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Der lange Krieg gegen KubaZu den vielbelachten »Weisheiten«, die der Gothaer Gymnasialprofessor Galletti (1750 – 1828) verkündet hat, gehört – nachzulesen als Spruch 220 in der »Gallettiana« (erschienen 1970 bei Kochler&Amelung) – auch diese: »Nun haben wir noch eine Provinz von Nordamerika, und das ist Südamerika.« Was der berühmte »Versprecher« oder »Verdenker« einst zum Besten gegeben hat, ist nicht mehr zum Lachen. Die Realität hat Galletti eingeholt. Die Herrschenden in den Vereinigten Staaten von Nordamerika betrachten und behandeln sämtliches Territorium südlich der Staatsgrenze als ihren Hinterhof. Dies ist das Thema, das der Ossietzky-Kollege Horst Schäfer jetzt in seinem Buch »Im Fadenkreuz: Kuba« behandelt. Er führt vor, was 1971 US-Präsident Lyndon B. Johnson, aus welchen Gründen auch immer, angesichts unglaublicher Tatsachen in die Worte kleidete: »Wir haben eine verfluchte Mörder GmbH in der Karibik betrieben.« Schäfer hat früher für die Nachrich-tenagentur ADN und andere Medien aus Nordamerika berichtet. Gleich zu Beginn bekam er es damals mit Kongreßuntersuchungen zum Mordterror der CIA zu tun. Den im Dezember 1975 vom US-Senat veröffentlichten »Mord-report« über Morde und Mordversuche an ausländischen Staatsmännern, den andere Journalisten unbeachtet ließen, nahm er gebührend ernst. In allen Einzelheiten sind da allein acht Attentatsversuche auf Fidel Castro sowie zahlreiche Sabotage- und Terroraktionen gegen Kuba aufgelistet. Der Vorsitzende des zuständigen Senatsausschusses, Frank Church von den Demokraten, sprach bei der Übergabe des »Mordreports« an die Öffentlichkeit von einem »Sumpf der (US-)amerikanischen Außenpolitik« und konstatierte: »Jahrelang versuchten wir, Fidel Castro und andere kubanische Staatsmänner zu ermorden. Die verschiedenen Anschläge verteilten sich über drei (US-)Regierungen und schlossen eine ausgedehnte Zusammenarbeit zwischen CIA und Mafia ein.« In einem Ossietzky-Sonderdruck hat Schäfer vor zwei Jahren daran erinnert. Inzwischen kennt er nicht nur den »Mordreport«. Er hat Hunderte Akten aus dem Weißen Haus, dem Außenministerium und dem CIA ausgewertet. Dazu diverse Untersuchungsergebnisse des US-Kongresses, Gesetze und Verordnungen betreffend: Embargo, Einstellung des Handels, Lieferstop für Lebensmittel, Medikamente und andere Produkte, verschärfter Druck auf Drittstaaten, Reisebeschränkungen, totale Blockade. Viele Schriftstücke waren jahrzehntelang streng geheim, versehen mit dem Aufdruck »Eyes Only«, und wurden zum Teil erst 2004 freigegeben. Schäfer hat eine immense Arbeit geleistet und aus der Fülle des Materials einen großartigen, aufregenden dokumentarischen Bericht vorgelegt – passagenweise spannend wie ein Politkrimi. Barbara Atwoods oder David Baldaccis Phantasie verblaßt im Vergleich mit den ausgebufften und brutalen US-Aktionen gegen Kuba. »Der lange Krieg gegen die Perle der Antillen« – so der Untertitel des Buches – hat nicht erst mit dem Auftritt von Fidel Castro begonnen. Er datiert, so wird dargelegt, zurück ins 19. Jahrhundert. Der strategische US-Zugriff auf die »Provinz Südamerika« betraf zuallererst immer wieder Kuba. Man kann zu Castro stehen, wie man will. Aber man sollte eine fundamentale Tatsache im Auge behalten, an die im Sommer 2003 der einstige britische Handelsminister Brian Wilson angesichts verschärften Staatsterrors der Bush-Administration gegen die Inselrepublik erinnert hat: »Kritik sollte niemals die Tatsache ignorieren, daß Kubas wichtigster Beitrag für die Welt darin besteht, den lebendigen Beweis dafür zu liefern, daß es möglich ist, Armut, Krankheiten und Analphabetismus in einem Land zu besiegen, das mit allen dreien mehr als vertraut war. Das ist ein ziemlich großer Nutzen. Und die Tatsache, daß es angesichts anhaltender Feindschaft eines zwanghaft besessenen Nachbarn erreicht wurde, macht alles um so erstaunlicher.« Klaus Haupt Horst Schäfer: »Im Fadenkreuz: Kuba. Der lange Krieg gegen die Perle der Antillen«, Kai Homilius Verlag, 324 Seiten, 18 €
Kreuzberger NotizenDieser Artikel ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht verfügbar.
Neun Tage der PrüfungDies ist ein Meisterwerk der Filmkunst – bewerkstelligt in nur 24 Drehtagen und mit einem Budget nicht größer als das für einen »Tatort«. Das klug erarbeitete Drehbuch von Eberhard Görner und Andreas Pflüger basiert auf dem Dachau-Tagebuch »Pfarrerblock 25487« des luxemburgischen Geistlichen Jean Bernard, der – anders als viele seiner Leidensgenossen – die KZ-Haft überlebte. Die Todesgefahr, in der sie alle schwebten, wird hier aufs eindringlichste vorgeführt. Die Kreuzigung eines der Häftlinge brennt sich ins Gedächtnis ein. Und wenn man Ulrich Matthes, der den Abbé Henri Kremer alias Monsignore Jean Bernard verkörpert, in Richtung des zweiten, von den Häftlingen hochgezogenen Kreuzes schwanken sieht, erschüttert einen die Ergebenheit in den Tod; Matthes hat sie verinnerlicht und spürbar gemacht. Überzeugend sind sie alle, die in diesem Film agieren, ob August Diehl als Gestapo-Offizier oder Hilmar Thate als Bischof, Babiana Beglau als Abbé Kremers Schwester oder Germain Wagner als Bruder. Volker Schlöndorffs Regie hat die Darsteller zur Spitze ihres Könnens geführt, und Tomas Erharts Kamera hat ihnen zu optimaler Wirkung verholfen. Die dem Sujet angepaßten dunklen Farbwerte und das Spiel mit Licht und Schatten lassen die Bedrohungen im luxemburgischen Kriegsalltag erscheinen, unterstreichen subtil die Konflikte des Abbé Kremer und seiner Familie, und ständig beschwören sie Ahnungen von jener Welt hinterm Stacheldraht herauf. Wird diese Welt sichtbar gemacht, dann so, daß sie authentisch wirkt, schonungslos wahr bis ins Detail. Neun Tage – das sind für den Gestapo-Offizier Gebhardt die Tage, in denen es ihm gelingen muß, den für diese Spanne aus dem KZ entlassenen Abbé Kremer für die Kirchenpolitik der Nazis zu gewinnen, und für den Geistlichen sind es Tage der Prüfung, in denen es nicht nur für ihn um Leben und Tod geht, ohne daß er irgendwen um Rat fragen kann. In allen Entscheidungen bleibt er auf sich selbst gestellt – Verrat oder Widerstand, Flucht oder Rückkehr in die Hölle von Dachau. Ganz sicher wird »Der neunte Tag« Bestand haben und in die Annalen der Filmkunst eingehen. Dem Film läßt sich der begehrteste Preis Hollywoods für das Jahr 2005 voraussagen. Walter Kaufmann
Besucher im NazireichZu Zeiten, da Thomas, Heinrich und Klaus Mann, Lion Feuchtwanger, Arnold Zweig, Bertolt Brecht, Johannes R. Becher und viele andere schon längst hatten emigrieren müssen, reisten Max Frisch, Albert Camus, Thomas Wolfe, Samuel Beckett nach Deutschland. Nicht alle kamen in der Absicht, sich eigenen Auges von der Wahrheit der Berichte zu überzeugen, die deutsche Hitlergegner über das Nazi-Reich geschrieben hatten, und auch nicht mit dem Vorsatz, aus selbst erworbenem Wissen denen beizutreten, die in Europa und jenseits des Kontinents ihre Warnungen ausriefen. Was in dem Band »Reisen ins Reich 1933 bis 1945« zusammengetragen worden ist, war zudem nur zum Teil für die Öffentlichkeit bestimmt. Manches erschien alsbald in Zeitschriften oder Zeitungen oder in selbständigen Reiseberichten. Anderes ist späteren Publikationen entnommen, wurde verarbeitet in Erinnerungen, Romanen oder Novellen, entstammt Tagebüchern oder Briefen, die sich in Nachlässen fanden. Das Gebotene ist von höchst unterschiedlichem Wert. Manches von nur marginalem Interesse hätte sich verlustlos aussondern lassen. (Was haben mit Erfindungen angereicherte Aufzeichnungen eines schwedischen SS-Freiwilligen über den »Endkampf« in Berlin in dem Band zu suchen?) Daß sich die die Reisenden durch das Studieren von Informationen, die über dieses Deutschland im Ausland erreichbar waren, auf ihre Fahrt besonders vorbereitet hätten, geht aus den Texten kaum hervor. Viele, mit dem Land der Dichter und Denker wohlvertraut, kamen und suchten nach deren Spuren in den Köpfen und im Verhalten der Deutschen, ein Unterfangen, das bei der Zufälligkeit der Wege und Begegnungen nicht weit führen konnte. Sie wollten erforschen, ob die Deutschen von den Nazis unterworfen oder hypnotisiert oder durch die Umstände zu deren Gefolgschaft gedrängt worden seien. Selten nur spricht sich eine Stimmung wie in Becketts Notiz vom 15. Januar 1937 aus: »Bald werde ich wirklich zu kotzen beginnen. Oder nach Hause gehen.« Mit dem Krieg verringert sich die Zahl der Reisenden, und nachdem auch den USA der Krieg erklärt ist, sind es noch Journalisten aus Schweden, der Schweiz, aus den von der Wehrmacht besetzten Ländern Dänemark und Norwegen und dem bis 1943 verbündeten Finnland, die aus dem Reich berichten oder sich später an die dort verbrachte Zeit, namentlich im zunehmend durch Bomben verheerten Berlin, erinnern. Was sie lieferten, sind nahezu ausschließlich Beschreibungen. Eine der wenigen Analysen, die aus dem Jahre 1941 und der Feder des US-amerikanischen Journalisten Howard Smith stammt, betrifft die Frage, warum die Deutschen diesem Regime Gefolgschaft leisteten, und kann als eine der frühesten Vorhersagen für die Antriebe gelten, die es den Machthabern ermöglichten, einer Wiederholung des 9. November 1918 zu entgehen. Zwar, so Smith, spiele die Gestapo bei der Disziplinierung des Volkes eine große Rolle, doch die Hauptursache, »warum sich die Deutschen am Schwanz des Löwen festklammern«, seien die sie wie ein Alptraum quälenden Fragen: »Wie wird es ihnen ergehen, wenn sie den Krieg nicht gewinnen? Was werden ihre Feinde, die so lange unter ihnen leiden mußten, mit ihnen tun? Wie werden die gemarterten Völker, ... die Tschechoslowaken, die Polen, die Franzosen reagieren ... ? Dieses Volk erstarrt vor Angst, wenn es daran denkt, welches Schicksal ihm bevorsteht, falls es aus dem Abenteuer, in das die Nazis es gestürzt haben, nicht siegreich hervorgehen sollte.« Kurt Pätzold »Reisen ins Reich 1933 bis 1945. Ausländische Autoren berichten aus Deutschland«, zusammengestellt und eingeleitet von Oliver Lubrich, Eichborn Verlag, 427 Seiten, 30 € Weder Resignation noch EuphorieAnders als viele seiner Dichterkollegen schreibt Michael Mäde Lyrik, die nicht nur ein kleiner Kreis Eingeweihter entschlüsseln und verstehen kann. Auch bei ihm geht es zuweilen um Stimmungen oder Momente, die nur ein Dichter festzuhalten imstande ist. Aber das große Ganze bleibt dabei nicht draußen, schließlich ist Michael Mäde (Jahrgang 1962) ein politisch engagierter Linker. Auch das herrliche Sich-Treibenlassen am See kann nicht vergessen machen: »Der Krieg treibt das zweite Jahr vor sich her.« Das schön aufgemachte Bändchen enthält Gedichte aus der Zeit von März 2003 bis Mai 2004. Monate aus den Jahren der Trauer: Krankheit und Bewußtsein von Endlichkeit, verlorene Hoffnungen und eine ernüchternde Bilanz kommen zur Sprache. Und mein Weltbild wird einfacher Indem er es schreibt, wehrt er sich dagegen und nimmt seine Leser mit: gegen Verdummung, gegen das Treibenlassen des Verstandes. Wachbleiben ist angesagt und Dankbarkeit für Freundschaft und Liebe. Da ist nie Euphorie, aber auch der Resignation wird mißtraut. Noch, denke ich, zwängen wir Lektüre für Herz und Verstand. Christel Berger Michael Mäde: »Balance am Rande. Ein Fragment in fünf Teilen nebst einiger Zwischenrufe«, Edition Schwarzdruck, ISBN 3-935194161, 78 Seiten, 11 €
Press-KohlChristine Richter sagt dem Berliner Kultursenator Thomas Flierl Seltsames nach: Er »redet meistens so, als wolle er gar nicht verstanden werden. Zumindest nicht gleich und wenn, dann zunächst nur von den Intellektuellen in der Stadt.« Solche Redeweise fällt aber eher an Mitarbeitern der Berliner Zeitung auf, beispielsweise Christine Richter, oder an Interviewpartnern des Blattes. Kürzlich erschien dort ein längerer Text unter dem Titel »Für mich steckt nicht Gott in jeder Pflanze. Der Maler Timm Eitel über innere Bilder, die Romantik und seinen weltweiten Erfolg«. Eitel, befragt von Sebastian Preuss, über seinen Erfolg: »Das kann ich wirklich nicht erklären... Meine Bilder scheinen irgend etwas zu treffen… Die Vorstellung Baudelaires, der eine Malerei des modernen Lebens forderte, liegt mir schon nahe.« Wie er denn solch einen rasanten Aufstieg erlebe? »Ich verdränge das. Hier im Atelier spüre ich nichts davon...« Da geht es Herrn Eitel so ähnlich wie uns mit dem Aufschwung Ost. Den verdrängen wir. Wir verfügen nicht über ein Atelier. Aber hier in unserer Stube spüren wir nichts von diesem so rasanten Aufstieg, und in der Küche schon gar nichts. Bei Künstlern spielt sich das Leben in einer höheren Sphäre ab als bei Leuten wie mir, obwohl für uns auch nicht Gott in jeder Pflanze steckt. Herr Eitel meinte zu der überraschenden Feststellung des Herrn Preuss, daß bei ihm, also bei Herrn Eitel, das »Konzeptuelle« an Bedeutung verloren habe: »Die früheren Arbeiten ... verweisen ja explizit auf die Kunstgeschichte und den Kunstbetrieb.« So wird es wohl sein. »Im Abbildhaften reflektiertsich auch das Medium Malerei mit.« Mit wem? Mit was? Eitel: »Jetzt schaue ich wieder mehr auf das Leben und die Welt... Das Thema spielte schon immer eine Rolle, trat aber bislang nicht so nach außen. Vielleicht spiegelt sich darin auch eine gewisse Zeitstimmung.« Die Zeitung verrät in einem kleingedruckten Rand-Text: »Eitels Gemälde kosten inzwischen bis zu 28 000 Euro.« Da kann das Thema, das schon immer eine Rolle spielte, endlich ein bißchen nach außen treten. Der Künstler ist schon über 30 Jahre alt und will sich ein Sparkonto einrichten, in welchem sich auch das Abbildhafte reflektieren kann, und zwar »mit«. Felix Mantel
Erschienen in Ossietzky 2/2005 |
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