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Edmund Stoiber, Integrationspolitiker. – Um die Union, die sich christlich und teils demokratisch, teils sozial nennt, nicht auseinanderdriften zu lassen, haben Sie sich kopfpauschal vor Angela Merkel verbeugt, was aber nun Integrationsprobleme in der von Ihnen geführten CSU mit sich bringt. Um diese zu ­lösen, haben Sie bei Ihrem Parteitag zu einer »Offensive für die christliche Prägung Deutschlands« aufgerufen. Da ist viel zu tun, gerade im Osten; von Freistaat zu Freistaat könnten die Bayern den Sachsen auf christliche Sprünge ­helfen. Gewiß haben Sie schon eine weitere Integrationsleistung im Sinne: WählerInnen der NPD, DVU und so weiter an die Union heranzuführen. Dabei werden Kruzifix und Schulgebet nur begrenzt hilfreich sein. Aber Sie haben sich etwas einfallen lassen: Einstimmig beschloß Ihr Parteitag, daß die Sozialleistungen für Menschen ausländischer Herkunft in der Bundesrepublik gekürzt werden sollen, wenn diese bei der Integration in die deutsche Leitkultur keinen hinreichenden Erfolg nachweisen können. Diese Forderung wird auch neuheidnische deutsche Rechtsextremisten integrationsbereit für die Union machen. Dann also »Grüß Gott«, wie Ihr Innenminister der türkischen Demonstration in Köln zurief.

Laurenz Meyer, Experte für Patriotismus. – Viele Manager deutscher Großunternehmen, so Ihre Klage, seien bar aller »emotionalen Bindungen an Deutschland«; ihnen sei es »egal, wie viele Arbeitsplätze noch im Land sind«. Demgegenüber imponieren Ihnen »viele Mittelständler mit ihrem Bezug zur Heimatregion, die so weit wie möglich an ihren Beschäftigten festhalten«. Nun kann es aber passieren, daß ein mittleres Unternehmen expandiert und sein Auge auf Kostenvorteile in Billiglohnländern richtet. Für solche Fälle sollten Sie psychologische Maßnahmen zur Erhaltung patriotischer Gefühle anbieten. Wenn ein Firmenchef Arbeitsplätze ins Ausland verlagert, kann er aus dem Gewinn doch wenigstens ein Ablaßgeld in die Kasse einer heimattreuen Partei zahlen.

Ludwig Stiegler, Träger eines roten Pullovers. – Als Vizevorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion haben Sie den Unionsparteien »Arbeitnehmerfeindlichkeit« vorgeworfen. CDU/CSU seien »aus dem Arbeitgeberlager ferngesteuert«. Das wird wohl so sein. Aber auch nach Nahsteuerungen wäre zu fragen. Es dürfte ja nicht reiner Geselligkeitstrieb sein, der Konzernchefs, Großbanker und Kapitalstrategen zu ihrem intensiven Umgang mit dem Kanzler der rot-grünen Koalition veranlaßt. Und wenn jetzt das »Arbeitgeberlager« unter dem Arbeitstitel »1. FC Deutschland 06« eine regierungsfreundliche Werbekampagne vorbereitet und dafür einige Millionen Euro aufwendet, dann wird bei solchen Gelegenheiten doch auch der ein oder andere Rat fürs Regieren abfallen. Gerhard Schröder habe »vieles in die richtige Richtung bewegt«, attestierte BDA-Präsident Dieter Hundt ihm jüngst beim »Deutschen Arbeitgebertag«. So ganz allein schafft es heutzutage auch ein Kanzler nicht, diesen Kurs einzuschlagen und zu halten. Er kann auf Steuerungshilfe rechnen.

Erschienen in Ossietzky 24/2004