff-Fabrik bombardiert. Damals kündeten riesige, in den Himmel ragende schwarze Giftwolken von der ökologischen Kriegsführung. Heute sterben laut jugoslawischen Umweltschützern in dieser und in anderen Städten immer mehr Menschen an Krebs. Nicht anders ist es in den vielen Gebieten, wo die NATO ihre Uranmunition verschoß. Für die SPD ist das alles kein Thema. Sie feiert noch heute den Sieg über das »unmenschliche Milosevic-Regime«, weil – siehe Wahlmanifest – »Friede und Freiheit« und natürlich auch der Schutz der Umwelt ihre »Überzeugung und Verpflichtung« sind.
Erschienen in Ossietzky 17/2005 |
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