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Abgänge von Politikern, die für mehr oder weniger lange Zeit an der Spitze eines Staates oder einer Regierung standen, gehören zum Alltag. Kaum daß derartige Veränderungen auch nur von der Bevölkerung in einem Nachbarstaat noch beachtet werden. Ausgenommen, sie verlaufen besonders dramatisch. Dann, wie ein Blick in die Geschichte zeigt, besteht Aussicht, daß Historiker sie schildern und im Bewußtsein halten werden. In der Geschichte der seit 1871 aufeinander folgenden deutschen Reiche gilt das nur für einen Kanzler: Otto von Bismarck. Sein Abgang 1890 galt als besondere Ungerechtigkeit, wogegen sich alsbald die Erbauer von Bismarck-Türmen wandten, mit denen Berge und Hügel weithin bestückt wurden. Wie der »eiserne Kanzler« so haben nur die wenigsten Abgänger diesen Akt selbst zu inszenieren vermocht. Die einen raffte der Tod im Bett oder – ungleich seltener – auf dem Schlachtfeld dahin, andere endeten durch Mörderhand, dritte traf die Ungnade eines Monarchen, vierte der Beschluß einer Parlamentsmehrheit. Wiederholt waren Intrigen im Spiel. Am schlechtesten kamen die weg, die von einem mächtigen Fußtritt des Volkes getroffen wurden, gar auf dem Schafott oder am Galgen endeten. Am besten hingegen jene, die noch in der Lage waren, ihre letzten Tage im grellen Lampenlicht selbst – oder wenigstens mit – zu gestalten. Sie nutzten ihre Chance in aller Regel nicht, mit Anstand abzutreten. Zumeist ging es ihnen einzig um den Schritt von der politischen Bühne in die Weltgeschichtsbücher. Sie sorgten sich um den Sockel, auf dem sie künftig stehen wollten, sei er ehern oder papieren. Hauptsache: Die Mit- und Nachwelt würde hochschauen und wissen, wen und wie viel sie verloren hatte. Gelungen ist das nur in seltenen Fällen. Dennoch: Der Versuchung des Versuchs läßt sich schwer wiederstehen. Der Bundeskanzler liefert den jüngsten Beweis. Er hat die Regie seines Abgangs übernommen und ist, nein nicht in ein Schwert, sondern an den Vorderrand der bundespolitischen Theaterbühne gestürzt, um in den Zuschauerraum zu rufen: »Wollt ihr den dritten Akt noch sehen?«. Verlangt die Menge, was nach dem zweiten schwer zu glauben ist, ihr die Fortsetzung zu bieten, gibt er die Heldenrolle. Hat die Mehrheit genug und wendet sich buhend oder schweigend ab, wird er sie vor den Sitzenbleibern auch und anders spielen. Vorbilder dafür gibt es. An eines wurde eben vielfach erinnert, den Mann namens Hitler, der seinen Abgang zwar selbst nicht mehr inszenieren konnte, so daß dieser höchst kläglich ausfiel, der aber, bevor er zur Giftampulle griff, dem Volke noch mitteilen ließ, daß es seiner und des Segens nicht wert sei, den er ihm auf tausend Jahre hin hatte bereiten wollen. Nach dem Wahl-, nein nach dem Endsieg.
Erschienen in Ossietzky 12/2005 |
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