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Und diejenigen, die etwas langsam begreifen, erinnerte er daran, daß die USA sich verpflichtet hätten, Israel zu verteidigen, wenn seine Sicherheit bedroht werde. Das Machtgehabe ist unmißverständlich: Falls der Iran sich nicht den Anweisungen der USA unterwirft (vielleicht sogar, obwohl er es tut), wird Israel ihn mit Hilfe der USA angreifen, genau wie Israel vor 24 Jahren den irakischen Atomreaktor angegriffen hat. Zur gleichen Zeit geschah etwas ganz Unerwartetes: Ariel Sharon sandte seinen Generalstabschef, Moshe Ya'alon, in Pension. Als Nachfolger wurde mit höchster Wahrscheinlichkeit General Dan Halutz genannt. Halutz ist ein Pilot, der beim Angriff auf den irakischen Reaktor 1981 mitgewirkt hat. Wenn er Ya'alon folgt, wird es das erste Mal in den Annalen der israelischen Armee sein, daß ein General der Luftwaffe zum Generalstabschef ernannt wird. Das ist seltsam. Im kommenden Jahr ist die Armee dazu aufgerufen, eine äußerst schwierige Operation, die Evakuierung der Siedlungen im Gazastreifen, durchzuführen. Die Ernennung eines Luftwaffengenerals als Generalstabschef mag darauf hindeuten, daß noch etwas Bedeutenderes in der Luft liegt. Halutz (»Pionier« auf hebräisch) hat übrigens einmal einen Sturm der Entrüstung ausgelöst, als die Luftwaffe eine Ein-Tonnen-Bombe auf ein Haus eines Hamas-Führers fallen ließ und ihn zusammen mit 15 Zivilisten, einschließlich neun Kindern, umbrachte. Als er gefragt wurde, was er beim Abwerfen einer solchen Bombe fühle, sagte er nur: »einen kleinen Schlag am Flügel«. Später fügte er (der nicht selbst am Angriff beteiligt war) hinzu, er schlafe gut. Bei derselben Gelegenheit beschimpfte er unsere Friedensorganisation Gush Shalom wegen unserer Aktionen, mit denen wir Kriegsverbrechen zur Sprache bringen, und verlangte, wir müßten wegen Verrat vor Gericht gebracht werden. Zurück zu Bush, Cheney und dem Rottweiler. Als Bush das erste Mal Präsident wurde, legten ihm die Neo-Kons einen eindeutigen Plan zur Ausdehnung des amerikanischen Empires im Nahen Osten vor. Er enthielt drei Kapitel: Erstens den Irak zu erobern, um seine immensen Ölreserven unter Kontrolle zu bekommen und eine US-amerikanische Garnison am entscheidenden Schnittpunkt zwischen den Ölfeldern des Kaspischen Meeres und den saudischen Ressourcen zu plazieren. Zweitens das iranische Regime zu brechen und den Iran zum amerikanischen Block zurückzuführen. Drittens dasselbe mit Syrien und dem Libanon zu tun. Noch war nicht entschieden, wer zuerst dran käme: ob zuerst der Iran und dann Syrien oder umgekehrt. Eigentlich möchte man vermuten, daß nach den schlechten Erfahrungen des amerikanischen Abenteuers im Irak die nächsten Kapitel gestrichen würden. Die Iraker haben die Besatzungsarmee nicht mit Blumen empfangen. Der Vorwand für die Invasion – Saddams Massenvernichtungswaffen – wurde als eklatante Lüge entlarvt. Der bewaffnete Aufstand geht weiter. Die Zukunft des irakischen Staates hängt auch nach den Wahlen noch in der Luft. Das Land kann in drei Teile zerfallen, und eine Schockwelle kann sich durch den ganzen Nahen Osten ausbreiten. Naive Leute glauben, daß Bush nach alledem keine weiteren Abenteuer riskieren würde. Aber das ist ein Irrtum. Zunächst weil eine so primitive und eingebildete Person wie er niemals einen Fehlschlag zugeben wird. Wenn so einem ein Abenteuer mißlingt, so treibt ihn genau diese Erfahrung sogar in noch größere Abenteuer. Zum andern kostet der Fehlschlag zwar eine Menge Menschenleben und zerstört die Infrastruktur des Lebens im Irak, aber das ist den Operationsplanern völlig gleichgültig. Das Hauptziel, eine dauernde Garnison im Lande aufzubauen, ist erreicht worden. Außerhalb des Iraks verlangt niemand, daß die US-Soldaten das Land verlassen sollen. Um die Sabotageakte macht man sich wenig Gedanken, Hautsache, das irakische Öl ist unter Kontrolle der USA. Die Ölbarone, die der Bush-Familie als Förderer dienten, können zufrieden sein. Die Europäer und die Russen versuchen, Bushs Weg zu blockieren. Bush wiederum versucht, EU und NATO mit freundlichen Worten und Drohungen davon zu überzeugen, sich seinen Abenteuern anzuschließen. Deshalb muß man Bush und Cheneys Drohungen, den Rottweiler loszulassen, ernst nehmen. In dem Augenblick, in dem sie glauben, der Weg sei frei, werden sie Sharon ein Zeichen geben. Sharon wird seine Pflicht tun, um eine amerikanische Übereinkunft zu erhalten, die ihm erlaubt, wieder ein paar Stücke palästinensischen Landes zu verschlingen. Wird die militärische Aktion das Regime der Ayatollas stürzen? Ich bezweifle es. Es ist tatsächlich ein widerwärtiges Regime. Aber mit einem Angriff von außerhalb, besonders mit »Kreuzfahrern und Zionisten« konfrontiert, wird sich das iranische Volk vereinigt hinter das Regime stellen. Ein so stolzes Volk mit einer ruhmreichen Geschichte wie die Iraner wird nicht so leicht zu brechen sein. Syrien ist ein anderes Ziel. Es hat keine Ölreserven wie der Irak und der Iran. Aber ohne Syrien wird im amerikanischen Empire eine Lücke klaffen, und Israel wird weiterhin ein Hindernis spüren. Im Krieg von 1967 hatte Israel die Golanhöhen erobert, die bis dahin in Israel »die syrischen Höhen« genannt worden waren. Anstelle von Dutzenden syrischer Dörfer, die vom Erdboden verschwunden sind, stehen jetzt israelische Siedlungen. Die Syrer haben nie aufgegeben, zu versuchen, ihr Land zurückzubekommen. 1973 versuchten sie es mit einem Krieg, wurden aber trotz des militärischen Sieges in die Flucht geschlagen. Seitdem hat sich das militärische Ungleichgewicht noch mehr zu Gunsten Israels geneigt. Deshalb versucht Syrien nun eine andere Methode: Israel durch Vertreter zu schikanieren, durch die Unterstützung der Hisbollah und der radikalen palästinensischen Organisationen, deren Führer in Damaskus leben. Um die dauernde Herrschaft über die Golanhöhen zu erreichen, muß Israel Syrien brechen. Die Neo-Kons in Washington – welch eine Überraschung! – haben dasselbe Ziel. Zum Vorwand wird die Tatsache genommen, daß Syrien im Libanon Soldaten stationiert hat. Historisch betrachtet, ist der Libanon ein Teil Syriens. Damaskus hat sich nie mit der Errichtung eines getrennten Libanons in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch die französischen Kolonialherren abgefunden. Es akzeptiert den Libanon höchstens als syrisches Protektorat. Die syrische Armee marschierte 1976 auf dem Höhepunkt des Bürgerkrieges in den Libanon ein. Die Muslime und die Drusen waren mit Hilfe der PLO im Begriff, die christlichen Gebiete zu erobern. Es waren die Christen (man denke daran!), die die Syrer um Hilfe gerufen hatten, um von ihnen gerettet zu werden. Viele Libanesen glauben, daß ihr Abzug den Bürgerkrieg wieder zum Ausbruch bringen würde. Seitdem sind die Syrer dort. 1982 versuchte Israel, sie zu verdrängen. Aber die Invasion erreichte nicht ihr Ziel. Am Ende wurden die Israelis hinausgetrieben, und die Syrer blieben. Mitte Februar wurde der muslimische Führer Fariq al-Hariri, der sich vor kurzem der Opposition angeschlossen hatte, in Beirut ermordet. Noch weiß man nicht, wer es tat. Die große amerikanische Propagandamaschine, die die israelischen Medien einschließt, wies auf die Syrer hin. Wenn sie tatsächlich schuldig sind, war dieser Akt eine äußerst große Dummheit, da abzusehen war, daß er den Amerikanern helfen würde, eine libanesische Opposition aufzubauen und einen Sturm antisyrischer Gefühle zu wecken. Es geschah exakt im richtigen Augenblick für jemanden, der daran interessiert ist, eine Kampagne gegen Syrien zu beginnen, und zwar unter dem Slogan: »Schluß mit der syrischen Besatzung!« Diese Forderung ist etwas befremdlich: Sie kommt von zwei Besatzungsmächten: den Amerikanern im Irak und den Israelis in Palästina. Aber Rottweiler sind nicht wegen ihres Humors bekannt. Auch nicht die Menschen, die sie an der Leine führen. Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs, vom Verfasser autorisiert
Erschienen in Ossietzky 5/2005 |
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