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Für letztere gelten die Grundrechte selbstverständlich nicht; die alte Theorie der universellen, für alle Menschen gültigen Grundrechte hat sich als historischer Irrtum erwiesen und kann endlich als überwunden angesehen werden. Da man aber nicht immer von vorn herein wissen kann, wer ein Feind des Systems ist, können die traditionellen Bürgerrechte auch für Verdächtige nicht gelten. Verdächtig ist jeder. Folglich kann der Rechtsstaat nur durch seine eigene Abschaffung geschützt werden. Diese theoretische Erkenntnis unterscheidet uns von den gut gemeinten Grundrechtseinschränkungen unter Schily und Beckstein zu Beginn des dritten Jahrtausends, denen noch ein schlüssiges Gesamtkonzept fehlte. Heute fügen sich alle praktischen Maßnahmen in ein klares Gedankenmuster. Von allen Bewohnern Deutschlands wird das Erbgut gespeichert. Das geschieht, indem von jedem in Deutschland geborenen Baby gleich eine DNA-Analyse genommen wird. Dasselbe gilt bei jeder Einreise nach Deutschland. Damit ist die Voraussetzung geschaffen, daß Straftäter effektiv verfolgt werden. Früher wurden immer wieder einmal die Bewohner ganzer Dörfer zu »freiwilligen« Massen-DNA-Tests vorgeladen, um Morde oder Bombenanschläge aufzuklären. Datenschützer haben dies kritisiert, da von »Freiwilligkeit« keine Rede sein konnte; wer nicht zum Test erschien, galt automatisch als verdächtig und wurde zwangsweise vorgeführt. Dieser Kritik wird jetzt entsprochen. Es gibt keine Massentests mehr; sie sind überflüssig, da alle DNA-Proben in einer zentralen Polizeidatei lagern. Einblick in die Erbgut-Analysen erhalten heutzutage alle Arbeitgeber und Versicherungen. Damit wird erreicht, daß der richtige Mann und die richtige Frau auf den der gesundheitlichen Disposition entsprechenden Arbeitsplatz gesetzt werden. Die Versicherungsgesellschaften vermeiden Fehlkalkulationen etwa bei Kranken- und Lebensversicherungen. Damit werden finanzielle Schäden von der Volkswirtschaft abgewendet. Die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen ist jetzt Standard. Die Bundesregierung beachtet damit das Prinzip des gender mainstreaming. Endlich können sich Frauen ohne Angst auch abends in der Öffentlichkeit bewegen. In Moscheen darf nur noch in deutscher Sprache gepredigt werden. Es kommt nicht darauf an, ob die Gläubigen den Prediger verstehen, sondern entscheidend ist, daß nur so Verfassungsschutz und Polizei ohne großen Aufwand überprüfen können, ob in den Moscheen ein der deutschen Leitkultur entsprechender Islam verkündet wird. Diese Regelung dient vor allem der überwiegenden Anzahl angepaßt lebender Muslime, die sonst unter unberechtigten Generalverdacht geraten würden. Die Türkei als EU-Beitrittskandidat hat sich übrigens nicht prinzipiell gegen die Deutschpflicht in den Moscheen gewandt. Die Grundidee entspringt einem modernen Verfassungsverständnis. Die Bürger müssen alles tun, um der Polizei ihre Arbeit zu erleichtern. Daher wurde in das Grundgesetz jüngst die Grundpflicht zur Kooperation mit den Sicherheitsbehörden aufgenommen. Das Auswerten belauschter Telefonate ist einfacher, wenn die abgehörten Gespräche auf Deutsch geführt werden. Daher ist es nun gesetzliche Pflicht, am Telefonat deutsch zu sprechen. So spart man hohe Summen ein, die bisher bei der Polizei für Dolmetscherkosten aufgewendet wurden. Aus demselben Grund hat der Gesetzgeber die deutsche Sprache im Brief-, e-mail- und sms-Verkehr zwingend vorgeschrieben. Ehemalige Grundrechte werden, wie die Beispiele zeigen, sinnvoll zu neuen Grundpflichten weiterentwickelt. Dieser Ansatz ermöglichte auch ein Umdenken in der Zuwanderungspolitik. Das Erlernen und Verwenden der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Studien haben ergeben, daß Kinder in der Schule nur dann ausreichend Deutsch verstehen, wenn auch zu Hause in den Familien Deutsch gesprochen wird. Die Benutzung der deutschen Sprache in den Familien wird daher zwingend vorgeschrieben. Wer dagegen verstößt, wird ausgewiesen. Damit das richtige Sprachverhalten kontrolliert werden kann, verpflichten sich Migranten mit schulpflichtigen Kindern freiwillig, der Verwanzung ihrer Wohnungen für die ersten fünf Jahre ihres Aufenthalts in Deutschland zuzustimmen. Diese Maßnahme dient der Erhöhung der Bildungschancen ihrer Kinder. Der kleine Grundrechtseingriff ist besser vertretbar als spätere hohe finanzielle Aufwendungen für nicht integrierte, arbeitslose Jugendliche. Wer Integrationsfortschritte nachweist, kann von solchen Maßnahmen vorzeitig ausgenommen werden. Als Pluspunkte werden der Verzicht auf ausländische Fernsehsendungen und der Bezug meinungsBILDender deutscher Zeitungen gewertet. Das Zuwanderungsgesetz von 2004 hatte zwar als brauchbaren Ansatz schon das »Nützlichkeitsprinzip«, war aber nicht konsequent genug. Die Zuwanderung muß endlich gesteuert und begrenzt werden. Maßgeblicher Gesichtpunkt für eine Zuwanderungserlaubnis sind die Integrationschancen, wie sie etwa bei jungen, gut ausgebildeten, perfekt deutsch sprechenden »nützlichen« Zuwanderern durchaus gegeben sind. Dagegen erfüllen erfahrungsgemäß politisch Verfolgte diese Voraussetzungen nicht. Deutschland bekennt sich zum Grundrecht auf Asyl, macht aber Schluß mit der Humanitätsduselei, die im Zuwanderungsgesetz von 2004 immer noch enthalten war. Niemand kann von Deutschland verlangen, daß Asyl gerade hier gewährt wird. Die seit 2006 bestehenden Auffanglager in Nordafrika sind daher auszubauen. Asyl wird ausschließlich exterritorial gewährt. Dies ist auch im wohlverstandenen Interesse der Asylbewerber, die damit näher an ihrer Heimat interniert werden können. Das von den Vertriebenenverbänden im Verhältnis zu Polen durchgesetzte »Recht auf Heimat« wird somit auch für Asylbewerber wenigstens annähernd realisiert. Das Bundesamt für Migration hat seine 2004 unter Leitung von Präsident Albert Schmid (SPD) begonnene Überprüfung aller früheren Asylentscheidungen nunmehr abgeschlossen. Es hat sich herausgestellt, daß der Begriff »politische Verfolgung« viel zu großzügig ausgelegt wurde. Vorbei. 99 Prozent der in den letzten 20 Jahren erteilten Asylanerkennungen konnten widerrufen werden. Eine konsequente Ausländerpolitik kann auch auf entschiedene Maßnahmen bei Ausweisungen und Abschiebungen nicht verzichten. In der Vergangenheit gab es Hindernisse wie etwa die Europäische Menschenrechtskonvention, welche die Abschiebung in Folterstaaten verbot. Mit seiner Kaplan-Entscheidung vom 7.12.2004 hat das Bundesverwaltungsgericht einen neuen Weg gewiesen. Es genügt, daß der Folterstaat mit einer formblattmäßigen Erklärung zusichert, daß er kein Folterstaat ist. Dem Gefolterten steht es ja auch frei, nachträglich gegen die Anwendung von Folter Klage zu erheben. Somit steht raschen Abschiebungen nichts mehr im Wege. Die endlosen Gerichtsverfahren, Auswüchse des »Rechtsmittelstaates«, gehören der Vergangenheit an. Wenn die Beweise aber doch einmal ausnahmsweise nicht für eine Ausweisung reichen, bleibt die deutsche Bevölkerung nicht schutzlos. Verdächtige werden auf unbestimmte Zeit in »Sicherungshaft« festgesetzt. Der Rechtsstaat ist eben ein wehrhafter Rechtsstaat. Diese neue Härte zeigt sich allgemein bei der Verbrechensbekämpfung. Es ist unerträglich, wenn Straftäter nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe freigelassen werden, obwohl das Gefängnispersonal der Meinung ist, daß von diesen Tätern neue Straftaten zu erwarten sind. Daher wird die dauerhafte, also auch lebenslange Sicherungsverwahrung eingeführt, über die die Justizvollzugsanstalt selbst entscheidet. Schließlich kann das Wachpersonal die Gefährlichkeit von Gefangenen besser beurteilen als irgendein weltfremder 68er Richter am grünen Tisch. Über die Folterdebatte Mitte des Jahrzehnts kann man sich heute nur noch wundern. Die Aufklärung einer schweren Straftat ist eindeutig wichtiger als die Unversehrtheit des Täters. Aber die heutige Justiz ist bürgerfreundlich: Sollte sich später die Unschuld des gefolterten Verdächtigen herausstellen, wird diesem das schriftliche Bedauern in höflicher Form mitgeteilt, allerdings mit dem erzieherisch wichtigen Hinweis, dass der Eingriff im Sinne eines funktionierenden Rechtsstaates unumgänglich gewesen ist. Das Prinzip der Trennung von Polizei und Geheimdienst wurde erfreulicherweise schon bei der Verfassungsreform 2005 aufgegeben. Das Trennungsgebot war den Deutschen nach der Nazizeit von den Amerikanern oktroyiert worden. Da die Amerikaner selbst längst alle überholten, verstaubten rechtsstaatlichen Grundsätze ad acta gelegt haben und beispielsweise in Guantanamo in vorbildlicher Weise das Prinzip der »spontanen Fortentwicklung« des Völkerrechts vorgeführt haben, besteht für Deutschland kein Anlaß mehr, päpstlicher zu sein als der Papst beziehungsweise der US-Präsident. Polizei und Geheimdienst dürfen daher schrankenlos alle Erkenntnisse austauschen. Der Staat darf nicht künstlich unwissend gehalten werden. Die Angleichung an den Rechtszustand der Jahre 1933-1945 ist damit erreicht. Noch auszubauen ist dagegen der online-Zugriff auf die Bankkonten. Die Koalition von SPD/Grünen hat zwar in dem »Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit« ab 1. Mai 2005 zu Recht die Neuregelung eingeführt, betroffene Bürger nachträglich zu informieren, wenn Behörden heimlich Einsicht in die Bankdaten genommen haben. Solche Benachrichtigungen führen aber zu unnötigen Einsprüchen und damit zu der allseits beklagten Überlastung der Justiz. Das damalige Gesetz ging also nicht weit genug. Die Kontonachfragen müssen ohne jedes Verdachtsmoment zulässig sein. Das ist wichtig für die geplanten weiteren Kürzungen von Sozialleistungen (»Hartz XII«). Ohne lückenlose Kontrollen sind beim Bezug von Sozialleistungen dem Betrug Tür und Tor geöffnet. Ein Staat, der die Sicherheitsinteressen seiner Bürger wahrt, muß auch wissen, wer wann mit wem telefoniert hat. Diese Telekommunikationsverbindungsdaten sind für eine moderne Staatsverwaltung in vielerlei Hinsicht von Interesse. Früher wurden sie nur drei Monate gespeichert. Die Bundesregierung hat über die EU den Wegfall der willkürlichen zeitlichen Begrenzung erreicht. Mit der Straßenmaut sind Voraussetzungen für ein neues effektives Sicherheitssystem geschaffen worden. Den Bürgern wurde viel zu lange vorgegaukelt, Toll-Collect diene nur dem Abkassieren. In Wahrheit hat die Bundesregierung, seit die satellitengestützte automatische Erfassung von Auto-Kennzeichen endlich funktioniert, hierfür eine riesige Datenbank angelegt. Sichere Erkenntnisse über die Mobilität seiner Bürger liegen im höchsten Sicherheitsinteresse des Staates. Mit einer flankierenden Justizreform hat die Bundesregierung dafür gesorgt, daß all die genannten Einschränkungen von Bürgerrechten im wahrsten Sinne des Wortes klaglos hingenommen werden. Rechtsschutzversicherungen sind abgeschafft. Vor allem aber sind alle Gerichtsverfahren auf eine einzige Instanz reduziert. Dazu bedurfte es nicht einmal einer Verfassungsänderung. Denn Artikel 19 IV des Grundgesetzes hat immer nur den Gerichtsweg als Weg zum Gericht und nicht etwa als Weg gegen das Gericht garantiert.
Erschienen in Ossietzky 1/2005 |
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