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MachtgefälleAls in Mainz der US-amerikanische Präsident mit dem Ersten Preußischen Grenadiermarsch musikalisch empfangen wurde und der deutsche Bundeskanzler dem Großen Bruder seine Ehrerbietung erwies, war auf der Titelseite des Spiegel der deutsche Außenminister mit der Schlagzeile abgebildet: »Unerfreuliche Begegnung mit der Wirklichkeit«. Gemeint war Fischers Visaaffäre, nicht etwa die weitaus wichtigere Realität, die der Besucher aus Washington verkörperte: Ein selbstherrlicher Anspruch der globalen Führungsmacht, militärisch zuzugreifen, wann und wo immer ihr das als nützlich erscheint, ohne daß den angeblichen Partnerstaaten die Chance zum Einspruch zugestanden wird. Und der deutsche Außenminister, dem zu Unrecht nachgesagt wird, er sei ein Friedenspolitiker, hat verstanden. »Eine gute und starke transatlantische Zusammenarbeit ist für uns entscheidend. Ich denke, das ist die Lektion, die wir aus der Irakkrise gelernt haben« – so Joseph Fischer, noch bevor George W. Bush die deutsche Parade abnahm. Der Zeit -Herausgeber Josef Joffe kommentierte die »starke Zusammenarbeit« so: »Da besteht ein Machtgefälle, das die USA zur Waffe greifen läßt, während sich die Europäische Union als Friedensmacht bescheiden muß.« Gefälle – das stimmt schon, aber von einer Friedlichkeit der europäischen Staaten kann keine Rede sein. Um von der Bundesrepublik zu sprechen: Wenn das Gefälle es zuläßt, versteht sich ihre Regierung durchaus darauf, die vom Bundeskanzler seinerzeit geforderte »Enttabuisierung des Militärischen« in die angreifende Tat umzusetzen, der Krieg gegen Jugoslawien hat da ein Exempel statuiert, und der Verfassungsentwurf der EU, von Deutschland begrüßt, macht militärische Aufrüstung zur Pflicht. Kriegerisches Faustrecht als Weltdoktrin, von George W. Bush lauthals verkündet, ist auch von der deutschen Politik akzeptiert, allerdings mit leiseren Tönen. Daß die kleineren Fäuste die große Faust respektieren, versteht sich; aber zuschlagen wollen und können sie auch, wenn sie damit der Hegemonialmacht nicht in die Quere kommen. In Joffes Sprachbild: Mit friedlichen Methoden globaler Interessendurchsetzung also muß sich Europa, muß sich die Bundesrepublik keineswegs »bescheiden«. Es ist ein und dasselbe Element, das dieses »Gefälle« durchströmt. Arno Klönne
Eine Volkspartei und das VolkInzwischen ist das Publikum daran gewöhnt, daß nach einer Wahl alle Parteien sich als Gewinner präsentieren, ganz gleich, wie herbe ihre Stimmenverluste waren. So war es denn auch keine Überraschung mehr, als nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein der Parteivorsitzende der SPD und sein Generalsekretär verkündeten, nun befinde sich die Sozialdemokratie bei den Wählerinnen und Wählern wieder im Aufwind. Tatsächlich hatte die SPD zigtausende Stimmen verloren, vor allem von Arbeiterinnen und Arbeitern. Bemerkenswert ist die Zusammensetzung der neuen SPD-Fraktion im Kieler Landtag: Da finden sich Beamte, diplomierte Wirtschaftler, Profi-PolitikerIn-nen, leitende Angestellte, Gewerbetreibende – und ein Gewerkschaftssekretär. Kein Arbeiter, keine Arbeiterin. Hat die SPD aus dieser Bevölkerungsgruppe niemanden mehr zur Kandidatur animieren können? Vermutlich hat der Landesparteivorstand gedacht: So wie die politischen Dinge liegen, hilft uns auch ein Alibi-Prolet nicht weiter, der nimmt nur Platz weg. Marja Winken
Fenster zur Berlinale (2)Nach der Vorführung des irischen Films »Adam & Paul« (Regie Lenny Abrahamson) stellte sich der Drehbuchautor und Hauptdarsteller Mark O'Halloran der Frage, warum im Film die Gründe für den Absturz der beiden Protagonisten in die Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit nicht wenigstens angedeutet wurden. Ein jeder, antwortete er, möge sich die Gründe selbst ausmalen. Und ja, fuhr er fort, auch habe man Sympathie für die Gestrauchelten wecken wollen. Was aber, so schien es mir, gründlich mißlang: Wer greift einem am Boden liegenden Kumpel auch noch in die Tasche, bestiehlt ihn und läßt ihn schutzlos zurück? Die Szene, erwiderten Regisseur und Autor, habe (abschreckend) zeigen sollen, wie tief ein Heroinsüchtiger sinken kann. Tief sinken, fürwahr – das Paar, Adam und Paul, hatte nicht davor zurückgeschreckt, der einstigen Frau des einen den Fernseher zu stehlen, noch hatte es Gewissensbisse, einen debilen Jungen von der Bushaltestelle in eine dunkle Gasse zu entführen, um ihn dort auszurauben. Sympathieträger? Und doch: Der gekonnt gemachte, authentisch wirkende Streifen über zwei Gestrauchelte, die in Dublin irgendwie zu Geld für Drogen kommen müssen, weckt Anteilnahme an ihrem Schicksal. * Anteilnahme an dem Schicksal von zwei Männern ganz anderen Schlages, Palästinensern nämlich, die als Selbstmord-attentäter auserkoren wurden, weckt »Paradise Now«, ein Spielfilm ersten Ranges in der Regie Hany Abu-Assads. Vor allem weil ihre Beweggründe deutlich zutage treten – ohne daß einem suggeriert wird, Selbstmordattentate zu billigen. Das liegt an der Handlungsführung laut Drehbuch: Eine eben erst aus Marokko im bedrängten Nablus eingetroffene junge Frau wird mit den beiden Männern in Beziehung gebracht (eine bewegende Liebesbeziehung entfaltet sich), und am Ende wird sie mit deren Mission konfrontiert – die Männer sehen es als eine Mission, müssen es so sehen. Was das Entsetzen der Frau, ihr Andersdenken, ihre Empfindungen in ihnen auslösen (fabelhaft Kais Nashef und Ali Sullman als potentielle Attentäter), bedingt das weitere Geschehen: Sie finden zu diametralen Entscheidungen, und es kommt zu einer Zerreißprobe: Der eine läßt von dem Vorhaben ab, der andere nicht. Er dringt auf israelischem Gebiet bis zu einer Bushaltestelle Richtung Tel Aviv vor und wartet dort, den Bombengürtel um den Leib. Ein Bus mit normalen, zivilen Fahrgästen hält. Er steigt nicht ein. Und man begreift die Entscheidung erst, als man ihn in einem anderen Bus voll junger israelischer Soldaten sitzen sieht… – Ein politischer Gegenwartsfilm ersten Ranges. * Wie er seine Darsteller entdeckt habe, wird Dominic Savage, der Regisseur des britischen Streifens »Love + Hate«, nach der Vorführung gefragt, und er antwortet, es sei eine monatelange Suche nach Schauspielern gewesen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, sich im normalen Alltag auskennen, besonders dem, den der Film zeigt. Und das ist zu merken. Die Rollen sind gelebt, und augenblicklich vergißt man, daß dies ein Spielfilm ist. Tom Hudson gibt den Arbeiterjungen Adam, der aus einer mit Vorurteilen behafteten englischen Familie stammt, als wäre er selbst dieser Arbeiterjunge, und gleiches trifft auf Samina Awan zu, die Naseema verkörpert, eine Muslima aus Pakistan, die mehr vom Leben will als nur eine arrangierte Heirat, zu der ihr älterer Bruder sie drängt. Adam und Naseema verlieben sich – und die Konflikte, die sich daraus ergeben, in den Familien, und gewalttätiger noch in den Straßen jener englischen Kleinstadt, wo die beiden Familien hautnah beieinander wohnen, sind übertragbar auf die Konflikte in vielen Städten Europas: Auch bei uns gibt es diese quälenden, oft mörderischen Streitigkeiten in türkischen Familien, diese zu Gewalt gegen Andersartige führenden Vorurteile in deutschen. Doch zurück zum Film. In »Love + Hate« wirkt alles au-thentisch: wie die Menschen reden und handeln, ihre Arbeitswelt, ihr Familienkreis, ihre Sehnsüchte und Träume von einem bißchen Glück und wie sie ins Unglück abstürzen. Eine notwendige Arbeit mit durchweg brillanten Darstellern. Walter Kaufmann
Verdoppelte PropagandaEin merkwürdiges »Experiment«: Eins plus Eins soll Null ergeben und Nazi-Propaganda plus Nazi-Propaganda soll Aufklärung sein. So sehen es Lutz Hachmeister und Michael Kloft, die Autoren des Films »Das Goebbels Experiment« ( Spiegel TV ). In 108 quälenden Minuten werden Zitate aus Goebbels' Tagebüchern verlesen und mit Ausschnitten aus Wochenschauen und weiteren Nazi-Filmen vermengt – alles unkommentiert, kritiklos. Das ist verdoppelte Propaganda. Warum? Daß Wochenschauen und Filme wie »Kolberg«, aus dem ausführlich zitiert wird, eine propagandistische Funktion hatten, muß nicht näher erläutert werden. Einen propagandistischen Zweck hatten aber auch Goebbels' Tagebücher, die vom Institut für Zeitgeschichte in einer quellenkritisch höchst anfechtbaren Form herausgegeben worden sind, worauf der Kommunikationswissenschaftler Bernd Sösemann aufmerksam gemacht hat. Goebbels wollte mit diesen Tagebüchern Propaganda machen. So schon mit seinen Aufzeichnungen aus der Zeit vor 1933, die er 1934 unter dem Titel »Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei« publizierte. Selbstverständlich handelte es sich dabei nicht, wie es im Untertitel hieß, um eine »historische Darstellung«, sondern um reine Propaganda. Weitere propagandistische Machwerke dieser Art waren offensichtlich geplant. In ihnen wollte sich Goebbels ins rechte, d.h. nationalsozialistische Licht setzen. Dabei ging er so weit, auch die Verantwortung für Dinge und Taten zu übernehmen, die nachweislich gar nicht von ihm initiiert und ausgeführt worden waren. So für die von Studenten und eben nicht von Goebbels geplante und durchgeführte schändliche Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Auch die Novemberpogrome von 1938 gingen keineswegs allein oder vornehmlich auf sein Konto. Die von ihm immer wieder beanspruchte Richtlinienkompetenz für die gesamte Propaganda des NS-Staates hat Goebbels nie besessen. Keineswegs immer hat er sich gegenüber der Konkurrenz anderer Institutionen des NS-Staates durchgesetzt. Goebbels war eben nicht das, was er gern sein wollte und wozu er nach 1945 gemacht wurde: der »hinkende Teufel«, der alle in seinen Bann geschlagen und mit seiner Propaganda »verführt« hat. Zur Überschätzung seiner Person kommt die Überschätzung seiner Propaganda und der des NS-Staates insgesamt. Sie war keineswegs so geschickt und »modern«, wie Goebbels immer wieder suggeriert hat. Basierte sie doch auf einem mehr als simplen stimulus-response-Muster wie beim Pawlowschen Hund. Außerdem mußten viele Deutsche nicht erst propagandistisch auf Nationalismus und Antisemitismus eingestellt werden. Sie waren ohnehin schon nationalistisch und antisemitisch eingestellt. Die Ideologien des Antisemitismus, Nationalismus, Rassismus und vor allem des Antikommunismus waren in der Bevölkerung, vor allem in den Eliten, tief verwurzelt. Die »gewöhnlichen Deutschen« (Daniel Jonah Goldhagen) wußten, was sie waren und was sie taten: Sie waren Antisemiten und Rassisten und ebenso motivierte »willige Vollstrecker«. Und genau davon wollte man nach 1945 ablenken, wenn man alles auf Goebbels abschob, der die armen Deutschen »verführt« haben soll. Nein! Die Formel »Verführung und Gewalt« (Hans-Ulrich Thamer) greift entschieden zu kurz, ist von der modernen Forschung widerlegt worden und lenkt von der Schuld und historischen Verantwortung der »gewöhnlichen Deutschen« ab. Das »Goebbels Experiment« befriedigt die exkulpatorischen Bedürfnisse der Deutschen, die zu ihren Taten verführt worden und zudem auch noch arme und einfache Opfer der vergewaltigenden Russen und bombardierenden Angloamerikaner gewesen sein wollen. Und als Opfer erscheinen am Ende des Films auch die toten Goebbels-Kinder, deren Tötung uns gerade in »Der Untergang« so schön melodramatisch gezeigt wurde. Zu diesem Tod gesellt sich der »Kitsch« (Saul Friedländer), wenn uns Goebbels in seinem Liebesschmerz und Vaterstolz filmisch nahe gebracht wird. War er mit seinem fast permanent erwähnten und gezeigten Klumpfuß nicht doch ein armer Teufel? Insgesamt reproduziert dieser Film das, was Saul Friedländer den »Wiederschein des Nazis« genannt hat. Wann hört das endlich auf? Wann beginnt die Aufklärung? Dieses »Experiment« ist das genaue Gegenteil. Es ist nichts anderes als verdoppelte Propaganda. Wolfgang Wippermann
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Press-KohlWas viele bekanntermaßen schlecht bezahlte und daher unerlaubt rasche Übersetzer dem Publikum zumuten, erinnert mich an eine Frage, die Jerry Lewis bei einer Pressekonferenz der Berliner Filmfestspiele an einen Dolmetscher richtete: »Was die Dame aus dem Publikum von mir wissen wollte, geht aus Ihrem Englisch leider nicht hervor – und wie steht's mit Ihrem Deutsch?« Die Anthologie »City Crimes. Die besten Morde aus den Metropolen« (Scherz Verlag) bietet auch einige der besten Text-Morde an, zum Beispiel den am »Haus in der Plymouth Street«, einer Erzählung von Ursula Curtiss. »... in einer Ecke nahe der Straße war ein großes Mädchen in einem blauen Parka, das lustlos unter einem rotgolden strahlenden Hickorybaum Blätter zusammenrechte.« Die Recherin der Enterbten. Und der dem rotgolden strahlenden Hickorybaum entfallenen Blätter an der nahe einer Straße befindlichen Ecke, wo die Rechenkünstlerin war. Über eine andere Person der Handlung liest man: »Hallo, sagte sie gegen ihren Willen so munter wie eine Krankenschwester. ›Mein Mann und ich suchen hier in der Gegend ein Haus, und ich wollte fragen, ob Sie zufällig ein Haus wissen, das zum Verkauf steht, vielleicht mit etwas Grund...‹« Wenn jemand so munter wie eine Krankenschwester gegen seinen Willen Hallo sagt, fragt man sich, vielleicht mit etwas Grund, wie die muntere Krankenschwester heißt. Falls Sie mich fragen, ob ich zufällig ein Haus weiß, das zum Verkauf steht, so sage ich munter wie eine Krankengymnastin: Ich weiß eines. Es befindet sich an der Ecke in der Plymouth Street, und über dieses Haus ist dank der bekannten Scherz-Übersetzungen absolut nichts weiter bekannt als ein Spitzname: Haus der toten Lektoren. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 5/2005 |
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