Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Österreichs SozialdemokratieThomas Rothschild
Die Forderung von Gerechtigkeit ist eng verbunden mit dem Prinzip der Gleichheit. Wer der Überzeugung ist, daß die Menschen nicht nur ungleich, mit ungleichen Voraussetzungen und Chancen geboren werden, sondern es auch bleiben sollen, braucht sich um Gerechtigkeit nicht zu kümmern. Bei Sabine Christiansen dürfen Unternehmer und Privilegierte regelmäßig ihren Ekel vor »sozialer Gerechtigkeit« formulieren und das Prinzip der »Freiheit« gegen das Prinzip der »Gleichheit« ausspielen, bei dessen Realisierung sie, wie die Verteilungsverhältnisse liegen, nur zu verlieren hätten. Es überrascht wohl nicht, daß stets vor allem jene gegen Gleichheit und Gerechtigkeit polemisieren, die von der Ungleichheit und der Ungerechtigkeit profitieren. Traditionell war es die Sozialdemokratie, die Gerechtigkeit nicht nur als Ziel proklamierte, sondern auch zur Maxime ihres politischen Handelns machte. Das ist bloß noch Geschichte. Zu denken gab es mir, als der jetzige Bundespräsident Österreichs, Heinz Fischer, vor Jahren den Papst, der nicht etwa als Staatsbesuch, sondern als Gast der Kirche nach Österreich kam, ohne Not und Verpflichtung am Flughafen Schwechat empfing. Immerhin hatte die Partei, die Fischer repräsentierte, die SPÖ, hatten das weltweit vorbildliche »Rote Wien« und der Austromarxismus einmal eine antiklerikale, sogar eine atheistische Tradition. Und immerhin trug dieser Papst, dem Fischer da die Reverenz erwies, mit seiner Ablehnung der Schwangerschaftsverhütung zur Not in der Welt bei, immerhin deckte er kirchliche Organisationen, die in Lateinamerika Todesschwadronen unterstützten. Was treibt einen linken Sozialdemokraten da nach Schwechat? In diesen Kontext fügt sich eine Passage aus Fischers Antrittsrede als Bundespräsident: »Und ich benutze auch gerne die Gelegenheit, um mich an die Vertreter der Religionsgemeinschaften und der gesetzlich anerkannten Kirchen zu wenden. Ich bin Kardinal Schönborn von der römisch-katholischen Kirche dankbar für gute Gespräche in der Vergangenheit und freue mich, Herr Kardinal, auf Ihren ersten Besuch in der Hofburg, den wir gemeinsam in Aussicht genommen haben, und es wird mir eine Ehre sein, diesen Besuch bei Ihnen zu gegebener Zeit zu erwidern. Ich darf aber auch die Vertreter aller anderen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in gleicher Weise herzlich grüßen und zum Dialog bzw. zur Fortsetzung unseres Dialoges einladen.« Warum diese doppelte Betonung der gesetzlichen Anerkennung der Kirchen? Warum keine Einladung an prominente Agnostiker? Was bedeutet die Formulierung »aber auch«? Versteht sich das nicht von selbst? Worin besteht der Gegensatz, den das Adversativ »aber« signalisiert? Wozu dieser Kotau vor der katholischen Kirche? Man stelle sich eine Begrüßung der anwesenden Herren vor, die mit der folgenden Formulierung fortgesetzt wird: »Ich darf aber auch die anwesenden Frauen herzlich grüßen.« Ginge das ohne Murren durch? Von Organisationen geprägt, die habituell gegen Prinzipien der Gerechtigkeit verstoßen, kann ein Bundespräsident oder eine Bundespräsidentin schwerlich für Gerechtigkeit sorgen – was Fischer explizit als eins seiner Ziele formuliert hat. Es wäre ein wegweisendes Signal gewesen, wenn Robert Jungk seinerzeit zum Bundespräsidenten gewählt worden wäre. Von seinem Format gibt es nicht viele in Österreich. Übrigens kündigte der an seiner Stelle gekürte Bundespräsident Thomas Klestil (ÖVP) damals an, er werde Jungk zu Rate ziehen, falls er selbst gewählt würde. Als das dann der Fall war, hat man bis zu Jungks Tod wenig von seinem Einfluß auf Klestil bemerkt. War halt nur so dahergeredet. Etabliert hat sich in allen Parteien ein Typus des Funktionärs, für den die Politik ein Lebensunterhalt ist wie andere Berufe auch. Er denkt in Kategorien des Aufstiegs und der Privilegien. Inhalte sind ihm nur Mittel zum Zweck und daher austauschbar. Der Politiker des 21. Jahrhunderts kann ohne große Schwierigkeiten die Partei wechseln wie ein Manager die Firma. Seine Fähigkeiten lassen sich hier wie dort verwerten. Diese Veränderung hat einen kaum verhüllten Zynismus zur Folge. Die Basis erscheint den Politikern neuen Typs nur noch als lästig. An die Stelle des Ein- satzes für Gerechtigkeit, für die Interessen derer »da unten« ist der Überdruß an den lästigen Ansprüchen, am Verlangen nach Mitsprache getreten. Debatten werden nur zum Schein geführt. Jeder wirkliche Versuch einer Beteiligung an Entscheidungen wird blockiert, abgebrochen oder in prozeduralen Formalitäten erstickt. Selbst Funktionäre, die einmal aus idealistischen Gründen in die Politik gegangen sind, versuchen über kurz oder lang bloß ihre Position zu halten, betreiben Lobbyismus und unterbinden störende Einsprüche aus der Mitgliedschaft. Dafür stehen ihnen rhetorische Tricks und Geschäftsordnungen, angebliche »Sachzwänge« und im Notfall Ausschlußdrohungen zur Verfügung. Mit den Ansprüchen der traditionellen Arbeiterbewegung, erst recht einer Radikaldemokratie ist derlei nicht vereinbar. Aber wen stört das noch? Wir haben uns daran gewöhnt. Ich bin österreichischer Staatsbürger, ein sogenannter »Auslandsösterreicher«, und werde als solcher alle vier Jahre wahrgenommen, wenn nämlich Wahlen bevorstehen. Vor der Nationalratswahl im Herbst 2002 agitierte mich ein Funktionär des BSA, der Akademikerorganisation der SPÖ, namens Martin Apeltauer in einem persönlichen Schreiben: Es sei wichtig, »das schwarz-blaue Experiment in Österreich am 24. November zu beenden und der rechtspopulistischen FPÖ, aber auch der ÖVP, die Jörg Haider in die Regierungskoalition eingebunden hat, zu zeigen, daß die Mehrheit der ÖsterreicherInnen fest auf dem Boden der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit steht«. Ein bemerkenswertes Statement. Es bedeutet nicht weniger als dies: daß die »Mehrheit der ÖsterreicherInnen« in den Jahren zuvor eben nicht »fest auf dem Boden der Demokratie, der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit« gestanden hatte. Etwas Ähnliches hatte man schon vermutet. Freilich nicht erst seit den vorausgegangenen Wahlen, die ja von jenen entschieden wurden, die von der SPÖ zur FPÖ gewechselt hatten und nun erneut beweisen sollten, auf welchem Boden sie stehen. Und jener ÖVP-Politiker Schüssel, der jetzt als Kanzler Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gefährdete, war ja bereits unter einem sozialdemokratischen Bundeskanzler Vizekanzler und Außenminister gewesen. Gestern Demokrat, heute nicht mehr? Es war ein sozialdemokratischer Bürgermeister, der die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen trat, als er deklarierte, ein Ausländer käme ihm nicht in einen Gemeindebau – auf gut deutsch: habe keine Chance, eine kommunale Wohnung zu erhalten. Es war ein sozialdemokratischer Innenminister, der Menschenrechte mißachtete mit der Art, wie er unliebsame Asylbewerber abschob. Und es scheint in Österreich niemandem, auch und insbesondere in der SPÖ, klar zu sein, daß die Parteibuchwirtschaft mit einer Demokratie nicht vereinbar ist. Gerade das Versprechen, mit diesem Nepotismus aufzuräumen, hatte der FPÖ zuvor Stimmen eingebracht. Daß ihr dann, als sie an die Regierung gelangt war, auch nichts anderes einfiel als die Protektion der eigenen Parteimitglieder, gliedert sie in dieser Hinsicht in die Tradition ein, die SPÖ und ÖVP jahrzehntelang gepflegt haben. Die Pfründe wurden umverteilt. Die Verlierer waren und bleiben jene, die keiner Partei angehören. Daß es der SPÖ ernst ist mit der Demokratie, wollen wir glauben, wenn Herr Apeltauer und seine Genossen um den Preis ihrer Abwahl eine Quotenregelung zusichern, nach der im öffentlichen Dienst so lange nur Parteilose eingestellt werden, bis der Prozentsatz der Parteilosen in der Gesamtbevölkerung erreicht ist, wenn also endlich etwas mehr Gerechtigkeit herrscht. Alles andere führt nur zu jener Haltung der immer Geprellten, die ohne Sympathie für die FPÖ nach deren Wahlsieg resigniert meinten: Jetzt sind wenigstens mal die anderen dran. Einen Sektor der potentiellen Wähler mit einer abweichenden Meinung zu ködern und zugleich an einer Macht zu partizipieren, die sich der entgegengesetzten Meinung verdankt, gilt in Österreich als Normalfall. Glaubwürdigkeit ist hier nur eine Lachnummer, benötigt allenfalls als Worthülse in Wahlbroschüren, die nichts so sehr vermissen lassen wie eben dies: Glaubwürdigkeit. Welcher SPÖ-Politiker würde, wie die verstorbene Regine Hildebrandt in Brandenburg, ein angebotenes Ministeramt ablehnen, wenn und weil die SPÖ mit der ÖVP koaliert? Im Gegensatz zum SPÖ-Vorsitzenden Gusenbauer, der sich mit einem Bekenntnis zu den christlichen Werten an die Partei des FPÖ-Koalitionärs Schüssel anbiedert, hegte die der evangelischen Kirche eng verbundene Hildebrandt heftige Zweifel daran, daß die christlichen Werte bei den Christdemokraten gut aufgehoben seien. Daß von einer ÖVP-FPÖ-Regierung eine soziale Politik, daß von ihr soziale Gerechtigkeit nicht zu erwarten war, stand für den Autor dieses Beitrags als Prämisse fest. Nur: die mechanische Behauptung eines ursächlichen Zusammenhangs, die tumbe Beschuldigung der in Österreich gerade regierenden Clique verbietet sich für jede einzelne Maßnahme, die von der rot-grünen Regierung im benachbarten Deutschland genauso ergriffen wurde. Es ist bezeichnend und nicht ohne tragische Komik, daß sich der BSA, zwei Monate, bevor der Ex-Wissenschaftsminister Caspar Einem sein Präsident wurde, in einer Stellungnahme zum Entwurf des Universitätsgesetzes zwar »mit aller Entschiedenheit […] gegen die Verwendung der englischsprachigen Begriffe ›Bachelor‹ und ›Master‹« aussprach, nichts aber einzuwenden hatte gegen die Einführung der zu diesen Abschlüssen führenden Studiengänge. Dabei war deren tieferer Sinn seit langem zu erkennen, die Billigversorgung nämlich der Unterprivilegierten zugunsten einer Förderung der Eliten. Wo blieb der Protest der Linken, die einst für den Zugang von Arbeiterkindern zur höheren Bildung gekämpft hatten? Die Vereinigung der sozialdemokratischen Akademikerinnen und Akademiker in Österreich ist auch in anderem Zusammenhang ein bemerkenswertes Beispiel für die sozialdemokratische Auffassung von Gerechtigkeit, genauer: für ein gründlich gestörtes Unrechtsbewußtsein. Denn was eine soziale, gar eine sozialistische Politik von einer konservativenen grundsätzlich zu unterscheiden hätte, wäre die Durchsetzung von Verteilungsgerechtigkeit, und zwar nicht nur bei der Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum, sondern auch und gerade von Gerechtigkeit selbst. Sechzig Jahre nach Kriegsende hat der BSA herausgefunden, was man längst wußte: daß er nach 1945 massenhaft Nationalsozialisten, darunter Kriegsverbrecher und ehemalige SS-Leute und Gestapomitglieder, angeworben, gedeckt und mit Karrieren belohnt hat. Zur Präsentation der in Auftrag gegebenen Studie »Die Rolle des BSA bei der gesellschaftlichen Reintegration ehemaliger Nationalsozialisten« wurde unter dem Titel »Wunden schließen« eingeladen. Der Präsident des BSA erklärte feinsinnig, es gehe darum, Wunden offenzulegen, damit sie heilen könnten. Wer aber hat diese Wunden geschlagen? Und wer hat sie erlitten? Der BSA-Präsident hilft mit einem Vergleich, dieses Rätsel zu lösen. Er beruft sich auf das Beispiel der südafrikanischen Wahrheitskommissionen. Diese Kommissionen wurden von den Opfern der Apartheid gebildet. Sie waren ein großzügiges Angebot an die Folterknechte von gestern. Worin also besteht für den Präsidenten des BSA die Analogie? War der BSA, als er Nazis aufnahm und förderte, das Opfer? Hat man jene, die vor und nach 1945 von diesen Nazis diskriminiert wurden, nach ihren Wunden gefragt? Hat man sie um Amnestierung gebeten? Der BSA amnestiert sich selbst. Die Verfasser der Studie stellten einmal mehr fest, daß man nach 1945 nicht versucht habe, österreichische Emigranten aus dem Exil zurückzuholen. Als ob es zwischen der Durchsetzung des BSA mit alten Nazis und Antisemiten und diesem Versäumnis keinen Zusammenhang gäbe! Daß auch die ÖVP Nazis umworben hat, macht den Skandal nicht kleiner. Es ändert nichts an der Pikanterie eines Vereins, der sich erst für Nazis einsetzt, dann sich selbst entlastet, die Opfer der Nazis aber weiterhin außen vor läßt. Wenn zutrifft, was einige eifrige Patrioten behaupten, daß eine Mehrheit der Österreicher gegen den Anschluß gewesen sei und daß es einen nennenswerten Widerstand gegen die NS-Herrschaft gegeben habe, dann mußte sich der BSA geradezu anstrengen, um Ex-Nazis zu finden, die ihm beitreten konnten. Zwei Aussagen lassen sich jedenfalls nicht vereinbaren: daß die Nazis unter den Österreichern in der Minderzahl gewesen seien und daß der BSA auf Nazis zurückgreifen mußte, wenn er seinen Mangel an Intellektuellen kompensieren wollte. Wer das eine beteuert, muß das andere dementieren. Mit einer solchen Konsequenz ist freilich nicht zu rechnen, wo bewußtseinslose Vaterlandsliebe nicht nur für tugendhafter, sondern sogar für weniger irrational gehalten wird als begründeter Haß auf eine »Heimat«, von deren Verwalterinnen und Verwaltern man nur Demütigung, Ausgrenzung und Geringschätzung erfahren hat. Die Wut gegen die »Nestbeschmutzer« und die »Vaterlandsverräter« erfaßt selbst solche, die sich von nationalistischem Ungeist frei dünken, aber allesamt von ihrer »Liebe« zur Heimat profitieren. Wer Österreich von außen kritisiert, wird genau dafür attackiert – als wäre das meist unfreiwillige Exil Ursache der Kritik und nicht Wirkung der kritisierten Zustände. Wie so oft in Österreich klagt man die vermeintlichen oder wirklichen Ressentiments der Leidtragenden an, um die Schandtaten der Lumpen zu entschuldigen. Was geht bei Leuten vor, die die Verwirrungen in den Köpfen der heutigen Wundheiler im BSA nicht durchschauen, die sie gar für einen Ausdruck antifaschistischer Courage halten? Wo bleibt auch nur die Spur eines Unrechtsbewußtseins, wenn man die Verletzungen der Täter pflegt und die Wunden ihrer Opfer nicht einmal wahrnimmt? Der Schriftsteller Hans Joachim Schädlich bemerkte einmal: »Manchmal geschieht es, daß Untäter sich entschuldigen. Sie sagen zu den Opfern: ›Wir entschuldigen uns.‹ Sie bitten nicht um Entschuldigung, sie entschuldigen sich. Sie sprechen sich von Schuld selbst frei. Da könnten sie ebensogut sagen: ›Wir verzeihen uns.‹ Da könnten sie auch sagen: ›Wir vergeben uns.‹ Der schlampige Gebrauch des Wortes ›entschuldigen‹ fällt niemandem so recht auf. Wer kann denn wen entschuldigen? Nur die Opfer können entschuldigen. Nur die Opfer können vergeben. Wenn sie aber tot sind, können sie es nicht. Für diejenigen, die sich selbst von Schuld freisprechen, ist es nicht weit bis zu dem Satz: ›Wir versöhnen uns‹, nämlich mit den Opfern. Wollen sich die Opfer mit den Untätern versöhnen?« In seinem Stück »Der einsame Weg« läßt Arthur Schnitzler den jungen Felix sagen: »Ein Geständnis hebt eine Schuld nur auf, solange der Schuldige dafür bezahlen kann.« Der BSA hat mit seinem Geständnis so lange gewartet, bis kaum noch jemand vorhanden ist, um die Schuld zu bezahlen. Und jene, die – nicht zu schlecht, jedenfalls besser als ihre Opfer vor und nach 1945 – überlebt haben, denken, wie auch der BSA als Organisation, überhaupt nicht daran, zu bezahlen. Genau genommen sind sie sich keiner Schuld bewußt. Prompt traten einige prominente Sozialdemokraten aus dem BSA aus, als dieser sich anschickte, seine Wunden erst offenzulegen und dann zu schließen. Nicht die Nazis in ihrer Organisation störten sie, sondern das Eingeständnis ihrer Rolle im BSA. Die verspätete halbherzige Offenbarung der »braunen Flecken« verurteilen sie als Hetze, wie die Profiteure der sozialen Ungleichheit jedes Gerechtigkeitsverlangen als Hetze der Neidischen diffamieren. Und Heinz Fischer? In einem Gespräch mit der in Wien erscheinenden Presse sagt der gegenwärtige österreichischen Bundespräsident: »Renners ›freudiges Ja‹ zum ›Anschluß‹ ist eindeutig eine arge Fehlentscheidung gewesen und etwas, was ich sehr irritierend finde. Ich glaube aber, daß sich Renner dieses Fehlers bewußt wurde, und er soll einmal gesagt haben, er sei glücklicherweise in die Lage versetzt worden, im Jahr 1945 an der Wiedergutmachung dieses Fehlers zu arbeiten.« Fehlentscheidung, irritierend, Fehler… Gerne wüßte man, worin genau die »Wiedergutmachung« des ersten Bundespräsidenten der Zweiten Republik bestanden hat. Bestraft wird jedenfalls, wer nichts wiedergutzumachen hat. Der führende österreichische Sozialdemokrat Karl Renner hatte kein Problem, den Anschluß an das nationalsozialistische Deutsche Reich mit einem »freudigen Ja« zu begrüßen und dann Bundespräsident eines befreiten Österreich zu werden, in dem das Bildungsinstitut der SPÖ nach wie vor seinen Namen trägt. Was wiegt da eine »irritierende Fehlentscheidung«?
Erschienen in Ossietzky 12/2005 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |