Zwecks Demokratie

Eckart Spoo

Auf Wahlplakaten präsentiert sich die SPD in Sachsen als »sachsengerecht«, die CDU in Brandenburg als »Die Brandenburgpartei«. »Dummheit tut weh«, steht auf Plakaten der Grünen, die »darum diesmal« gewählt werden möchten. Die PDS hat sich die Parole »Luftschlösser fliegen nicht« ausgedacht oder von einer Werbeagentur ausdenken lassen; auf einem anderen Plakat dieser Partei liest man »Hurra, ich bin ein Schulkind«, was wohl auch nichts zu bedeuten hat. Gleich daneben hängt Reklame eines Getränkekonzerns. Da ist eine Mineralwasserflasche abgebildet, und ich lese: »Auf den Inhalt kommt es an.«

Mit sozialen Fragen beschäftigen sich vor allem die Plakate der NPD in Sachsen und der DVU in Brandenburg, zum Beispiel: »Quittung für Hartz IV, jetzt NPD« oder »Grenze dicht für Lohndrücker!« – als wären es nicht unsere einheimischen Hundts und Rogowskis, die hierzulande die Löhne drücken –, »Kriminelle Ausländer raus!«, »Deutsches Geld für deutsche Aufgaben – DVU«. Diesen beiden Parteien, die alles Soziale ins Nationale verdrehen, scheint unendlich viel Geld zuzufließen. Bis ins kleinste Dorf haben sie alle Straßenbäume schwarz-weiß-rot behängt.

Aber auch die FDP bemüht sich, von der Angst vor den Folgen der Hartz-Gesetze zu profitieren. Sie verspricht: »Herz statt Hartz«, und daraufhin hätte ich ihr fast den Hauptpreis für Wählerveralberung zugesprochen, wäre nicht zuletzt noch das CDU-Plakat »Arbeit statt PDS« aufgetaucht.

Die Parteien rechnen realistisch damit, daß nach solchen sogenannten Wahlkämpfen die Wahlbeteiligung weiter sinken wird – in Brandenburg und Sachsen und eine Woche später auch in Nordrhein-Westfalen. Und dann? Wird ihnen dann immer weniger staatliche Wahlkampfkostenerstattung zufließen? Ich vermute, die Parlamente werden sich ihrer erbarmen und ihnen eine Erhöhung der Pauschale je Wähler genehmigen. Zwecks Demokratie, versteht sich.

Erschienen in Ossietzky 19/2004