Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Bemerkungen
Orwells FluchHans-Jochen Vogels Auftritt am 17. Juli bei Christiansen ließ einen Hirnschlag befürchten, nicht wegen der üblichen Zornesröte, sondern seiner Verweigerung durchaus vorhandener Kenntnisse. Die USPD trage Schuld daran, daß die SPD ab 1922 nicht mehr zum Zuge gekommen sei, und die KPD habe zu Hitlers Sieg geführt – dies die Quintessenz des wirren Gestotters. Ihre geballten Irrtümer austeilend wagen solche Sozis kein selbstkritisches Wort zu ihrer Kriegsbeteiligung von 1914 und ihrem Verrat an eigenen Beschlüssen und am Internationalismus der Arbeiterbewegung. Jochen Vogel sollte die Vernebelungen der Geschichte seinem christlichen Bruder überlassen, auch wenn die Distanz zwischen SPD und CDU so einschrumpft, daß höchstens noch ihre diversen Wahlpapiere dazwischen passen. Unser SPD-Vogel war schon mal beträchtlich klüger. Am 15. Juli 1998 stand ausgerechnet in der FAZ: »Der politisch motivierte Widerstand war – jedenfalls so wie ihn die Akten erfassen – zu 75 Prozent kommunistischer, zu zehn Prozent sozialdemokratischer und nur zu drei Prozent christlich-bürgerlicher Widerstand. Wie soll man mit dieser Mehrheit kommunistischer Widerständler umgehen?« Diese ratlose Frage richteten die heiligen Hüter des Kapitals an Vogel. Der war so überrascht, daß er antwortete: »Totschweigen darf man sie nicht.« Seither sind sieben Jahre vergangen. Alles vergessen, Herr Gründungsvorsitzender des Vereins »Gegen Vergessen –Für Demokratie «? Verschrödert und verblödert, wie es sich die jetzigen Ober-Genossen wünschen? In Orwells Roman »1984« gibt es »drei Wahlsprüche der Partei«, sie lauten: »Krieg bedeutet Frieden – Freiheit ist Sklaverei – Unwissenheit ist Stärke.« Mit dem ersten Wahlspruch zog die SPD anno 1914 in den Krieg und nannte das Burgfriedenspolitik. Der zweite Wahlspruch galt ab 1933 für Hitlerdeutschland, das seine Freiheit zur Sklaverei so lange ausprobierte, bis 1945 alles in Trümmern lag. Der dritte Wahlspruch ist das Axiom des 21. Jahrhunderts: Im Zeichen medial verbreiteter Unwissenheit streben die Parteien kollektiv zum ersten Wahlspruch zurück: Krieg bedeutet Frieden. Gerhard Zwerenz
KrähwinkelDaß hinter einer bestimmten Zeitung immer ein kluger Kopf stecke, ist eine inzwischen sprichwörtliche Behauptung ihrer Werbeabteilung. Daß man diesen Kopf auch in den Sand stecken kann, machte die FAZ am 18. Juli deutlich. Während den anderen deutschen Zeitungen, gleich welcher Couleur, die tags zuvor beschlossene Gründung der neuen Linkspartei die Schlagzeile oder zumindest Spitzenmeldung wert war, mußte man auf der ersten Seite der »Zeitung für Deutschland« erst suchen, bis man ganz unten eine 13-Zeilen-Meldung unter der Überschrift »PDS ändert ihren Namen in ›Linkspartei‹« fand. Wichtiger als die Veränderung der deutschen Parteienlandschaft durch Kräftebündelung der Linken schien dem Blatt für kluge Köpfe »In Deutschland gelten vom 1. August an unterschiedliche Rechtschreibregeln« als Aufmacher. Anderen dämmert es langsam, daß der neuen politischen Kraft nicht durch Diffamierung beizukommen ist, doch für die FAZ -Redaktion scheint erst mal die Parole zu gelten: Kleinreden! Eine unfreiwillig selbstironische Einschätzung lieferte sie hierzu mit der Überschrift ihres Kommentars zur Frankfurter Kultur- politik auf Seite 1: »Krähwinkel«. Heinz Kersten
SpitzenprivatisiererSind die Grünen unter dem Konkurrenzdruck der WASG/PDS wieder nach links gerückt? Die Medien behaupten das, und es gibt immer noch Basisgrüne, die es erhoffen, aber die Realität sieht anders aus. Joseph Fischer als Spitzengrüner hat jetzt der Frankfurter Rundschau erzählt, wo es lang gehen soll, wenn er noch einmal mitregieren darf. Zum Beispiel Frankfurt am Main: Da gibt es bei den Unternehmen Messe und Flughafen immer noch Anteile der öffentlichen Hand. Die will Fischer ablösen, nicht aus »ideologischen, sondern aus pragmatischen Gründen«, wie er sagt. Er sei ja schon ein Verfechter der Privatisierung von Bahn und Post gewesen – weil er sich vordem geärgert, grauenhaft geärgert habe, und das nicht nur einmal. »Ich hab mich jedesmal grauenhaft geärgert als Kunde der Post, daß es ein Gnadenakt war, bedient zu werden.« Wir sollten demnach, wenn Fischer wieder ein Regierungsamt bekäme, mit der Kommerzialisierung des Schulwesens und der Übernahme der Sparkassen durch Bankkonzerne rechnen, denn bestimmt hat er auch irgendwann einmal als Schüler oder am Sparkassenschalter Probleme gehabt, und inzwischen ist er überzeugt: Rein kapitalistisch läuft alles besser. Fischer wurde in dem Interview auch gefragt, ob die rot-grünen Steuererleichterungen für große Kapitalgesellschaften vielleicht falsch gewesen seien. Seine Antwort: »Nein, das war eine Entscheidung, die uns vorgegeben war.« Wie das? Und von wem? Kanzler Schröder kann es nicht gewesen sein, dem war Fischer doch keinen Gehorsam schuldig. Offenbar war es eine private Instanz, die dem Vizekanzler vorschrieb, dem Turbokapital steuergesetzlich freie Bahn zu schaffen. Ganz pragmatisch. Fischer bekräftigte gegenüber der FR, er setze »nicht auf Platz, sondern auf Sieg«. Das kann, wer dem Gedanken an eine Gemeinwohlverpflichtung der Wirtschaft anhängt, nur als Drohung verstehen. Arno Klönne
Ungenügend»Die Bayern sind Spitze«, jubelten nicht nur die CSU/CDU-Wahlpropagandisten, als die von der Union dominierte Kultusministerkonferenz Teilergebnisse des neuen Bundesländervergleichs »PISA E« vorzeitig in die Öffentlichkeit brachte; auch die tonangebenden Kommentatoren zeigten sich hochzufrieden. In den von der CSU oder der CDU regierten Bundesländern, so hieß es, sei der Bildungsstand der SchülerInnen sehr gut bis gut, damit werde eine Bildungspolitik bestätigt, die auf harte Leistungsanforderungen und strenge Kontrolle setze. Christoph Keese, Chefredakteur der Welt am Sonntag und Experte für die »Rettung des Kapitalismus«, brachte in einem Leitartikel zur PISA-Studie das allgemeine Lob für Bayern auf den Punkt: »Ziel des Bildungssystems ist es nicht, möglichst viele junge Leute an die Universität zu schicken... Das Bildungsniveau steigt nicht, wenn man vielen Schülern ein Abitur schenkt.« Und sein Redakteur Alan Posener legte nach: Die Leistungen der einzelnen Schulen sollten ständig evaluiert und veröffentlicht werden, die Eltern könnten dann marktgerecht die besten Angebote für ihre Kinder wählen. Chancengleichheit neoliberal: ALG-II-BezieherInnen aus Bremen dürfen, damit ihre Sprößlinge es einmal besser haben, diese in ein bayerisches Elite-Internat schicken, vorausgesetzt, die Herren Keese und Posener übernehmen die Kosten... Die vollständigen Ergebnisse der Studie werden erst im November herauskommen. Bei den meisten Kommentatoren werden sie keine Aufmerksamkeit mehr finden, und die PolitikerInnen werden auch kein Interesse daran haben. Die Wahl wird dann wohl gelaufen sein. Bei näherem Hinsehen ist PISA für neoliberale Jubeltöne gar nicht geeignet. Die Studie will nämlich Daten liefern für den Versuch, das Bildungsniveau einer Gesellschaft insgesamt anzuheben, sie will nicht rühmend berichten, wo soziale Selektion am erfolgreichsten praktiziert wird. Die Bayern als »Spitze«? Es kommt auf die Kriterien an. Zehn Prozent der »Volks«-SchülerInnen erreichen dort keinen Hauptschulabschluß, zwanzig Prozent der GymnasialschülerInnen verlassen vorzeitig diese Schulform, die Quote der »Hochschulreifen« liegt besonders niedrig. »Auslese« als bildungspolitische Maxime? Wer sich dabei auf PISA beruft, der verdient in zwei von den vier Lernbereichen, auf die sich der neue Test beschränkte, nämlich in »Textverständnis« und »Problemlösungsfähigkeit«, ein glattes Ungenügend. Marja Winken
Das Gefühl der SchamUnter dem Titel »Die neue Armut« verkündet die Berliner Zeitung : »Innerhalb eines Jahres verdreifacht sich die Zahl der Orte, an denen es kostenloses Essen gibt.« Ein Foto mehrerer sichtlich heiterer Armutsbekämpfer wird so kommentiert: »Für eineinhalb Stunden wird der Vorraum der Advents-Zachäus-Gemeinde jeden Mittwoch zum Lebensmittel-Laden. Die freiwilligen Helfer der Gemeinde geben sich dabei Mühe, den Menschen das Gefühl der Scham zu nehmen.« Einer sprichwörtlichen Behauptung zufolge soll Armut nicht schänden. Gewiß schändet Armut nicht die Armen. Das tut auch die sogenannte »neue« Armut nicht. Die Verursacher der schandbaren Armut sind bekanntlich diejenigen, welche weder die Armut spüren noch ihre eigene Schande. Keine noch so bemühten freiwilligen Helfer könnten den Reichen und noch Reicheren ein Gefühl der Scham nehmen. Denn niemandem kann etwas genommen werden, das er nicht hat und nie hatte und niemals haben wird. F. M.
Dreckig und schamlosSie tun es in Berlin. Überall. Auf Neuköllner Hinterhöfen und am Potsdamer Platz. Alte und Junge tun es, Männer und Frauen – zu jeder Tages- und Nachtzeit. Schlechtgekleidete machen es und solche, denen man es von ihrem Äußeren her nicht zutrauen würde. Ich habe es in meinem Leben bisher einmal getan, als kleiner Junge. Kurz nachdem ich Lesen gelernt hatte und wild auf alles Gedruckte war, fingerte ich an einem kleinen Bahnhof eine Zeitung aus dem Mülleimer. Meine Mutter zischte mich an in einem Ton, den ich selten von ihr hörte: »Laß das!« Daß die Menschen in Berlin, die in Mülleimern herumstochern, oft einzig nach Pfandflaschen suchen, um diese zu Geld zu machen, ändert die Sache nicht. Einmal wartete ich nach Mitternacht an einer Bushaltestelle nahe dem Potsdamer Platz. Ein Radfahrer – mit großem Gepäckkorb hinten und großem Gepäckkorb vorn – kam an den Mülleimer, fischte drei Flaschen heraus, von denen er eine nach prüfendem Blick wieder zurückwarf, steckte die beiden übrigen in den großen Sack im hinteren Gepäckkorb und radelte weiter. Im Hintergrund leuchteten farbig die Wolkenkratzer, das Bild prägte sich mir ein. Auch eine Art von Ökonomie. In südlichen Ländern gibt es »Müllmenschen«, die neben Deponien leben und sich davon ernähren, das Verwertbare herauszusuchen. Wie groß ist der Unterschied zu diesem Radfahrer in Berlin? Tatsache ist, daß aus einem vereinzelten Verhalten in den letzten Jahren ein normaler Beruf entstanden ist. Nichts ist mir in den sechs Jahren, die ich in Berlin lebe, im Alltag so aufgefallen wie die Vermehrung der »Müllgucker« in der letzten Zeit. Frappierend die Selbstverständlichkeit, mit der sie ihren Beruf betreiben. Nicht der geringste verschämte Seitenblick, kein lauerndes Herumwandern auf dem Bahnsteig oder Platz, bis dieser leerer geworden ist. Das »Laß das!« meiner Mutter war mehr als nur die Warnung, im Dreck zu wühlen. Das bürgerliche Denken assoziiert sofort: Wer im Dreck wühlt, ist selber dreckig. Das ist die Vorstellung, die den meisten Menschen in den Sinn kommt. Aber der Dreck ist eine Sache, die Schamlosigkeit eine andere. Man muß weiterdenken: Wie schamlos sind jene, die diese Menschen indirekt dazu zwingen, im Müll herumzufingern? Es ist jene Art Schamlosigkeit, die den Boß der Deutschen Bank im Gerichtssaal vor Verhandlungsbeginn die Finger zum Victory-Zeichen spreizen ließ. Stefan Hug Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Walter Kaufmanns LektüreZwei Schicksale werden dargestellt – das eines achtzehnjährigen Soldaten der US-Armee, der im zweiten Irak-Krieg beim ersten Angriff auf Bagdad fiel, und das einer irakischen Schülerin, die bei diesem Angriff ein Bein verlor. Um die Schicksale aufzuspüren, hat der Autor beschwerliche wie auch gefahrvolle Reisen nach Tampa in Florida und nach Bagdad unternommen. Was Andy und Marwa geschah, ist dort tausendfach geschehen, und tausendfach hätte es Begegnungen wie die von Jürgen Todenhöfer geschilderten geben können. Seine Erkundungen bei den Familien machen nachdenklich und bringen Erkenntnisse. Ein Krieg wird verdammt – von zwei Müttern, der aus Tampa und der aus Bagdad. Und von Jürgen Todenhöfer selbst, der zwei Jahrzehnte im Bundestag Sprecher der CDU/CSU für Fragen der Entwicklungspolitik und Rüstungskontrolle war. Kein Politiker der SPD, keiner der Grünen hat es ihm gleichgetan, schon gar nicht mit solchen klaren Worten: »Natürlich ist es zu begrüßen, daß Saddam entmachtet ist, aber wie viele Kinder darf man töten, wie viele verstümmeln, um einen Diktator aus dem Amt zu jagen, den man selbst an die Macht gehievt hat? Wer wird die westlichen Politiker zur Rechenschaft ziehen, die ihm die Komponenten der B- und C-Waffen lieferten, als er noch unser engster Verbündeter gegen Khomeini war ... als westeuropäische Staatsführer ihn hofierten und förderten?« Dieses »Politische Nachwort« hat es in sich, es sollte als Streitschrift verbreitet werden. Es endet so: »Ein Privatmann, der ein solches Fiasko zu verantworten hätte«, nämlich den Krieg, »wäre nicht nur pleite, er stünde auch vor Gericht. Den Preis zahlen andere: die Familien der verwundeten und getöteten Iraker, der getöteten und verwundeten GIs, die Weltwirtschaft, der Weltfrieden, wir alle.« Das Buch ist mehr als eines über zwei Kinder und den Krieg – was allein nicht wenig wäre –, es ist eine Anklage gegen jene Mächtigen, die im Namen einer falschen Freiheit Städte bombardieren und damit einen mörderischen Kreislauf von Terror und Gegenterror in Gang setzen. Es kommt zu spät für Marwa aus Bagdad und Andy aus Florida – für uns kommt es zur rechten Zeit. Walter Kaufmann Jürgen Todenhöfer: »Andy und Marwa – Zwei Kinder und der Krieg«, C. Bertelsmann, 173 Seiten, 16 €
Die Militarisierung der JustizWegen ihrer Gegnerschaft zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 wurden August Bebel und Wilhelm Liebknecht als Landesverräter verurteilt. Ähnlich erging es später Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Carl von Ossietzky. Wie die Justiz ein Jahrhundert lang mit Kriegsgegnern verfahren ist, findet sich einprägsam dargestellt und klug bewertet in einem Sammelband, den ich hiermit allen Ossietzky -Lesern empfehle – denen, die noch an das Recht glauben, als käme es von selbst über uns, und den schon Desillusionierten, die wissen, daß wir es immer neu erkämpfen müssen. Wir alle brauchen die historischen und juristischen Argumente, die hier zusammengetragen sind. Besonders verdienstvoll die Entzauberung des Bundesverfassungsgerichts, das (was kümmern es seine Sprüche von gestern?) die Militarisierung der bundesdeutschen Politik Schritt für Schritt mitgegangen ist. Ob das Recht des Stärkeren auf Dauer über das Recht siegt, das die Schwächeren schützt, ist in täglicher politischer Auseinandersetzung zu entscheiden. E.S. Helmut Kramer/Wolfgang Wette (Hg.): »Recht ist, was den Waffen nützt«, Aufbau-Verlag, 432 Seiten, 24.90 €
Press-KohlDie Deutsche Presse-Agentur (dpa) gab kürzlich bekannt: »Der britische Prinz Harry mußte einen Bluttest machen lassen, um klären zu lassen, ob Prinz Charles wirklich sein Vater ist.« Die DNA-Untersuchung habe dies dann zweifelsfrei bestätigt. Führende Mitglieder der Königsfamilie hätten den Test verlangt, »nachdem Diana 1995 Seitensprünge zugegeben hatte«. 1995 Seitensprünge! Eine ungewöhnlich sportliche Prinzessin. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 15/2005 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |