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SPD-KosmetikOhne Gegenstimme hat ein »kleiner Parteitag« der SPD ein Papier für den Wahlkampf verabschiedet, das immerhin den Begriff »Programm« vermeidet – ein »Manifest« wird es genannt. Der Sinn der Sache: Die Partei soll für die kommenden Monate rötlich geschminkt werden. Einige SPD-Vor-standsmitglieder hatten den Wunsch, im Manifest die Besteuerung unternehmerischer Veräußerungsgewinne zu versprechen, was aber bei Gerhard Schröder keine Zustimmung fand. So blieb es dann bei der Forderung nach einer Steuer für Großverdiener – denen die rot-grüne Regierung den Steuersatz zuvor ermäßigt hat. Wolfgang Clement hält auch von dieser kleinen Selbstkorrektur nichts; das sei bloß »eine Maßnahme der politischen Hygiene«. Was hat sich der Superminister bei dieser Wortwahl gedacht haben? Er ist doch sonst so adrett. Vielleicht steckt in seinem Hinterkopf der Gedanke: Wenn eine Partei Schmutzarbeit für das große Geld erledigt, dann muß sie doch nicht einen Flecken von ihrer Montur wegwischen wollen. Marja Winken
Regierungsprogramm im KriegIn einer programmatischen Rede hat der amerikanische Präsident die Notwendigkeit betont, in der Kriegszeit, in der sich die Nation befinde, die Fragen der Sicherheit untrennbar mit der Frage der ökonomischen und sozialen Gerechtigkeit zu verknüpfen. Konkret bedeute dies, jetzt unverzüglich eine Reihe von Rechten über die in der Verfassung niedergeschriebenen Rechte hinaus zu verwirklichen. Dazu, so der Präsident in seiner landesweit verbreiteten Rede, gehörten: das Recht auf eine nützliche und einträgliche Arbeit; das Recht auf einen Lohn, der zum Leben reicht; das Recht aller Unternehmer auf Freiheit vor ungerechtem Wettbewerb durch Monopole; das Recht auf angemessene Gesundheitsversorgung; das Recht auf Wohnung; das Recht auf soziale Sicherheit auch bei Arbeitslosigkeit; das Recht auf eine gute Erziehung. Die Rede hielt Franklin Delano Roosevelt (FDR), Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, im Januar 1944. Sie ist Nachzulesen in dem empfehlenswerten Buch von Cass R. Sunstein: »The Second Bill of Rights: FDR's Unfini-shed Revolution and Why We Need It More Than Ever«, erschienen 2004 im Verlag Basic Books, New York . Manfred Sohn Was Krieg aus Menschen machtViele Kritiker, die »Krieg der Sterne« hochjubelten, verreißen nun »Krieg der Welten«. Aber Steven Spielbergs jüngster Film ist viel besser, als seine Besprechungen glauben machen. Die Handlung ist schnell erzählt: Außerirdische kommen auf diesen Planeten, legen mit perfekter Kriegstechnik die Zivilisation in Schutt und Asche, morden und verschleppen Menschen ohne Zahl, haben bei ihrem Angriff jedoch eine Kleinigkeit übersehen und scheitern. Mitten im Kriegsgeschehen versucht ein geschiedener Werftarbeiter, seine jungen Kinder zu ihrer Mutter zu bringen, was ihm schließlich gelingt. Als H. G. Wells 1898 die Romanvorlage für Spielbergs Epos veröffentlichte, wollte er seinen britischen Mitbürgern zeigen, was man anrichtet, wenn man mit einer überlegenen Kriegsmaschinerie in fremde Kulturen einbricht und sie blutig unterjocht. Hier ist die Parallele zur heutigen Hegemonialpolitik der Vereinigten Staaten offensichtlich: »Krieg der Welten« führt US-AmerikanerInnen eindringlich vor, wie die von ihren Streitkräften in Afghanistan und im Irak angewandte Strategie des Shock-and-Awe gewirkt hat. Selten hat es ein großer amerikanischer Sommerfilm gewagt, so düster und beängstigend zu sein. Nach den ersten Angriffen der Außerirdischen verkriechen sich die überlebenden Menschen in Kellerräumen; auch psychisch landen sie weit unten, bei ihrem Es . Für sie geht es ums nackte Überleben im totalen Krieg, der jede Kultur, Moral und Menschlichkeit vernichtet. Ihnen bleibt nur das Fortlaufen, die Sprachlosigkeit, der Schrei. Zu den erschreckendsten Filmszenen gehört jene, in der Hauptdarsteller Tom Cruise mordet, um seine Tochter zu schützen; Spielberg läßt sein Publikum von dieser Untat jedoch nichts sehen oder hören, was sie umso schrecklicher macht. Surreale Verstörung bewirkt jene andere Szene, in der ein kleines Mädchen am Ufer eines herrlichen blauen Flusses steht, in dem erst eine, dann unzählige Leichen langsam vorübertreiben. Es bleibt abzuwarten, welche Filmmomente sich am tiefsten ins kollektive Unbewußte der Zuschauerschaft einbrennen. Dieser Film – das ist sein Verdienst – lockt sensationsgierige Menschen in die Kinos, um ihnen dann den existenziellen Schrecken des Krieges mit allen gestalterischen Mitteln einzuprägen, über die das Medium Film exklusiv verfügt. Als wir bedrückt aus dem Kino kamen, begannen meine Begleiterin und ich, über den Krieg zu sprechen und was er aus den Menschen macht. Heute und zu allen Zeiten, auf der ganzen Welt. Martin Petersen
Für die FreiheitMit geducktem Körper in schwarzer Kleidung durch die Wüste – dieses Bild von Jean-Paul Sartre ging als Gleichnis des Intellektuellen um die Welt: in Einsamkeit denkend, die Last der Ungerechtigkeit der Welt auf den Schultern. Das Bild des kleinen Mannes mit der dicken Brille ist mit einer ganzen Epoche verknüpft. Vom Ende der deutschen Besatzung bis zu den Nachwehen der 68er Bewegung hat kein anderer das Bild des engagierten Intellektuellen stärker geprägt als Jean-Paul Sartre. Am 21. Juni 2005 wäre er 100 Jahre alt geworden. Sartres Aktualität erneuert sich durch sein unbeirrbares Engagement für die Freiheit – das, was er für Freiheit hielt und auf doppelte Weise vermittelte. Denn er sprach zwei Sprachen, zweimal Französisch: das eine für das philosophische Denken, das andere zur Vermittlung in Theaterstücken, Romanen, Essays und Aufsätzen für den abstrakten Jedermann. Tiefem philosophischem Denken folgte stets die offene Sprache. Er schätzte die verborgene, doch Sartres Feuer brannte in seinen Interventionen. Dem Kantianer Sartre, den das Knacken des Knochens der Vernunft in die Nähe Hegels brachte, haftet bis heute das Manko des frühen Heideggerianers an. Zu wenig ist verstanden, wo Sartre Heidegger las und welche Bedeutung ihm daraus erwuchs: Als er im deutschen Lager gefangen saß, schmuggelte ein Priester »Sein und Zeit« in die Baracke. Ein goldener Satz daraus sollte Sartres Philosophie erhellen: »Das Sein geht dem Wesen voraus.« Dieses bißchen an Philosophie oppositionierte Sartres Denken im Lager gegen seine Epoche: Der Einzelne, das Subjekt zählt mehr als der Glaube an die große Sache. Während Heidegger längst auf seine braunen Füße gefallen war, stand Sartre auf den roten. Ans Stammhaus der politischen Ökonomie gebunden, suchte er nach Verbindungen: den lebendigen Gehalt des Denkens von Karl Marx mit dem Elaboriertesten, was die Philosophie zu bieten hatte, dem deutschen Idealismus, zusammenzubringen, um die Dialektik von Subjekt und Objekt in die Gegenwart zu übertragen. Sartres Werk weist theologische Momente auf. Es ist ein Schrei nach Erlösung vom Bösen auf Erden. Er selbst die personifizierte Unruhe eines gegenwärtigen Wachtraums einer besseren Welt, das Segel gehißt bei der Reise auf dem Weg der Utopie. Sven Oliveira Cavalcanti
Gefährliche Ich-OrientierungRainer Funk schreibt: »Statt vom Gebrauch der eigenen Fertigkeiten wird das Ich-Erleben vom Gebrauch der Fertigkeiten seiner Produkte her definiert.« Und: »Das Vermögen der vom Menschen erfundenen und hergestellten Maschinen und Techniken – das technische Vermögen – hat das menschliche Vermögen auf so gut wie allen Ebenen überholt.« So skizziert Funk einen Entfremdungsprozeß, durch den sich nach seinen Beobachtungen in den letzten Jahrzehnten der Typ des »postmodernen«, des »ich-orientierten« Menschen herausgebildet habe. Der ist immer »gut drauf«, denkt stets positiv, ist überaus tolerant, erträgt Kritik allerdings nicht gut, sondern fährt lieber mit Zynismus anderen in die Parade. Durch sein Lebensmotto: »Ich orientiere mich nur an mir, und keiner hat mir zu sagen, wer ich bin. Ich bin, der ich bin. Ich selbst kann und will auch nicht definieren, wer ich bin«, entfremdet sich der Ich-Orientierte von der Bezogenheit auf andere Menschen. Ein Wir ist für ihn nicht das Ergebnis von Beziehungen, sondern von »Kontaktpflege«. Mit seinem lässigen Hinweis, alles »im Griff« zu haben, versucht er seine Ängstlichkeit zu verstecken. Wenn er aber nur durch Handy, Internet, Auto, Fernreisen, Kontaktpflege, Rhetorik, Events oder durch seine Position im Arbeitsleben sein Ich zu inszenieren weiß, fällt er in tiefe Depression, falls diese Objekte durch Stromausfall, Krankheit, Geldmangel oder Insolvenz sich von ihm entfernen. Nur wer aus seinem »menschlichen« Vermögen schöpft, kann seine körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte zur vollen Entwicklung führen. Vernunft und Liebe sind für den ich-orientierten Menschen antiquierte Begriffe. Er mag nicht die Schwachen und Ängstlichen. Mitleid und Fürsorge sind ihm fremd. Schließlich will er der Macher sein. Dieser Typus Mensch begegnet uns in den Chefetagen, wo er sich mit seinen – natürlich im Team entwickelten – smart formulierten Entscheidungen scheinbar nicht an den Eigengesetzlichkeiten der kapitalistischen Produktion orientiert, sondern an seinen eigenen Inszenierungen von Wirklichkeit. Am Scheitern aber sind selbstverständlich stets andere schuld: Mitarbeiter, Markt, die Konkurrenz oder Zulieferer. Mit diesem Buch hilft Funk, die in jedem Büro, aber auch auf jedem Schulhof zu beobachtende Veränderung des Charakters im Zeitalter einer kapitalistischen Entwicklung zu studieren, in der es kein Eigentum, sondern nur noch lockere und von Innovationseifer erfüllte Macher zu geben scheint. Der Autor betont seinen psychoanalytischen Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung. Aber er wäre kein Schüler von Erich Fromm, wenn er nicht die kapitalistische Ökonomie und das damit verbundene »gesellschaftlich Unbewußte«, das jeden einzelnen von uns zu prägen sich bemüht, als Basis der Entfremdungen erkennen würde. Sein Buch schließt mit trefflichen Hinweisen, wie sich der einzelne Mensch als »produktiver« Mensch entwickeln kann. »Wer in produktiver Weise auf sich und die Wirklichkeit bezogen ist, der nimmt wahr, daß ihm aus dieser Art, bezogen zu sein, Energie zufließt; er spürt eine Fülle des Lebens, möchte ›überfließen‹ und entwickelt ein Bedürfnis, zu geben, zu teilen und mitzuteilen. Eine produktive Charakterorientierung fördert die Sozialität des Menschen.« Das würde der Geheimrat Goethe sofort mit dem Satz bestätigen: »Nichts ist drinnen, nichts ist draußen. Denn was Innen, das ist außen.« Jürgen Meier Rainer Funk: »Ich und Wir – Psychoanalyse des postmodernen Menschen«, Deutscher Taschenbuch Verlag, 260 Seiten, 15 €
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Press-KohlIm stern las ich überrascht: »Horst Köhler ist der beliebteste Politiker Deutschlands.« Geschmackssache. So etwas ist ohnehin schwer zu beurteilen. Wer ist beispielsweise Deutschlands beliebtester Buchkritiker? Knifflige Frage! Ossietzky -Leser könnten antworten: Bernd Heimberger oder Walter Kaufmann. Bild am Sonntag verfügte: »Alex Dengler (30) ist Deutschlands beliebtester Buchkritiker. Er liest jede Woche für BamS .« Dengler schreibt auch. Etwa so: »... Als Lewis und Lindsay Selbstmord begehen, schrillen im Eden-Tower die Alarmglocken. Anschnallen! ...Lincoln Child (schreibt) hochwertige Spannungsliteratur. Er verbindet technischen Fortschritt mit einer zündenden Story und glaubwürdigen Charakteren. Ein Seitendreher erster Güte!« Schwer zu lesen so'n Buch, wenn man ans Umblättern gewöhnt ist und keinen Schraubendreher zur Hand hat. * Die koreanische Geigerin Jenny B ae, die »in New York die Meisterklasse der renommierten Juliard School of Music besucht« – womit die Juilliard School gemeint sein dürfte –, war mit ihrem 500 000 Dollar teuren Instrument in Berlin. »Bei meinen vielen Reisen mit dem Flugzeug lasse ich es keinen Moment aus den Augen, erzählt Jenny. Daheim in der New Yorker Wohnung liegt der Geigenkasten neben ihrem Bett.« Ist die Violine im Kasten? Ist der Kasten leer? Möglicherweise hat die listige Jenny Bae die kostbare Geige in die Berliner Morgenpost eingewickelt, der ich die obige Information verdanke. * Über den Produzenten des »größten Klassikspektakels aller Zeiten« meldet Bild am Sonntag : »Mit seinem 235köpfigen Team sorgt er dafür, daß die Bühne samt Technik steht.« Sicher ist sicher. »Mehr als 500 Darsteller erwecken dann die Kulisse zum Leben. Fürs bunte Turandot-Bühnenbild gibt es extra einen Chinesen, der nur die Farben anrührt.« Janz ohne Rührung jeht die Oper nich. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 14/2005 |
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