Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Andorra ist überallAnne Dessau Im März wurde die Regisseurin nach der Premiere von Max Frischs »Andorra« auf der kleinen Bühne abgelöst, Intendant Claus Peymann inszenierte das Stück dann selber auf der großen Bühne des Berliner Ensembles, was sich insofern auszahlte, als die neue Premiere ausverkauft war und die zweite Vorstellung auch – wie es dem Stück zu wünschen war. Ihm wäre aber auch eine bessere Inszenierung zu wünschen gewesen. Im fiktiven Staat »Andorra« trommeln und trinken die Weißen für ein weißes Andorra, gegen die sie vermeintlich bedrohenden Nachbarn, die Schwarzen. Andri, ein junger Mann, der für einen Juden gehalten wird, aber keiner ist, bekennt sich am Ende zum Stigma Stern und wird vom hehren Volk der Weißen gelyncht. 1980 erläuterte Frisch sein zwei Jahrzehnte zuvor uraufgeführtes Stück: »Antisemitismus als ein Exempel für ein allgemeineres Phänomen des Vorurteils... Das Phänomen allgemein ist: Daß jede Gruppe, jede Gesellschaft sich Sündenböcke schafft... Wie fängt die Hexenjagd an? Davon handelt das Stück.« Frischs Text hat bestürzende Aktualität. Er kommt stets und deshalb auch gerade jetzt zur rechten Zeit auf die Bühne. Der Entschluß, diese Mahnung wieder einmal in unser Bewußtsein zu schicken, ist also lobenswert. Leider ist die Kunstfertigkeit der Inszenierung der Botschaft nicht angemessen. Es wird grob, ja albern gespielt. Etliche Schauspieler wirken wie Laiendarsteller. Sie zeigen buchstäblich ihre Bedeutung an. Ein Zeigefingerspiel, ein lärmiges, lächerliches Getue findet statt. Die Aufführung ist so schwach, daß man meinen könnte, ein schwaches Stück zu sehen. Wo es um Feigheit, Angst, Lüge, kurz: mangelnde Zivilcourage geht, setzt durch ein Defizit in der Schauspielerführung die Verballhornung des Themas ein, zum Beispiel in den Figuren Der Tischler, Die Senora, Ein Idiot. Namen will ich nicht nennen. Das Publikum applaudiert. Applaudiert es Max Frisch? Oder dem Hausherrn, der das Stück auf den Spielplan setzte? Oder sich selbst? Klatschen die Menschen, weil sie an diesem Abend, zu diesem Anlaß dabei sind und – ach, so bequem – gute Menschen sein, für das Richtige die Hände rühren können, ohne große Anstrengung? Ich weiß, das klingt harsch, aber: Mir war selten so unwohl wie an diesem Abend inmitten eines mit sich höchst zufriedenen Publikums.
Erschienen in Ossietzky 11/2005 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |