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Erst jetzt wird bekannt, daß der DGB-Vorsitzende Ende Januar auf einer Klausurtagung die Hilfe eines Experten in Anspruch genommen hat, um die Spitzenfunktionäre der Gewerkschaften auf eine radikale Wende einzu-schwören. »Turnaround und auch Ihre Party steht Kopf« wirbt eine Band, die sich so nennt, für ihre speziellen Musikkünste. »Turnaround«, so heißt auch das vor den Gewerkschaftsmitgliedern geheimgehaltene Papier, das Sommers Vertrauensmann auf der Klausurtagung den Spitzenfunktionären präsentierte: Dr. Michael Jung, hochrangiger Spezialist für »Leadership und Organisation« von McKinsey. McKinsey&Company, so nennt sich die – einst schon in den USA gegen Roosevelts New Deal agierende – 100 000-Mann-Armee von »Beratern«, die unter dem Kampfruf »Leute entlassen – Gewinne steigern« in einen Vernichtungskrieg gegen jeden Sozialstaat gezogen ist. Eine Armee, die ihren bevorstehenden Sieg in Deutschland letztes Jahr auf einem luxuriösen Berliner Empfang im Pergamon-Museum, im Dom und in anderen dazu für die Öffentlichkeit gesperrten repräsentativen Einrichtungen dieser Republik mit Bischöfen und Ministern und 5000 Gästen aus aller Welt feiern konnte. »Turnaround«, so heißen bei McKinsey die Strategiepapiere, mit denen ganze Konzerne auf den Kopf gestellt werden. Die Einschaltung von McKinsey soll in der Regel dazu führen, daß Gewinn und Managergehälter durch die Dezimierung der Angestellten erhöht werden. Auch darum dementiert die DGB-Spitze, daß sie einen förmlichen »Vertrag« mit McKinsey geschlossen habe. Der Süddeutschen Zeitung erklärten Gewerkschaftsvertreter, es handele sich hierbei lediglich um ein »persönliches Engagement« des McKinsey-Beraters für »Leadership und Organisation«. Dem Südwestrundfunk ist es gelungen, Einblick in das Geheimpapier zu nehmen. Den Gewerkschaften, die sich noch im vergangenen Jahr gegen Hartz IV gesträubt hatten, fehle es »auf der politischen Ebene«, verkündet die vom McKinsey-Mann vorgelegte Studie, »an attraktiven Kampfzielen«. Erstrebenswerte und sehr praktische Ziele gibt es gleichwohl. Schon bisher wurde als besonderer Mitgliederservice eine kommerzielle Sterbeversicherung vermittelt. Nach dem Papier des McKinsey-Beraters soll nun künftig auch »eine private Arbeitslosen-Versicherung für Gewerkschaftsmitglieder« im Angebot sein. »Oft bittere Realität ist Rückzug auf Raten«, stellt das Papier nüchtern fest. Abhilfe soll die »Entwicklung neuer politischer Initiativen« schaffen. Für den DGB-Chef war dies ein Befehl. Wenige Tage, nachdem den Spitzenfunktionären das McKinsey-Papier vorgelegt worden war, gab er dem Spiegel ein Interview. »Ich akzeptiere, daß sich die Grundlagen des Sozialstaates«, so formulierte er im Hamburger Organ der ganz besonderen Gewerkschaftsfreunde die Kapitulationserklärung des DGB, »stark verändert haben.« Deshalb soll intensiv darüber diskutiert werden, »welche Aufgaben der Sozialstaat künftig noch übernehmen kann« und »wie seine Strukturen umgebaut werden müssen«. Selbst wenn die Arbeitslosigkeit sinke, ergebe sich eine Notwendigkeit, »den Sozialstaat gründlich umzugestalten«. Sommers Spiegel -Interview ist, wie das kompetente Handelsblatt richtig erkennt, ein »Kurswechsel der Gewerkschaften in der Sozialpolitik«. Die von dem McKinsey-Berater verordnete Umkehr, der Turnaround, wirkt. Den »heißen Sommer«, den der Gewerkschaftsvorsitzende dem Hartz-IV-Kanzler angedroht hatte, wird es nicht geben. Stattdessen machte dieser Tage ein wohltemperierter Michael Sommer zusammen mit einigen Gewerkschaftsspitzenvertretern Gerhard Schröder seine Aufwartung, bat demütigst um einige »Nachbesserungen« an Hartz IV und ging – wie schon zuvor die Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschland wußte – auf »Schulterschluß mit dem Kanzler«. Ein Regierungssprecher sprach anschließend von »guten und vertrauensvollen Gesprächen in konstruktiver Atmosphäre«. Sommers Vorgänger im DGB-Vorsitz hatte sich kenntlich gemacht, als er 1999 den ersten Angriffskrieg, den Deutsche seit 1945 führten, ausdrücklich billigte. Er, der Nachfolger, setzt jetzt mit McKinsey den Krieg fort im eigenen Haus, gegen die eigene Organisation, gegen die eigenen Mitglieder. Das ist konsequent.
Erschienen in Ossietzky 5/2005 |
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