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Man muß überdies Kitty Kelleys neuesten Sensationsreport zu den kriminellen Machenschaften des Bush-Clans nicht gelesen haben, um zu wissen, daß der Amtsinhaber für den Fall der Fälle noch ein As im Ärmel bereit hält. Und das ist vermutlich digital: Fünf von sechs WählerInnen werden ihre Stimme weder per Ankreuzen noch durch Stanzmechanik abgeben, sondern in einem Wahlcomputer abspeichern. In Ohio untersuchten Experten die binären Wahlurnen der vier größten Anbieter – und entdeckten nicht weniger als 57 technische Schlupflöcher, durch die Hacker, Regierungsstellen oder die Maschinenhersteller selber ein unerwünschtes Wahlergebnis umschreiben können, ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen. Eigentlich sind Wahlcomputer eine feine Sache. 1964 wurden sie erstmals bei US-Wahlen eingesetzt, zunächst zur Auszählung der abgegebenen Stimmen, seit über zehn Jahren auch zur Stimmabgabe selbst. Vor zwei Jahren wurden mit dem HAVA-Gesetz (»Help America Vote Act«) 3,9 Milliarden Dollar zur Anschaffung neuer Wahlcomputer bereitstellt, damit sich das Fiasko der letzten Präsidentschaftswahl nicht wiederholt. Viele dieser Computer arbeiten mit dem »Direct Recording Electronic«-System (DRE), das abgegebene Stimmen direkt auf der Festplatte speichert. So können keine mißverständlichen Radierspuren entstehen und Stimmzettel nicht durch Mehrfachankreuzen ungültig werden, auch unbeabsichtigte Fehlwahl ist ausgeschlossen – der DRE-Computer fragt nämlich noch einmal nach: »Wollen Sie wirklich diesen Kandidaten wählen?« Die Geräte sind mit einem Stimmen-Synthesizer ausgestattet, der über Kopfhörer auch Blinden und Analphabeten Eigenständigkeit beim Wählen ermöglicht. Auf den Touchscreen-Bildschirmen läßt sich für sehschwache WählerInnen die Schriftgröße ändern. Eine Nachzählung auf Knopfdruck dauert nur Sekunden. Schon Thomas Jefferson wußte: »Der Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit.« Kann man also der Festplatte eines Wahlcomputers und seiner Programmierung vertrauen? Die Firma Diebold ließ den streng geheimen Quellcode für ihre DRE-Maschinen achtlos im Internet stehen, wo er über eine Suchmaschine leicht auffindbar war. Insgesamt drei Expertenteams, eines davon an der John-Hopkins-Universität, überprüften den Code – und stießen auf seine besagten 57 Sicherheitsmängel. In Maryland wurde daraufhin eine »Red Team«-Übung durchgeführt; fünf der acht Teammitglieder kamen vom Geheimdienst National Security Agency (NSA). Das Ergebnis ist vernichtend: Betrügerische Programme können fast unauffindbar im Quellcode versteckt werden, von wo aus sie am Wahltag ein heimliches Eigenleben entwickeln – einige Programme werden nur dann aktiv, wenn sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen abzeichnet. Die Sicherheitsmängel erlauben »einem weit entfernten Angreifer, die komplette Kontrolle über die Maschine zu erlangen«, stellten sie fest. Der Computerexperte David Dill, Professor an der Universität Stanford, ist überzeugt: »Wer keine Skrupel hat und 50 000 Dollar aufbringt, könnte ein Team aufstellen, das mühelos alle Sicherheitsmechanismen der Wahlcomputer unterläuft.« Auch das Ausdrucken von Wahl-Quittungen bringt keine wirkliche Sicherheit – die Drucker können klemmen, die Quittungen zum Stimmkauf mißbraucht werden. Zu allem Überfluß unterstützen die drei größten Hersteller der gut zehnfach überteuerten DRE-Wahlcomputer – Diebold, Sequoia und Election Systems and Software (ES&S) – den Wahlkampf der Republikaner, von denen sie ihre Aufträge erhalten, mit Großspenden. So hat Diebold-Chef Walden O’Dell der Bush-Partei eine Wahlkampfhilfe von 100 000 Dollar zugesagt. In einem Spendenauf ruf erklärte er schon im vergangenen Jahr seine Absicht, seinem Heimatstaat »Ohio nächstes Jahr dabei zu helfen, bei der Wahl seine Stimmen für den Präsidenten abzugeben«. Technologisch dürfte O’Dell problemlos in der Lage sein, seinem Präsidenten illegal zu diesem Ergebnis zu verhelfen. Regierung und Massenmedien tun alle Kritik an der DRE-Technologie als Verschwörungstheorien ab. Aber selbst wenn sie damit recht hätten, bleiben immer noch die klassischen Spielarten der Wahlmanipulation: WählerInnen stellen am Wahltag fest, daß man sie illegal von den Wahllisten gestrichen hat; vor den Wahllokalen stehen, zwecks Einschüchterung, Polizeikontrollen und Abschleppwagen; Wahlberechtigte, die den Urnengang vergessen oder verhindert sind, werden ohne ihre Zustimmung von Wahlhelfern »vertreten«; es gibt sogar noch den altbewährten Stimmenkauf. Auch mit diesen Tricks kam Bush jun. vor vier Jahren zu seiner ersten Amtszeit. Wen wundert da noch, daß kürzlich zwölf Senatoren einen Brief unterschrieben haben, mit dem sie die UNO auffordern, die Wahl im November zu überwachen? Schon im März verlangte John Kerry, es dürften keine Stimmen abgegeben werden, die man später nicht ordentlich zurückverfolgen kann. Kerry wäre nicht der erste, den Präsident Bush mit unfairen Mitteln aus dem politischen Rennen schlägt. Für Al Gore, den Kandidaten der Demokraten im Jahr 2000, ging übrigens damals die Welt nicht unter: Heute arbeitet er gegen Höchstbezahlung für den Internetriesen Google und den PC-Hersteller Apple, streicht kleine Vermögen für Auftragsreden ein und profiliert sich als Universitätsdozent. Auch John Kerry hat heute schon ausgesorgt. Was aber wird aus dem Rest der Welt, wenn die Bush-Regierung ihren Krieg ums Öl und die dauerhafte globale Hegemonie der Vereinigten Staaten, den sie als »Krieg gegen den Terror« kaschiert, noch vier Jahre weiterführen kann?
Erschienen in Ossietzky 20/2004 |
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