Ein Hilfskanonier

Ralph Hartmann

Es war zu erwarten: Wenn sich Linke aus Ost und West endlich zusammen-schließen und zu einer Herausforderung für die rosa-schwarz-gelb-grüne Kapitalistische Einheitspartei Deutschlands werden können, dann reagieren die Herausgeforderten mit tiefer Empörung und werfen mit allem Schmutz und Dreck, den sie in ihrer Nähe haben. Ganze Dreckschleuderkompanien rücken an, deren Hauptleute allseits bekannte Namen tragen. Das Bündnis aus PDS und WASG nennen sie »Rattenfänger« (Altpräsident Roman Herzog), »Hasardeure und Populisten« (SPD-Vorsitzender Franz Müntefering), »linksgetarnte Rechtspopulisten« und »Narrenzug am Hofe der Konservativen« (Grünenfrontmann Joseph Fischer). Oskar Lafontaine diffamieren sie als »geldgeilen Gockel« (CSU-Generalsekretär Markus Söder), »neuen Haider« (Europaabgeordneter Daniel Cohn-Bendit), »einen der Größten, wenn es darum geht, Populismus von ganz rechts und von ganz links zu einer rotbraunen Soße zusammenzurühren« (Grünensprecher Reinhard Bütikofer). Der brandenburgische Innenminister General a. D. Jörg Schönbohm drohte auch gleich, den Spitzenkandidaten der WASG vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

Der Truppe antilinker Verbalkanoniere gehören jedoch auch in der breiten Öffentlichkeit weniger bekannte Kämpfer an. Kaum ein Durchschnittsbürger kennt zum Beispiel Hans Christoph Buch. Doch er verdient es zweifellos, aus seiner Halbanonymität befreit zu werden – schon deshalb, weil er exemplarisch für nicht wenige steht, die sich jetzt mit Verve in die Schlacht gegen die mit dem Zusammengehen von PDS und WASG, von Bisky, Gysi und Lafontaine heraufziehende Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung stürzen.

Hans Christoph Buch nennt sich Schriftsteller; die Süddeutsche Zeitung bescheinigt ihm eine »einfallslose Prosa«. Gemeinsam mit Wolf Biermann, Günter Kunert, Monika Maron und Peter Schneider hat er in einem Aufruf vor einer neuen Linkspartei gewarnt. Dabei lassen sie keines der üblichen Schlagworte wie »Nachfolgepartei der SED«, »Polizeistaat DDR«, »Mauer und Schießbefehl« und »Stasikontakte« aus. Das sei ihnen geschenkt. Nicht jedoch die Tatsache, daß sie in ihrem heiligen Zorn neben dem Anstand offenkundig auch ein wenig den Verstand verloren haben. Wie anders ist ihre Behauptung zu erklären, »daß die PDS im Osten Deutschlands nichts gegen die grassierende Fremdenfeindlichkeit unternahm, sondern sich klammheimlich die Hände rieb: Seite an Seite mit den Neonazis der NPD«? H. C. Buch gefielen diese Einschätzungen so sehr, daß er den gesamten Aufruf auch als namentlich gezeichneten Beitrag in der Welt publizierte und sie wenig später in einem Interview für das RBB-Info-radio wortwörtlich wiederholte.

Mit seinen Warnungen vor einer heraufziehenden Linksgefahr setzt H. C. Buch seine rastlose politische Aktivität fort, die ihn als echten Freiheitskämpfer ausweist. Schon 1990 wetterte er in der FAZ gegen den Schriftsteller Karl-Heinz Jakobs, der in der Nachwendezeit für das Neue Deutschland die sogenannte Sonntagsgeschichte auswählte, und beschuldigte ihn, »sich als Weißwäscher und dissidentisches Feigenblatt mißbrauchen zu lassen«. Später nahm der so überaus bedeutende Autor H. C. Buch den Romancier Stefan Heym ins Visier und warf ihm vor, »sich nicht mehr in Gesellschaft von Balzac, sondern in Karl-Eduard von Schnitzlers Schwarzem Kanal« zu befinden, was allerdings nur von denen als Beleidigung empfunden wurde, denen Wahrheiten aus Adlershof jahrzehntelang auf den Magen geschlagen waren. Wo immer er kann, verteidigt Buch die Blockadepolitik der USA gegen Kuba. Che Guevara charakterisierte er als einen »von Asthmaanfällen geplagten Arzt (...), der nach dem Motto: Nach mir die Sintflut« gehandelt habe. Während der Aggression gegen Jugoslawien im Frühjahr 1999 forderte er in einem offenen Brief an die NATO-Regierungen, Belgrad kräftig weiter zu bombardieren und den »Einsatz von Bodentruppen nicht prinzipiell auszuschließen«.

Übrigens stand er dem Kanzler schon im Wahlkampf 2002 hilfreich zur Seite. Gemeinsam mit dem Mitunterzeichner des jetzigen Aufrufes gegen das Linksbündnis, Peter Schneider, moderierte er auf der Bühne des Hauses der Berliner Festspiele ein Gespräch mit Gerhard Schröder, in dem sie diesen so servil befragten, daß selbst der Deutschlandfunk die ganze Veranstaltung als »Schmuse-Talk-Show« und die Moderatoren als »Kanzler-Groupies« bezeichnete. Wahrlich, der Kanzler kann stolz auf solche Fans und die Dreckschleuder-Streitmacht auf solchen Hilfskanonier sein.

Erschienen in Ossietzky 15/2005