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In der Tat: Als Joseph Ratzinger den Künstlernamen Benedikt XVI. annahm, sprengte es vielen deutschen Journalisten den letzten Krümel Verstand weg. »WIR SIND PAPST!« Ein Blick auf diese Bild -Schlagzeile genügte, um das ganze Unheil zu erfassen, das Ratzingers Aufstieg zum weltgrößten Sektenführer über die Menschen in Deutschland und damit auch irgendwann über den Rest der Menschheit bringt. Kolumnist Franz Josef Wagner schickte den deutschen Katholiken auch gleich noch eine Postkarte aus der Irrenanstalt, die Bild -Chefredaktion heißt: »Ich denke, daß Gott uns diesen Papst geschenkt hat, weil wir Tätowierungen am Hintern haben und glauben, daß das Glück ein vergrößerter Busen oder eine aufgespritzte Lippe ist.« Ratzinger wäre demnach Gottes Strafe dafür, daß Wagner und seine Redaktionskollegen sich »Ich scheiß auf den Sozialstaat« in die Pobacken ritzen ließen und nach den prallen Gummititten lechzen, mit denen sie täglich ihr Drecksblatt schmücken. »Ein strenger Papst ist da. Vielleicht ist dieser Papst geeignet, unser Hallodri-Leben auszutreiben.« Ich schwöre: An dem Tag trete ich für eine ganze Woche in die katholische Kirche ein, an dem der Papst Wagners Redaktionsstuben stürmt, um ihm und allen dort mit den Foltermitteln der Inquisition das Hallodri-Leben auszutreiben! Auch Springers peinlichster Autor Norbert Körzdörfer, der wie kein anderer auf Bestellung Unmengen pseudosakralen Schleimes absondern kann, zeigte sich in Höchstform: »Der Himmel lächelt […] Ich kenne den neuen Papst. Ich habe seinen Ring geküsst […] Er war immer scheu, schlank, schüchtern, zu schlau […] Ein deutscher Papst. Ein guter Papst.« Denn deutsch sein heißt gut sein, wie die Bild -Jünger seit Jahrzehnten wissen. Andere Journalisten bewiesen, daß man diesen Papst auch sehr viel zurückhaltender am deutschen Ringmuskel küssen kann. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meinte feststellen zu müssen: »Daß Ratzinger aus Deutschland stammt […], sprach am Ende nicht gegen, sondern für ihn. Ratzinger, das ist die Gegen-Reformation.« Auch die Welt stimmte in den himmlischen Chor mit ein: »Eine größere Ehre hätte den Christen in Deutschland nicht widerfahren […] können.« Leider hat man sie vorher nicht gefragt, ob sie diese Ehre überhaupt wollen. Deutschtümelnde Spitzenpolitiker ließen sich die Chance nicht entgehen, ebenso dummes Zeug zu reden. Bundespräsident Köhler variierte seine unsterbliche Selbstbezichtigung »Ich liebe dieses Land« mit den Worten: »Daß ein Landsmann Papst geworden ist, erfüllt uns in Deutschland mit besonderer Freude und mit ein wenig Stolz.« Wenn wir uns schon einen ökonomischen Fachidioten ins höchste Staatsamt holen, dann kann auch ein theologischer Fachidiot Papst werden. Hauptsache, beide sind deutsch! Der CDU-Vorsitzenden Merkel, der es ungerechterweise verwehrt ist, Päpstin zu werden, entfloß eine fast ebenso originelle Formulierung: »Daß ein Deutscher zum Papst gewählt wurde, ist ein Moment des Stolzes. Es ist eine Ehre.« Ganz egal, daß Ratzinger seit zwanzig Jahren in Italien lebt: Ehre ist Ehre! Und der gescheiterte Kanzlerkandidat Edmund Stoiber redete sich und der Welt ein, Ratzingers Wahl habe an einem »historischen und einmaligen Tag für Bayern und ganz Deutschland« stattgefunden. Natürlich war jener Tag, wie jeder andere, einmalig; historisch wurde er durch den Umstand, daß Stoiber vor Glück und Stolz endgültig überschnappte. Wo die Rechten mit Nationalstolz punkteten, mochte der Kanzler nicht unteutsch zurückstehen: »Ich gratuliere ihm im Namen der Bundesregierung und aller Bürger seines Heimatlandes« – als hätte Ratzinger Olympisches Gold im Priestertriathlon (Dauerpredigen, Extremsegnen und Scheinheiligsprechen) errungen. Und Franz Müntefering, der nach eigenem Bekunden das schönste Amt neben dem Papst hat, machte alle seine Genossen einfach zu Zwangskatholiken: »Die SPD wünscht Benedikt XIV. ein gutes Pontifikat.« Ob Ratzinger der SPD eine erfolgreiche Legislaturperiode wünscht, ist leider nicht überliefert. Benedikt XVI. ist gegen Feminismus, Pille, Priesterinnen und Befreiungstheologie, aber für Zölibat, den Führungsanspruch seiner Kirche und seine eigene Unfehlbarkeit in Religionsfragen. Wer sich über diesen Papst freuen kann, ist entweder nicht ganz bei Sinnen oder ganz fürchterlich stolz darauf, Deutscher zu sein. Der übergroße Rest der Menschheit, der sich nicht ganz so begeistern mag, wie die Stolzdeutschen es erwarten, kann sich jedoch ganz einfach trösten: Das gibt's nur einmal, das kommt nicht wieder. Der 78jährige Ratzinger, der mit Thron und Papamobil für sein lebenslanges Engagement gegen eine humane Kirche belohnt wird, gilt als Übergangspapst. Wenn sein Nachfolger gewählt wird, ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Kardinäle gleich zum zweiten Mal hintereinander einen Deutschen zum Papst machen, sehr gering. Zumindest dafür können wir Dem Da Oben auf dieser gottverlassenen Welt voller Ausbeutung, Hunger und Mord ein kleines bißchen dankbar sein.
Wir sind GottMit einer ganzseitigen Anzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung grüßte der Cartellverband katholischer deutscher Studentenverbindungen (CV) den Bundesbruder Joseph Ratzinger anläßlich der Wahl zum Papst und wünschte dem »265. Nachfolger Jesu Christi, seiner Heiligkeit Benedikt XVI.« alles Gute sowie »allzeit die rechte göttliche Eingebung«. Einhundertsechsundzwanzig katholische akademische Korporationen unterzeichneten diese Huldigungsadresse. Mich als gelernte Katholikin versetzt das in ungläubiges Staunen. Im Religionsunterricht habe ich gelernt, daß die Päpste Nachfolger des Apostels Petrus als des Bischofs von Rom sind und dieser der Stellvertreter Jesu Christi war. Nun aber der Nachfolger? Nimmt Joseph Ratzinger göttliche Eigenschaften an? Wozu braucht er dann noch göttliche Eingebungen? Wäre Ratzinger noch als Leiter der Glaubenskongregation tätig, müßte ihn die Anzeige auf den Plan rufen. Vermutlich ist den deutschen katholischen Cartellbrüdern die Botschaft der Bild -Zeitung zu Kopf gestiegen: »Wir sind Papst«, da wollten sie noch eins draufsetzen: Endlich ein deutscher Gott! Marja Winken
Erschienen in Ossietzky 9/2005 |
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