Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Soldaten sollen blind gehorchenElke Steven Ein Strafmaß von zwei Monaten Haft läßt eine schwerwiegende Straftat vermuten. Wolfgang Sternstein (Stuttgart), gegen den das Amtsgericht Cochem Ende November diese hohe Strafe verhängte, und seine drei Mitangeklagten, die ebenfalls verurteilt wurden, sind gewaltfreie Atomwaffengegner. Ihre Tat: Vor dem Fliegerhorst Büchel hatten sie Flugblätter verteilt, in denen sie gemeinsam mit anderen UnterzeichnerInnen die Soldaten aufrufen, rechtswidrige Befehle zu verweigern. Der mitangeklagte Hermann Theisen (Heidelberg), der zu 45 Tagessätzen verurteilt wurde, hatte in Ossietzky 21/04 geschrieben, was in dem Flugblatt stand und was dann dem Gericht ausführlicher vorgetragen wurde: Die in Büchel stationierten, von Bundeswehrsoldaten bewachten und gewarteten Atombomben sind völker- und grundgesetzwidrig – wie es auch der Internationale Gerichtshof in einem Gutachten bereits festgestellt hat. Die Angeklagten beriefen sich auf Menschenrechte, auf das Grundgesetz, auf humanitäres Völkerrecht, auf den Vertrag über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen, der der Bundeswehr jede, auch eine mittelbare, »nukleare Teilhabe« verbietet und die Bundesrepublik zu wirksamen Abrüstungsmaßnahmen verpflichtet. Sie erklärten, daß sie Soldaten vor Straftaten warnen wollten. Einsatz von Atombomben bedeute Massenmord. Wer sich daran beteilige, verstoße gegen geltendes Recht, an das auch Soldaten gebunden seien. Rechtswidrigen Befehlen dürften sie keine Folge leisten. Sie seien für ihre Taten individuell verantwortlich und könnten sich nicht auf Gehorsamspflichten berufen. Zu vielen dieser Fragen stellten die vier Atomwaffengegner Beweisanträge. Rechtsanwalt Heinrich Comes erinnerte an die freisprechenden Urteile des Kammergerichts Berlin nach einer Serie von Prozessen wegen des Aufrufs zu Fahnenflucht und Befehlsverweigerung während des NATO-Krieges gegen Jugoslawien. Das Berliner Gericht ließ damals die Frage, ob der Krieg völkerrechtswidrig war, unbeantwortet, weil seine Entscheidung davon nicht abhänge. Gehorsamsverweigerung bei nicht verbindlichen Befehlen sei ohnehin nicht rechtswidrig. Vor allem sei die in dem damaligen Aufruf zum Ausdruck kommende zugespitzte Meinung durch Art. 5 GG (Meinungsfreiheit) geschützt. Anders in Cochem. Ein borniertes Gericht, das die Anklageschrift gar nicht hätte zulassen dürfen, ließ alle Argumente an einer dicken Panzerwand abprallen. Die durch die Strafprozeßordnung gegebenen Möglichkeiten nutzend lehnte es sämtliche Beweisanträge ab: Die Beweiserhebung sei ohne Bedeutung; die Beweiserhebung sei offenkundig unerheblich, da es im Verfahren um Rechtsfragen gehe und das Gericht auf Sachverstand (der Sachverständigen) verzichten könne; die Beweiserhebung sei offenkundig überflüssig. So weigerte sich das Gericht, sich auch nur annäherungsweise mit den aufgeworfenen Fragen zu beschäftigen. Für Richter Johann wie für Staatsanwältin Harnischmacher stand offenbar in preußisch-militaristischer Tradition unverrückbar fest, daß Soldaten blind zu gehorchen und nicht selbst nachzudenken haben. Und so wurden neben Sternstein und Theisen auch Johanna Jaskolski (Erftstadt) und Martin Hans Otto (Wetzlar) verurteilt. Zwei der vier Angeklagten erhielten Haftstrafen, weil sie schon in der Vergangenheit wegen Aktionen Zivilen Ungehorsams zu Haft verurteilt worden waren – auch von eben diesem Amtsgericht Cochem. Im Urteil gegen Theisen wurde als schulderschwerend gewertet, daß er den Aufruf vorher schon zweimal verteilt hatte. Inzwischen ist der Aufruf zwei weitere Male verteilt worden. Vermutlich müssen wir ihn noch häufig verteilen, bis sich die Justiz bereit findet, sich mit den wirklichen Rechtsverletzungen auseinanderzusetzen.
Erschienen in Ossietzky 25/2004 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |