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Professor Heribert Meffert. – Als Präsident der Bertelsmann-Stiftung haben sie der Öffentlichkeit mitgeteilt, welche Note die Bundesrepublik Deutschland beim internationalen Vergleich der Wirtschaftsstandorte bekommen hat, den Ihre Denkfabrik alle zwei Jahre vornimmt: »Ungenügend«. Ihren Angaben zufolge ist Deutschland Klassenletzter der 21 wichtigsten Wirtschaftsnationen. Irland und die USA hingegen bekamen Bestnoten. Ihre Mitarbeiter haben auch herausgestellt, weshalb Deutschland so schlecht benotet werden mußte: Die deutschen Unternehmen leiden unter zu hohen Abgaben, und es gibt hierzulande immer noch zu viele Schutzrechte für ArbeitnehmerInnen. Das könnte uns nun tief verstören. Aber wir haben Grund zur Zuversicht: Ihre Bertelsmann-Stiftung ist doch führend in der deutschen Politikberatung tätig. Wenn das so bleibt, wird der Rückstand aufzuholen sein, und wir werden uns den USA annähern. Sicherlich auch, was die Armutsquote angeht, die dort viel höher ist. Für Angaben darüber ist Ihre Stiftung indessen nicht zuständig.

Professor Karl-Rudolf Korte. – Wer gern Wahlsportsendungen im Fernsehen sieht, weiß: Sie sind ein maßgeblicher Parteienforscher. Nun haben Sie herausgefunden, weshalb bei den Kommunalwahlen im größten deutschen Bundesland die Grünen bei den Jungwählern und -wählerinnen ziemlich gut abgeschnitten haben: »Für junge Wähler ist eine linke Alternative attraktiver als eine rechte.« Da müssen Sie aber offensichtlich noch ein bißchen weiterforschen, um beispielsweise zu ergründen, wie es kommt, daß (manche) WählerInnen eine Partei, die in NRW wie im Bund in der Regierung sitzt, für eine »linke Alternative« halten. Vielleicht hängt dieser Irrtum ja auch mit der Art und Weise zusammen, wie im Fernsehen Politik präsentiert wird.

Michael Sommer, oberster Gewerkschafter. – Wer die deutsche Politik verstehen will, kommt nicht umhin, Ihren Äußerungen immer wieder nachzusinnen. Jetzt haben Sie, nach einer Sitzung des SPD-Gewerkschaftsrates, zu erkennen gegeben, daß eine erneute Wahlempfehlung des DGB für die rot-grüne Bundesregierung zur Bundestagswahl 2006 nicht unwahrscheinlich ist. Und Sie ­haben einen Grund genannt: »Hartz IV hat auch seine guten Seiten.« Ja ja, aber für wen? Das sollten Sie, etwas verspätet, noch den 500 000 Menschen erklären, die Anfang April dieses Jahres, auch gewerkschaftlichen Aufrufen folgend, gegen Hartz IV demonstriert haben. Danach sollten Sie einen Blick in die Statistik der gewerkschaftlichen Mitgliedschaftsentwicklung werfen.

Claudia Roth, endlich wieder Obergrüne. – Ihr Parteitag – er war zu dem Zeitpunkt nur noch schlecht besetzt – hat sich gegen die von der rot-grünen Bundesregierung abgesegnete Lieferung von »Fuchs«-Panzern in den Irak gewandt. Nach dem Parteitag wollte die Presse von Ihnen und Ihrem Kovorsitzenden Reinhard Bütikofer erfahren, wie denn mit diesem Parteitagsbeschluß umgegangen werde. Ihre Antwort: »Wir werden ihn ernst nehmen.« Das bedeutet, und Sie haben keinen Zweifel daran gelassen: Die Panzer werden geliefert. Danke für diese Lektion über den Wert des Ernstes in der Spaßgesellschaft. Auch die Türkei wird die gewünschten »Leopard«-Panzer bekommen. »Rüstungsexport ist kein rot-grünes Reizthema mehr«, kommentiert Die Welt und lobt Sie ob Ihrer Lernfähigkeit. Wer könnte Ihnen jetzt noch den Spaß verderben!

Erschienen in Ossietzky 21/2004