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Auch bemühte, von edler Gesinnung getragene Hintergrundreportagen oder unbotmäßige Meinungen ernten bisweilen ein solch sarkastisches Urteil, mit dem die Folgenlosigkeit der Beiträge kenntlich gemacht werden soll. Printmedien sind da in einer vergleichsweise schlechteren Position. Zwar ist bekanntlich nichts so alt wie die Zeitung von gestern, doch lassen sich schwarz auf weiß gedruckte Lügen, Fehleinschätzungen oder kolportierte Falschmeldungen nicht so leicht aus der Welt schaffen wie die über den Äther verbreiteten Irrlichter des Medienbetriebs. Bisweilen – sehr selten –sehen sich die Verantwortlichen gezwungen, etwas zu tun, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzuerlangen. Zahleiche US-Zeitungen wie die New York Times entschuldigten sich beispielsweise vor wenigen Monaten bei ihren Leserinnen und Leser wegen der Verbreitung ungeprüfter Nachrichten, die als Begründung für den Krieg gegen den Irak angeführt worden waren. Die Presse war hier zum verlängerten Arm der Geheimdienste und des Verteidigungsministeriums geworden und hatte die schlichtesten Grundregeln eines kritischen Journalismus mißachtet. Wer ist es, der die Öffentlichkeit manipuliert? Sind es nur die Propagandaabteilungen der Regierung, jene »gut unterrichten Kreise«, die willfährige Reporter mit nützlichem Material versorgen? Oder die »embedded correspondents«, wie sie von Rupert Murdochs FOX-TV an die Front entsandt wurden, um Arm in Arm mit den Armee-Oberen vorzensierte Bilder an die Sendestationen zu liefern? Oder die Sendestationen, die unser verfälschtes Bild vom Krieg maßgeblich prägen, indem sie grüne Blitze statt zerfetzter Leiber präsentieren, ausgewählt von Programmmachern, die der Faszination der modernen Kriegstechnologie, der Sprengkraft, Leistungsfähigkeit und vermeintlichen Treffsicherheit des schweren Geräts erlegen sind? Sie haben keineswegs lautstark gegen die Vorgaben des Kriegskabinetts und die Zensur protestiert. Warum verzichteten die großen US-Medien auf ihre Kontrollfunktion? Eine Frage, die auch ZDF -Moderator Claus Kleber beantworten will. Kleber, ein Kenner der USA mit langjähriger journalistischer Erfahrung, beklagt in seinem Buch »Amerikas Kreuzzüge. Was die Weltmacht treibt« (C. Bertelsmann Verlag, 288 Seiten, 19,90 €) das Fehlen gründlicher Recherche in Bezug auf die Kriegsgründe. Doch er bestreitet, daß die Verbreitung manipulierter Beweise gegen den Irak in der US-Presse primär Resultat einer offiziellen Zensur des Weißen Hauses war. »Es war viel schlimmer: Ich bin überzeugt, daß hier die Gesetze des Marktes am Werk waren. Der Präsident und sein Krieg gegen den Terror waren außergewöhnlich populär. Das zu Tode erschrockene Amerika war gegenüber Kritikern und Zweiflern von innen und außen unduldsam geworden.« Websites, Zeitungen und Fernsehprogramme, die sich wie Murdochs FOX News »zum Sprachrohr der aggressiven Regierungspolitik machten, waren wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich«, stellt Kleber fest. »Die Kundschaft verlangte ›Entschlossenheit‹, und der Präsident schien sie zu bieten.« Freiwillige Selbstzensur und Gleichschaltung der Öffentlichkeit als Folge der – von wem auch immer erlassenen – »Gesetze des Marktes«? Diese Bemerkung des Autors regt zum Nachdenken ann. Offenbar werden hier Nachrichten als Waren verstanden, die wie andere Waren gehandelt werden. Und wenn Nachrichten mit Höchstgeschwindigkeit – ohne zeitintensive Recherche – auf den Markt geworfen und von riesigen Medienkonzernen verbreitet werden, dann übertönen sie jede leisere und abweichende Stimme. Blätter der US-Linken wie The Nation oder Monthly Review , die gründlich recherchieren und wahrheitsgemäß informieren, wurden gerade in Kriegszeiten ignoriert; die Wahrheit wurde mundtot gemacht. Dort hätte man lesen können, was die New York Times (Leitspruch: »All the news that´s fit to print«) und andere vielgelesene, vielzitierte Zeitungen nicht drucken wollten. Auch der deutsche Beobachter Kleber scheint damals nicht über den Tellerrand der konzernabhängigen US-Presse und -Fernsehprogramme geblickt zu haben, sonst käme er nicht zu diesem pauschalen Urteil. In seinem Buch berichtet er gern von seinen Treffen mit den Großen und Mächtigen dieser Welt. Vermutlich bleibt ihm wenig Zeit für das Durchstöbern alternativer Publikationen. Es wäre jedoch interessant zu sehen, wie Claus Kleber, der Fernsehreporter am Puls des Weltgeschehens, seinem TV-Publikum die negativen Auswirkungen der »Gesetze des Marktes« erläutert, die doch auch hierzulande – nicht nur im Medienbereich – angeblich alles richten. Im Schlußteil seines Buches dankt er dem Literaturagenten Thomas Montasser, der das Buchprojekt unterstützte und »tatsächlich glaubte, daß der Mann im Fernsehen mehr weiß, als er dort sagen kann«. Warum er dort nicht alles sagen kann, was er weiß, wird leider nicht verraten. Aber vielleicht nutzt Kleber bald eine passende Gelegenheit und informiert sein Fernsehpublikum über die Gefahren der Marktvergötzung und benennt jene geheimnisvollen Mechanismen, die dazu führen konnten, daß gerade in dem Land, welches jeden Erdteil mit Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft beglücken will, ausgerechnet die »Gesetze des Marktes« die Wächterfunktion der Medien unterliefen, so daß die Pressefreiheit zur Leerstelle wurde. Vermutlich wird er es unterlassen – seine Meinung könnte sich auf dem Bildschirm zu leicht »versenden«...
Erschienen in Ossietzky 7/2005 |
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